Vorne hui, hinten pfui  Warum Tokenized Stocks von Tesla und Co. nur eine Zwischenlösung sind

Die Aktien großer Börsengesellschaften finden immer häufiger den Weg an den Krypto-Markt. Gemeint sind damit so genannte Tokenized Stocks beziehungsweise tokenisierte Aktien. Worum es sich dabei wirklich handelt, wo die Vorteile liegen und warum man sie nicht mit Security Token oder digitalen Wertpapieren verwechseln sollte.

Sven Wagenknecht
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Tokenized Assets

Beitragsbild: Shutterstock

Ein neuer Trend im Krypto-Sektor ist die Tokenisierung von Aktien. Sogenannte Tokenized Stocks bieten die Möglichkeit, klassische Aktien wie beispielsweise Apple, Tesla oder Google in tokenisierter Form handeln zu können. Der weitere Brückenschlag der Krypto-Ökonomie gen traditionellen Finanzmarkt sorgt dafür, dass man sich in Teilen aus den ineffizienten Infrastrukturen des traditionellen Wertpapiersektors befreit und mithilfe von Token-Infrastrukturen den Aktien “Flügel” verleiht.

Die Vorteile von tokenisierten Aktien  

Während Aktien normalerweise Begrenzungen wie Börsenhandelszeiten oder stärkeren regionalen Einschränkungen je nach Jurisdiktion unterliegen, gilt dies für tokenisierte Aktien, die man auf Krypto-Börsen handelt, nicht. Auf Handelsplattformen wie Binance, FTX, Bitpanda oder Bittrex lassen sich die Token-Aktien 24/7 traden. Auch lässt sich fraktioneller Besitz umsetzen. Wer also keine 2.800 Euro für eine Amazon-Aktie besitzt, der kann via Tokenized Stocks Anteile an einer einzelnen Aktie erwerben.

Gleichzeitig besteht so die Möglichkeit, sein Token-Portfolio um eine neue Anlageklasse zu erweitern, ohne das Krypto-Ökosystem verlassen zu müssen. Wie auch beim Stablecoin Tether USDT erhalten Trader die Möglichkeit, schnell aus den hochvolatilen Kryptowährungen in eine weniger schwankungsanfällige Anlageklasse – kommt natürlich immer auf die Aktie an – zu wechseln. 

Ebenfalls interessant ist die Möglichkeit, weitere Hebel-Optionen wahrzunehmen. Natürlich gibt es für Apple, Google, Tesla und Co. zahlreiche Derivate wie Optionsscheine, Hebel-Zertifkate etc. Mithilfe von Smart Contracts und programmierbaren Wertpapieren bzw. Wertpapierderivaten können sich allerdings neue interessante Trading-Optionen ergeben. Neben den Tokenized Stocks etablieren sich somit auch tokeniserte Futures, die ein gehebeltes Investieren in die Aktienwerte ermöglichen. In Zukunft dürfte hier aber noch einiges an Finanzinnovation und ausgeklügelten Produktdesign zu erwarten sein.

Aufpassen müssen Investoren hingegen bei der Liquidität. Auch wenn eine Apple-Aktie sehr liquide gehandelt werden kann, gilt das nicht für die tokenisierte Abbildung. Das Handelsvolumen an den genannten Krypto-Börsen ist verglichen mit den richtigen Aktienmärkten zu vernachlässigen und daher uninteressant für institutionelle Investoren.

Tokenized Stocks vs. Security Token

Dennoch sollte einem bewusst sein, dass tokenisierte Aktien, wie sie auf den Krypto-Handelsplattformen erhältlich sind, nur einen Zwischenschritt respektive eine Behelfslösung darstellen. Schließlich sind die Basiswerte keineswegs digital, sondern verbleiben klassisch urkundlich verbrieft. Im Gegensatz zu Security Token, ergo digitalen Wertpapieren, die nicht urkundlich verbrieft sind, stellen Tokenized Stocks also nur eine derivative Hybridlösung dar, die versucht, alt und neu miteinander zu verbinden. Nichtsdestotrotz sind Tokenized Stocks eine gute Möglichkeit, um bestehende Aktiengesellschaften bereits heute am Krypto-Markt handeln zu können.

