Alle Zeichen in den letzten Wochen auf dem Memecoin-Markt zeigten nach unten. Neue Hype-Projekte wie Dogwifhat stürzen tagelang ab, das Handelsvolumen auf dezentralen Börsen befand sich im freien Fall. Die Stimmung – kurz vor der Kapitulation. Jetzt erholen sich viele Projekte, mit Zugewinnen von bis zu 20 Prozent. Ein kurzes Aufatmen vor dem endgültigen Crash – oder erlebt der Sektor sein Comeback?
Hohes Risiko, hohe Rendite, viele Totalverluste – ein digitales Casino. Der Memecoin-Sektor hat diesen Bullrun lange dominiert. Und war für einige Anleger mit glücklichem Händchen extrem profitabel: Die Top-10-Memecoins performten um mehrere hundert Prozent besser als die Überflieger der anderen Sektoren wie Real World Assets oder Künstliche Intelligenz. Dazu kamen Newcomer wie Dogwifhat auf Solana: vier Monate nach Launch, 25.000 Prozent im Plus. Memecoins wuchsen in der Gesamtmarktkapitalisierung auf ein Allzeithoch von fast 100 Milliarden US-Dollar, mehr als fast jeder andere Bereich der Branche.
Diesen Juni bahnte sich dann das böse Erwachen an. Umstrittene Celebrities wie Andrew Tate oder Hulk Hogan sprangen auf den Zug auf. Scams, Rug Pulls, Insidertrading: Immer mehr Unmut machte sich breit. Wohin man schaute: Lügen und Betrügereien. Der Sektor schrumpfte auf fast 50 Milliarden US-Dollar zusammen. Memecoin-Lieblinge wie Dogwifhat büßten um 50 Prozent an Wert in einem Monat ein. Die meisten Projekte sind weit von ihren Allzeithochs entfernt. Der Tod des Hypes wird heraufbeschworen, von manchen fast herbeigesehnt.
Memecoins: Ist der Hype vorbei?
“Packt ein, Jungs, es ist vorbei”, twittert beispielsweise Ki Youn Ju, der CEO von Crypto Quant. “Die Dominanz von Memecoins nimmt ab und deutet auf eine breitere Verschiebung in der Aufmerksamkeit der Krypto-Community hin.” Weg von Glücksspiel, hin zu Altcoins mit Fundamentalwerten.
Anders sieht es u. a. Mike Novogratz, der CEO von Galaxy Digital: “Memecoins – ob du es magst oder nicht – sind ein Eckpfeiler der Krypto-Wirtschaft.” Sie seien das “mächtigste Narrativ da draußen.” Auch andere wichtige Persönlichkeiten sprechen sich mittlerweile für den Sektor aus, so beispielsweise Raoul Pal. Memecoins ließen Anleger am Erfolg eines neuen kulturellen Phänomens teilhaben, wie bei einer Band. “Man entdeckt etwas, das sonst niemand entdeckt hat, und dann wird es eine große Sache.” Er selbst hält beispielsweise Dogwifhat.
Eine etwas ausbalancierte Sicht zur aktuellen Situation der Memecoins vertritt Altcoin Sherpa, ein bekannter Trader. Die dunklen Seiten des Sektors werden immer deutlicher: Die meisten Investoren verlieren Geld – und zwar rasant. Überall gebe es Betrug und Insidergeschäfte. Die Leute seien ermüdet.
Bringen Memecoins die Massen in den Krypto-Space?
Die positive Sicht: Memes sind im Gegensatz zum Großteil von Krypto einfach zu verstehen, sie locken mit den größten Gewinnen. Zwar gebe es Insider, trotzdem starten viele Memecoins fairer als traditionelle Krypto-Projekte, die oft schon zum Launch eine Milliardenbewertung haben. Bei Memecoins habe man zumindest noch theoretisch die Chance, die Welle nach oben zu reiten.
Ein weiterer nützlicher Thread, um über das aktuell heftige Auf- und Ab- der Memecoins nachzudenken, kommt von GCR, einem weiteren berühmten Trader. Man investiere nicht in Firmen, sondern in Menschen oder Talente und Ideen. Er nannte das Konzept soziale Token. In gewisser Weise könne man so auch über Memecoins nachdenken, so einige Analysten. Das beste Beispiel: Iggy Azalea, eine australische Rapperin und Model mit Millionen von Followern in den sozialen Medien. Alles zu ihren ambitionierten Memecoin-Plänen lest ihr hier.
Ein anderes Beispiel: Brett. Der umstrittene Token ist mittlerweile so etwas wie das Maskottchen von Base, der Layer2 von Coinbase. Der Erfolg der Projekte ist miteinander verflochten. Ähnlich lässt sich das auch für Bonk und Dogwifhat auf Solana beobachten. Ein Investment in diese Memecoins ist auch eine Wette auf den Erfolg der jeweiligen Blockchain.
Zuletzt spricht der Erfolg schon länger etablierter Memecoins wie Doge oder Shiba Inu dafür, dass der Sektor keinesfalls stirbt, sondern vermutlich eher in den nächsten Monaten auf Sinnsuche gehen wird. Es muss eine Bereinigung am Markt geben, die Flut an Betrügereien abebben. Die meisten Projekte werden sterben, aber einige werden sich, wie in anderen Sektoren auch, längerfristig durchsetzen und das Potenzial von Memecoins aufzeigen.