BTC bald über 500.000 US-Dollar? Vijay Boyapati im Interview: “Bitcoin wird Gold ablösen”

Das vierte Halving-Event steht unmittelbar bevor. Geht der BTC-Bullenmarkt danach erst richtig los? Ein Bitcoin-Experte liefert die Antwort.

Tobias Zander
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Vijay Boyapati

Beitragsbild: Shutterstock / Fotomontage

| Bitcoin-Experte Vijay Boyapati stand BTC-ECHO im Interview Rede und Antwort

Das vierte Halving steht in knapp zwei Wochen an. Und Bitcoiner freuen sich wie Kinder zur Adventszeit. Zu Recht, denn in der Vergangenheit stieg der Kurs von BTC in der Zeit danach rasant. Aber auch für die langfristige Adoption ist das Halving extrem wichtig. Vijay Boyapati war als überzeugter Bitcoiner schon früh dabei. In seinem Essay “The Bullish Case for Bitcoin” schrieb er bereits 2018, dass Bitcoin ein globales Geld werden kann, wie es Gold im 19. Jahrhundert war. Heute ist er überzeugt: Bitcoin kann Gold in vier bis fünf Jahren als Wertspeicher ablösen und auf mehr als 500.000 US-Dollar klettern. Warum das Halving dafür so wichtig ist, erklärt er BTC-ECHO im Interview. Und auch: Weshalb die Bitcoin-Spot-ETFs die Dynamik der Zyklen für immer verändert haben.

BTC-ECHO: Vijay, in wenigen Wochen steht das Bitcoin-Halving an. Wie wichtig ist dieses Ereignis aus deiner Sicht? Können wir mit einem Angebotsschock rechnen?

Vijay Boyapati: Tatsächlich denke ich, dass die Halvings der ultimative Grund für die Vier-Jahres-Zyklen sind und damit eine interne Ursache der Bitcoin-Marktdynamik. Es gibt natürlich auch externe Faktoren. Die Politik der US-Notenbank beeinflusst Bitcoin beispielsweise ebenso wie Gold. Das Halving spielt eine große Rolle, weil es das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage bei Bitcoin erschüttert.

Durch die Halbierung der Angebotsseite steigt der Preis langsam, aber sicher, zur Erreichung eines neuen Gleichgewichts. Ab einer gewissen Schwelle kommt es dann zum Madness-of-Crowds-Phänomen: Wenn die Leute sehen, dass der Bitcoin-Preis kontinuierlich steigt, stürzen sie sich regelrecht darauf. Infolgedessen steigt der Preis weiter, immer mehr Leute steigen ein und es gibt eine enorme Begeisterung. Wenn es im jeweiligen Zyklus keine neuen Käufer mehr gibt, erleben wir einen Marktcrash.

Was passiert dann?

Der Preis findet sein neues Gleichgewicht, wenn er so weit fällt, dass Leute Bitcoin wieder aus wirklicher Überzeugung kaufen. Oft sind das Privatinvestoren, die Sparpläne nutzen und Bitcoin im Laufe der Zeit ansammeln. Interessant ist, dass in jedem Zyklus eine größere Gruppe von Menschen erreicht werden kann. Der erste Zyklus bestand nur aus Cypherpunks und Libertären, also einer sehr kleinen Gruppe von Leuten. Der nächste Zyklus war dann die Vorhut der risikofreudigen Investoren, und danach kommt man schließlich zu einem größeren Prozentsatz der Bevölkerung. Menschen, die von Bitcoin gehört haben und von ihren Freunden und ihrer Familie informiert wurden.

Wenn wir uns den aktuellen Zyklus ansehen, dann haben wir zum ersten Mal bereits vor dem Halving ein neues BTC-Allzeithoch gesehen. Glaubst du, dass die Spot-ETFs das allgemeine Muster der Zyklen verändert haben?

Davon gehe ich aus, denn die Bitcoin-ETFs machen einen großen Unterschied. Der Kapitalzufluss der verschiedenen Indexfonds war größer, als fast jeder vorhergesagt hat. Wahrscheinlich werden sich die Zuflüsse innerhalb des ersten Jahres auf 50 Milliarden US-Dollar belaufen, was beispiellos ist. Geht es in diesem Tempo weiter, dann wird das verwaltete Vermögen der Bitcoin-ETFs innerhalb von ein oder zwei Jahren das verwaltete Vermögen der Gold-ETFs übertreffen, obwohl es diese schon seit fast 20 Jahren gibt.

