Kryptos nächste Entscheidungsschlacht Coinbase vs. SEC: Lügt die größte US-Kryptobörse im Rechtsstreit?

Coinbase fordert die SEC zur Entscheidungsschlacht vor Gericht heraus. Kritiker werfen der US-Kryptobörse vor, zu lügen. Alle Hintergründe.

Giacomo Maihofer
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Coinbase

Beitragsbild: Shutterstock

| Coinbase zieht vor Gericht

Nach monatelangen heftigen öffentlichen Schlagabtauschen begann letzte Woche in den USA der Showdown: Coinbase verklagt die US-Wertpapieraufsicht Securities and Exchange Commission (SEC). Die hatte zuvor in einer sogenannten Wells Notice der größten US-Krypto-Branche mit einer Klage gedroht. Der Vorwurf: illegaler Handel mit unregistrierten Wertpapieren. Die Antwort von Coinbase: Gegenklage. Der Branche steht damit neben dem jahrelangen Rechtsstreit zwischen Ripple und der SEC die nächste juristische Großschlacht bevor. Coinbase inszeniert sich in den sozialen Medien bereits als Verteidiger der gesamten Industrie, sozusagen ihr “Last Man Standing”. Sie fordert in ihrer Klage von der SEC endlich regulatorische Klarheit für den Sektor. Viele in den sozialen Medien feiern den Schritt. Andere werfen Coinbase vor, in ihrer Verteidigung bewusst zu lügen. Das sind die Hintergründe.

Seit Monaten überzieht die US-Wertpapieraufsicht SEC die Kryptobranche mit einer Klagewelle. Binance, Uniswap, Kraken, Paxos: SEC-Chef Gary Gensler hat sie alle vor Gericht gezehrt. Der Vorwurf lautet immer gleich: illegaler Handel mit unregistrierten Wertpapieren. Ein Verstoß gegen das Bundesgesetz. Am 22. März 2023 ermahnte die SEC nun auch die US-Kryptobörse mit einer Wells Notice, der letzte Schritt vor einer offiziellen Anklage. Sie wirft Coinbase vor, nicht registrierte Wertpapiere (Securities) anzubieten und zu verkaufen. Auch die Staking-Dienste der Börse sind im Visier der Behörden. Die schießt indessen zurück, auch mit juristischen Mitteln.

Coinbase als Verteidiger der Branche

Bereits im Juli 2022 forderte Coinbase in einer Petition klarere Regulierungsrichtlinien für die Krypto-Industrie in den USA. Damals unterschrieben rund 1.700 Unternehmen und Einzelpersonen die Petition. Eine Antwort der SEC blieb aus. Letzte Woche, am 25. April 2023, konterte die Krypto-Börse mit einer Gegenklage. Sie fordert von der Wertpapieraufsicht endlich klarzustellen, “welche digitalen Vermögenswerte als Wertpapiere registriert werden müssen.” Die SEC muss in einer angemessenen Frist antworten. Weigert sie sich, so kann Coinbase vor Gericht ziehen. Kommt es dazu, werde die größte US-Kryptobörse “alle ihre Mittel aufwenden”, so Armstrong in einem Interview.

Zwei Tage nach ihrer Klage legte Coinbase auf Twitter mit einer Videobotschaft nach. Darin beziehen Coinbase-CEO Brian Armstrong und sein Chief Legal Officer, Paul Grewal, zu den Vorwürfen Stellung – und schwören die Kryptobranche auf einen Rechtskampf ein. Zeitgleich veröffentlichte man eine NFT-Kollektion: “Stand with Crypto”. Mit dem Mint eines kostenfreien NFTs kann man seine Unterstützung für die Branche zum Ausdruck bringen. Die Gebühren fließen in einen Pool auf Gitcoin, mit dem Lobbyaktivitäten bezahlt werden sollen.

Klar ist: Coinbase inszeniert sich als Verteidiger der gesamten Branche. Und wird auch so wahrgenommen. Diese Offensive werde “die Einhaltung der Vorschriften für alle Kryptoakteure mitbestimmen”, meint Jack Inabinet von The Bankless: “Coinbase ist die letzte Verteidigungslinie der Kryptobranche gegen eine Überregulierung. Wenn die SEC den Sieg davonträgt, ist Krypto dann wirklich sicher in Amerika?”

Die Argumentation von Coinbase: Die SEC habe dem Unternehmen rechtlich grünes Licht gegeben, als es 2021 an die Börse ging. Das Geschäftsmodell hätte sich seitdem “nicht fundamental verändert.” Und weiter: “Die SEC behauptet zwar, die Regeln seien klar, aber das sind sie eindeutig nicht. Die CFTC und die SEC haben sich widersprüchlich geäußert; Gerichte haben den Mangel an Leitlinien der SEC infrage gestellt; und die SEC selbst konnte erst letzte Woche vor dem Kongress grundlegende Fragen nicht beantworten”, so der Coinbase-Rechtschef Paul Grewal in einem Tweet zum Video.

Steckt der Teufel im Detail?

Kritiker werfen Coinbase hingegen vor, die Tatsachen bewusst zu verdrehen und die Öffentlichkeit zu manipulieren. So ein früherer SEC-Chefanwalt, John Reed Stark: “Was für ein Schwachsinn und möglicherweise eine Straftat”, twittert er. Die SEC habe 2021 keinesfalls das Geschäftsmodell der Kryptobörse vollkommen abgesegnet, sondern nur ihren Börsengang unter Vorbehalt späterer Untersuchungen und Einwände.

John Reed Stark und andere Kritiker wie auch die Medienplattform Dirty Bubble Media machen darauf aufmerksam, dass Coinbase damals einen öffentlich einsehbaren Vertrag unterzeichnet hat, der eine ganz andere Sprache spricht (zu lesen hier):

Wir bieten verschiedene Einsatz-, Prämien- und Kreditprodukte an, die alle einer erheblichen regulatorischen Unsicherheit unterliegen und eine Vielzahl von Gesetzen und Vorschriften weltweit betreffen könnten. Es besteht eine regulatorische Unsicherheit hinsichtlich des Status unserer Staking-Dienste gemäß den US-Bundeswertpapiergesetzen.

Coinbase

Weiter heißt es, dass man u.a. dem Gesetzesrahmen für Wertpapiere unterliege, dass Regulationen sich ändern und unterschiedlich interpretiert werden können, auch teilweise in Jurisdiktionen im Konflikt stehen. Wenn die SEC einen Verstoß später erkenne, drohe Strafe. Genau dieser Fall liegt nun vor, so die Kritiker.

Der kanadische Anwalt und Politiker Kevin O’Leary bezeichnet die Klage gegen die SEC in einem Interview sogar als den “dümmsten Schritt, den ich jemals gehört habe.” Dies sei eine Maßnahme, “für die man das Management austausche.”

Die gesamten Hintergründe über den jahrelangen Rechtsstreit zwischen der SEC und der US-Krypto-Branche bekommt ihr in unserer Ausgabe des BTC-ECHO Magazins vom April 2023. Bestellen könnt ihr sie hier.

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