Lange Zeit galt Island als das neue Mekka der Bitcoin-Miner, dies scheint sich nun zu ändern. Denn immer mehr Schürfer orientieren sich nach Schweden und Norwegen. Zwar gelten die skandinavischen Länder als teuer, eine Ausnahme macht da jedoch der Strompreis. Nirgends in Europa ist die Kilowattstunde günstiger – Pumpspeicherwerken, Hydro-Energie und Offshore-Windanlagen sei Dank.
Statt dem europäischen Durchschnitt von 11 Cent kostet Strom in Schweden derzeit 6,5, in Norwegen 7,1 Cent. Damit sind die Nordmänner deutlich günstiger als Island. Hier bezahlt man rund 8 Cent pro Kilowattstunde.
Dies machen sich nun zusehends Krypto-Miner zu Nutze und wandern mit ihrem Geschäft gen Norden. Denn die geringen Preise in Kombination niedriger Temperaturen, um die Server zu kühlen, machen Skandinavien zum regelrechten El Dorado für Schürfende.
„Wir sind auf einer weltweiten Jagd nach so viel Strom, wie wir kriegen können“,
beschreibt Olivier Roussy Newton, Leiter und Mitbegründer des kanadischen Mining-Unternehmens HIVE Blockchain Technologies, die regelrechte Goldgräberstimmung der Branche. Sein Unternehmen hat in diesem Januar begonnen, in Schweden Ethereum zu schürfen.
US-Miner Bitfury hingegen hat es ins benachbarte Norwegen gezogen. Vergangenen Monat erst eröffneten die Amerikaner in Mo i Rana fernab größerer Städte und nur wenige Kilometer südlich des Polarkreises ein 35 Millionen US-Dollar schweres Schürf-Zentrum.
Während immer mehr Miner Skandinavien ins Visier nehmen, macht der Trend auch vor dem Weltmarktführer Bitmain nicht Halt. Wie Reuters berichtet, sollen sich die Chinesen bereits intensiv mit einer Umorientierung nach Norden auseinandersetzen. Erst kürzlich hatte der Mining-Riese einen Geschäftszweig in die Schweiz verlegt. Denn Zuhause im Reich der Mitte erwarten Bitmain künftig wohl eher schlechtere Geschäftsbedingungen, als dass Lockerung einkehrt.
Gesetze erleichtern Ansiedlung
Über die Umsiedlungen freuen sich die Skandinavier. Zwar verspricht das Geschäft mit den Schürfern noch vergleichsweise kleine Gewinne für die landesweiten Marktführer Statkraft und Vattenfall, dennoch wollen sich die Stromriesen nichts entgehen lassen. Letzterer etwa soll bereits im vergangenen Jahr dem chinesischen Bitcoin-Miner und Chip-Hersteller Canaan Creative unter die Arme gegriffen haben, seine Zelte in Schweden aufzuschlagen.
Auch bei den Regierungen findet die sich andeutende Völkerwanderung der Miner freudiges Gehör. So hat etwa Norwegen kürzlich sein Steuerrecht zugunsten von Schürfenden geändert. Künftig müssen sogenannte Datenzentren im Königreich keine Vermögenssteuer zahlen. Dies soll Miner anlocken, denn langfristig dürfte die Ansiedlung nicht nur Arbeitsplätze, sondern eben auch Gewerbesteuern versprechen.
Mining: Ein umstrittenes Gewerbe
Derzeit stammt bis zu 99 % des norwegischen Stroms aus erneuerbaren Energien. Langfristig jedoch stehen die Schürfer unter Druck, die Nachhaltigkeit ihrer Branche zu garantieren. Denn unumstritten ist das Geschäft mit der Rechnerleistung nicht.
Allein um einen einzigen Bitcoin zu schürfen, werden derzeit bis zu 1.500 Euro Strom aufgewendet. Damit kostet die Produktion eines Coins rund ein Viertel seines derzeitigen Handelswertes und so viel, wie ein durchschnittlicher Vier-Personen-Haushalt jährlich für Strom ausgibt.
„Wenn der Bitcoin-Energieverbrauch weiterhin so stark ansteigt, wie er es heute tut, wird er nicht zukunftsfähig sein. Langfristig werden sich Miner deshalb nach Möglichkeiten umsehen müssen, wie der Stromverbrauch gesenkt werden kann“,
prognostiziert Alex de Vries, Blockchain-Experte des Beratungsunternehmens PwC.
Bis dem so ist, bieten Norwegen und Schweden Schürfern jedoch beste Voraussetzungen. Folgen weitere Gesetzeserleichterungen, steht einer Branchen-Wanderung gen Norden wenig im Wege.
BTC-ECHO