Wenn in Zukunft Wertpapiere ausschließlich digital als Token emittiert werden, dann ergeben die Tokenized Stocks wie aktuell auf Binance und Co. allerdings nur noch bedingt Sinn. Der Zusatz “tokenisiert” wird dann wegfallen, weil die Aktie als Basiswert selbst auf Token basiert und nicht nur das Derivat.

Bis es dazu kommt, werden allerdings noch einige Jahre vergehen. Regulatorik und Institutionen benötigen sehr lange Vorlaufzeiten, bis es zu einer finalen Transformation kommt. Stattdessen müssen sich tokenisierte Wertpapiere den Spielregeln der aktuellen Marktgegebenheiten anpassen. Unternehmen, die an der Wall Street ernst genommen werden möchten und mehrere Milliarden an Kapitalbedarf haben, müssen sich nach wie vor klassisch urkundlich verbriefen lassen, siehe Coinbase DPO. Security Token sind vorerst nur etwas für kleine Unternehmen und Start-ups, da es noch kein ausreichendes Ökosystem dazu gibt. Zumal es in den meisten Jurisdiktionen nach wie vor Gesetzesanpassungen bedarf. Dies erklärt auch, warum es in Deutschland noch keinen Sekundärmarkt für Security Token gibt und man nur Fremdkapital tokenisieren kann. Aktien als Security Token fallen gegenwärtig also noch heraus.

Wertpapiere: Gleicher Anachronismus wie im Zahlungsverkehr

Genauso wie unser Zahlungsverkehr ist auch die Wertpapierabwicklung aus der Zeit gefallen. Während Informationen in Echtzeit und 24/7 verkehren können, hängen unsere Werte-Infrastrukturen hinterher. Im Gegensatz zu einer E-Mail, die man verschickt, macht es sehr wohl einen Unterschied, ob man eine Banküberweisung an einem Dienstagvormittag oder einem Sonntagmorgen verschickt. Auch macht es einen Unterschied, ob man die Überweisung an die Sparkasse von nebenan versendet oder an ein Geldinstitut in New York. Viele Mittelsmänner und veraltete IT-Systeme sorgen dafür, dass das Amazon-Päckchen aus dem Ausland teils schneller zu Hause eintrifft, als die Zahlung beim Lieferanten.

Ähnlich verhält es sich bei Wertpapieren. Auch hier muss zwischen Buchung und Wertstellung unterschieden werden. Zwar können wir in Sekundenschnelle Orderaufträge ausführen, dennoch findet die Verbuchung der Wertpapiere, also der eigentliche Eigentumsübergang, erst zwei bis drei Tage später statt. Die Basiswerte der Tokenized Stocks können diese langsame Abwicklung auch nicht umgehen. Lediglich das Token-Derivat kann in Sekundenschnelle den Besitzer wechseln. Anders wäre es der Fall bei Security Token: Sie könnten, genau wie Kryptowährungen, eine unmittelbare Eigentumsübertragung ermöglichen und damit Kosten sowie Fehler reduzieren.

Tokenized Stocks als Warnschuss für die traditionelle Finanzbranche

So irrelevant die Kapitalisierung von tokenisierten Aktien und digitalen Wertpapieren gegenwärtig noch sind, zeigen sie ganz klar, wohin die Reise geht. Die Börsen, Banken, Broker etc., die sich jetzt damit auseinandersetzen, werden gegebenenfalls überleben. Alle anderen werden durch neue Player ersetzt.

Erste Börsen und Start-ups arbeiten bereits an einem Wertpapiersektor der zwei Geschwindigkeiten. Sobald das GO vom Gesetzgeber kommt, können Börsenbetreiber wie die Börse Stuttgart ein neues Marktsegment für digitale Wertpapiere anbieten. Ein anderes Beispiel wäre das Blockchain-Protokoll Dusk Network (DUSK), das mit der niederländischen Börse NPEX zukünftig KMUs tokenisieren und handelbar machen möchte. Bereits in den nächsten Monaten ist hier mit Fortschritten zu rechnen, da die ersten Gesetzesanpassungen kurz vor der Umsetzung stehen.

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