Die Bitcoin-ETFs haben somit den Zyklus beschleunigt, zumal durch sie eine viel größere Personengruppe erreicht werden kann. Die Leichtigkeit, mit der man jetzt in Bitcoin einsteigen kann, ist dramatisch größer als jemals zuvor. Durch die ETFs kann man die gesamte technologische Komplexität und somit eine große mentale Hürde für den ersten Bitcoin-Kauf vollständig beseitigen. Die meisten Menschen in den USA haben einen Brokeraccount und heute können sie Bitcoin genauso so einfach kaufen wie eine Aktie.

Was hältst du generell von der Entscheidung der SEC, die Bitcoin-ETFs zuzulassen? Ist das ausschließlich positiv oder siehst du eine Schattenseite?

Im Großen und Ganzen ist es eine sehr positive Entscheidung. Das Bitcoin-Preisniveau korreliert stark mit der Größe und Stabilität der Liquiditätskanäle zu Bitcoin aus der Fiat-Welt. In den ersten Zyklen waren die Fiat-Kanäle noch sehr schwach und unzuverlässig. Der erste echte Fiat-Kanal war eigentlich Mt.Gox und dieser war instabil, schlecht geführt und sehr klein. Mit der Zeit entstanden mehr Krypto-Börsen wie Coinbase und Kraken, die Fiat-Kanäle wurden besser und der Bitcoin-Preis stieg entsprechend. Und dann gab es Dinge wie GBTC, wodurch traditionelle Investoren erstmals Zugang zu Bitcoin erlangten. Aber die neuen Bitcoin-ETFs sind jetzt bei weitem der größte und zuverlässigste Liquiditätskanal. Ein Nachteil ist allerdings das Verwahrungsrisiko und dass viele der ETF-Emittenten ein einziges Unternehmen, nämlich Coinbase, für die Verwahrung nutzen.

Woran liegt es denn, dass es bisher nicht mehr Wettbewerb im Verwahrungsbereich gibt? Warum hat Coinbase dieses Quasi-Monopol?

Der wichtigste Faktor ist, dass es sich bei Coinbase um eine Aktiengesellschaft handelt. Das erhöht das Vertrauen der ETF-Emittenten, denn sie wissen, dass es sich um streng reguliertes Unternehmen handelt, das nicht einfach so mit den Bitcoin der Kunden durchbrennen kann. Zugleich verhindert die Regulatorik aber teilweise selbst mehr Wettbewerb, denn die SEC macht es anderen Unternehmen schwer. Es gibt zum Beispiel Galaxy Digital in Kanada, die gerne an einem amerikanischen Handelsplatz wären. Doch die SEC lässt derzeit kein Unternehmen an die Börse, das Altcoins anbietet, außer Coinbase. Ein neuer SEC-Vorsitz nach der US-Wahl könnte das ändern, sodass wir mehr Wettbewerb auf der Verwahrungsseite hätten. Den brauchen wir auf jeden Fall, denn wir müssen das Risiko verringern, das durch die aktuelle Konzentration entstanden ist.

Derzeit sehen wir MicroStrategy als dieses eine verrückte Unternehmen, das bereits 1 Prozent aller Bitcoin besitzt. Werden noch mehr Unternehmen bald die gleiche Strategie verfolgen und so viele Bitcoin wie möglich kaufen?

Es ist schwer, Michael Saylor mit seiner Persönlichkeit nachzuahmen. Aber was ich über Nationalstaaten geschrieben habe, gilt auch für Unternehmen: Es kommt auf die Exekutive an. Und bei bestimmten Unternehmen haben der Gründer oder der CEO viel Einfluss, weil sie die Mehrheit der stimmberechtigten Aktien halten. Michael Saylor hat eine eben solche starke Führungsrolle und er glaubt wirklich an Bitcoin. Der Erfolg lässt sich nicht verleugnen, denn zwanzig Jahre lang hatte sein Unternehmen ein eher langweiliges Geschäftsmodell und eine geringe Marktkapitalisierung, aber plötzlich geht es durch die Decke.

Warum? Weil er eine Bitcoin-Strategie verfolgt, die im Grunde ein spekulativer Angriff auf den Dollar ist. Saylor glaubt, dass börsennotierte Unternehmen ein irrationales Fiat-Premium bekommen, das nicht durch die realen Erträge gerechtfertigt wird. Deshalb beschafft er sich Geld durch den Verkauf von Aktien und die Aufnahme von Schulden, um damit einen absolut knappen Vermögenswert zu kaufen. Wenn der BTC-Preis weiter steigt und Bitcoin zur Reservewährung wird, dann ist das genial.

Welche Entwicklungen seit der Erstveröffentlichung deines Essays im Jahr 2018 haben dich überrascht? Und gibt es Punkte, wo du deine Meinung über die Bitcoin-Adoption geändert hast?

