Genesis und Grayscale Nach FTX: Größter Bitcoin-Fonds der Welt nun auch in Schwierigkeiten?

Das Krypto-Kreditunternehmen Genesis bemühte sich erfolglos um einen Notkredit in Höhe von einer Milliarde US-Dollar. Dann wurden Kundenauszahlungen gestoppt. Für den Krypto-Space wäre eine Pleite verheerend.

Tim Reindl
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Genesis

Beitragsbild: Shutterstock

| Nach FTX: Jetzt auch Genesis in Gefahr?

Das Wall Street Journal berichtete heute unter Berufung auf ein internes Dokument, dass der Lending-Anbieter Genesis erfolglos versucht habe, bis Montag, den 14. November, einen frischen Kredit in Höhe von einer Milliarde US-Dollar aufzunehmen. Genesis Muttergesellschaft, die Digital Currency Group (kurz DCG), hat dem Trading- und Lending-Unternehmen am Tag der Pleite der Kryptobörse FTX unmittelbar eine Soforthilfe in Höhe von 140 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt, um die Liquidität der Tochterfirma sicherzustellen. Das war anscheinend nicht genug.

Der Milliardär Barry Silbert, ein ehemaliger Investmentbanker und Gründer sowie CEO der Dachgesellschaft DCG, führt auf der firmeneigenen Webseite abgesehen von Genesis noch weitere Tochterunternehmen aus dem Kryptosektor auf. Neben der Lending-Plattform unter anderem auch den weltweit größten digitalen Krypto-Vermögensverwalter Grayscale, welcher neben Bitcoin und Ether zudem weitere Kryptowährungen im Wert von insgesamt 28 Milliarden Dollar verwaltet.

Grayscale im Rechtsstreit mit der SEC

Grayscale befindet sich, ähnlich wie etwa Ripple Inc., aktuell im Rechtsstreit mit der US-Börsenaufssichtsbehörde SEC. Diese hatte im Sommer das Angebot, den Grayscale Bitcoin Trust in einen ETF umzuwandeln, zum wiederholten Male abgelehnt. Dazu BTC-ECHO Marktexperte Stefan Lübeck: 

“Die SEC droht auch gegenüber institutionellen Anlegern, also großen Playern vom klassischen Markt, wie der Ark Investment Management LLC von Cathie Wood, ihr Gesicht zu verlieren. Sie ermöglicht selbst großen Investmentfirmen keine Anlage in einen regulierten, physisch besicherten ETF und drängt (Groß-)Anleger stattdessen in teils unregulierte Vehikel abseits etablierter custodial Anbieter wie Grayscale”

Genesis von FTX-Crash betroffen

In den letzten Jahren war es Genesis gelungen, sich als einer der größten Kryptowährungskreditgeber zu etablieren.

Im Zuge des Zusammenbruchs der Krypto-Exchange FTX am 9. November kam es auch bei Genesis zu massiven Abhebungen durch die Kunden des Lending-Anbieters. Am 10. November teilte das Unternehmen sodann mit, dass 175 Millionen US-Dollar auf einem Konto bei FTX feststecken würden. 

Am darauf folgenden Donnerstag berichtete die Blockchain-Analyseplattform Nansen.ai, dass auch die unter institutionellen Investoren beliebte US-Kryptobörse Gemini innerhalb von 24 Stunden Nettoabflüsse in Höhe von 570 Millionen US-Dollar verzeichnet habe. Mehr als jede andere Krypto-Exchange.

Genesis gab in der Folge am 16. November bekannt, dass seine Krypto-Kreditabteilung vorerst alle Kundenabhebungen gestoppt habe.

Man stehe in Folge des FTX-Bankrotts vor einem “ungewöhnlichen” Volumen an Abhebungsaufträgen. Berichten des Wirtschaftsmagazins Capital zufolge begründete der Interimschef Derar Islim diesen Schritt damit, dass massive Abhebungen die derzeitige Liquidität der Kreditsparte von Genesis Global Capital überstiegen.

Das Einfrieren der Kundengelder durch Genesis breitete sich schnell auf seine Handelspartner, wie die Kryptowährungsbörse Gemini und die südkoreanische Börse GOPAX, aus. Die DCG ist der zweitgrößte Aktionär bei GOPAX, so die Börse in einer Ankündigung.

Die Gemini-Plattform, die sich im Besitz der Zwillinge Tyler und Cameron Winklevoss befindet, teilte unterdessen mit, dass sie die Abhebungen auf ihrem verzinslichen “Earn”-Programm, welches Genesis als Handelspartner nutzt, aussetzen würde.

“Wir arbeiten mit dem Genesis-Team zusammen, um den Kunden zu helfen, ihre Gelder aus dem Earn-Programm so schnell wie möglich zurückzubekommen. Wir werden in den kommenden Tagen weitere Informationen zur Verfügung stellen”, heißt es bei Gemini.

Die Kryptobörse ist ihrerseits der größte Kreditgeber des angeschlagenen Lending-Anbieters.

Ein Vertreter von Genesis dementierte zuletzt jedoch, dass das Dokument, welches dem Wall Street Journal vorliegt, weiterhin relevant sei und beteuerte, die Lending-Plattform sei in “positiven Gesprächen” mit Investoren. Die Quelle fügte hinzu, Genesis würde “alle möglichen Optionen prüfen” und daran arbeiten, “die bestmögliche Lösung für seine Kunden” während der Aussetzung des Dienstes zu finden.

Zur eigenen Liquidität äußerte sich das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht.

Indessen gibt es bereits erste Unterstützungsangebote vom Market-Maker B2C2. Das Unternehmen von Gründer Max Boonen, einem ehemaligen Goldman-Sachs-Broker, kündigte eine potenzielle Unterstützung bei den Liquiditätsproblemen von Genesis an.

Droht nun der Super-GAU für den Kryptomarkt?

Ein Zusammenbruch der Digital Currency Group wäre eine Katastrophe für den Kryptomarkt. Bei einer Insolvenz wäre die Abwicklung des Grayscale-Fonds naheliegend. Dieser notiert bei den Kryptowährungen Bitcoin und Ethereum bereits mit einem Abschlag von über 40 Prozent zu deren Spotpreis auf Börsen wie Binance. Allerdings wäre davon auszugehen, dass die Kryptowährungen nicht liquidiert werden, weil das zu einem Marktzusammenbruch führen würde. Kein Marktteilnehmer oder Fonds-Investor hätte ein Interesse daran, abertausende von Bitcoin und Ether auf den Markt zu werfen, um dadurch einen Crash auszulösen.

Es wäre eher wahrscheinlich, dass die nach der Insolvenz verbleibenden Assets in eine andere Verwahrgesellschaft überführt würden. Solange nicht bekannt ist, wie groß der Schaden ist, ist auch nicht klar, wie hoch der fundamental gerechtfertigte Abschlag der Grayscale-Anteile wäre.

Entsprechend ist zu hoffen, dass eine Rettung der Digital Currency Group und ihrer Tochterunternehmen stattfindet. Andernfalls droht ein weiter Ausverkauf am Kryptomarkt.

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