Natürlich konnte ich die Einzelheiten nicht voraussehen. Ich hätte also nie erwartet, dass sich Michael Saylor als Bitcoiner outet oder dass El Salvador plötzlich Bitcoin kauft. Doch die allgemeine Entwicklung habe ich im Wesentlichen so erwartet. Der letzte Satz meines Essays lautet, dass Bitcoin in 50 Jahren der globale Geldstandard sein wird. Aber ich hatte auch einen Zeithorizont von einem Jahrzehnt im Kopf, in welchem Bitcoin meiner Einschätzung nach zu Gold aufschließen und es vielleicht sogar übertreffen würde. Daran glaube ich noch immer. Heute hat Gold eine Marktkapitalisierung im Bereich von 13 bis 16 Billionen US-Dollar. Wenn Bitcoin dieses Level erreicht, ergibt das einen Bitcoin-Preis von etwa 500.000 bis 800.000 US-Dollar. Das ist in vier bis fünf Jahren möglich.

Eine wahrhaft optimistische Prognose. Siehst du trotzdem noch ernsthafte Gefahren für Bitcoin? Gibt es ein bestimmtes Risiko, das BTC noch daran hindern könnte, mindestens ein globaler Wertspeicher zu werden?

Einige der Risiken, die ich in meinem Essay 2018 erwähnt habe, sind verschwunden. Aber durch Bitcoins zunehmende Größe könnten Staaten in Zukunft viel aufmerksamer und feindseliger werden, denn ab einem bestimmten Punkt kann Bitcoin die Geldpolitik beeinflussen. Der frühere Fed-Vorsitzende Alan Greenspan beobachtete Gold sehr genau als Barometer dafür, ob seine Geldpolitik funktionierte. Wenn der Goldpreis zu steigen begann, machte er sich Sorgen. Gold war das ultimative Gegenstück zur Glaubwürdigkeit und zum Erfolg der Federal Reserve. Bitcoin dürfte diese Aufgabe bald übernehmen und zum führenden nicht staatlichen Wertspeicher werden.

Wenn BTC die Größe von Gold erreicht, fließt ein erheblicher Teil der weltweiten Ersparnisse in Bitcoin. Und diese Ersparnisse können nicht durch Geldpolitik manipuliert werden, was für Zentralbanker beängstigend sein muss. Ab diesem Punkt könnten wir daher eine konzertierte Aktion sehen, um Bitcoin anzugreifen und als schädliche Technologie zu brandmarken.

Also wird Bitcoin durch seinen eigenen Erfolg gefährdet?

Auf der anderen Seite könnte Bitcoins zunehmende Größe zugleich einen Schutz bedeuten. Je mehr Menschen ihn annehmen, desto schwieriger wird es, gegen ihn vorzugehen. Es gibt dann Wähler und auch Politiker, die Bitcoin besitzen. In den Vereinigten Staaten haben wir ein Rentenprogramm namens 401k und das kann man nicht abschaffen. Das ist politisch unmöglich, denn die Menschen würden auf den Straßen randalieren. Irgendwann wird auch Bitcoin so weit verbreitet sein, dass er in diesem positiven Sinne politisch vereinnahmt werden kann, aber noch ist es nicht so weit. Im Moment besteht noch das Risiko eines Angriffs durch staatliche Akteure.

Gibt es eine Chance, dass Gold und Bitcoin einfach friedlich koexistieren können? Oder muss es passieren, dass Bitcoin Gold als Wertaufbewahrungsmittel auffrisst?

Bitcoin beginnt bereits damit, Gold zu ersetzen, aber Gold ist dennoch ein interessantes Biest. Seine Marktkapitalisierung von etwa 16 Billionen US-Dollar ist nicht zuletzt auf die Schmucknachfrage aus Indien und dem Nahen Osten zurückzuführen. Die wird so schnell nicht verschwinden. Und der andere große Teil ist die Nachfrage der Zentralbanken. Viele Menschen sind sich dessen nicht bewusst, aber ironischerweise ist dieses archaische Geld, das von den Zentralbankern gehasst wird, vor allem in ihrem Besitz. Sie besitzen es, weil sie sich gegenseitig nicht trauen können.

Beim Fallbeispiel Russland beschlagnahmten die USA vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges alle Staatsanleihen in russischem Besitz. Staaten weltweit haben sich das angesehen und festgestellt, dass sie keine wirkliche Souveränität haben, wenn ihre gesamten Ersparnisse in US-Anleihen liegen. Diese Lektion wird in den kommenden Jahren immer wichtiger werden. Und aus diesem Grund halten die Zentralbanken weiterhin Gold.

Inwiefern wird Gold trotzdem bereits ersetzt?

Es ist die Investitionsnachfrage von vermögenden Privatpersonen, von Kleinanlegern und Family Offices, die schon heute aus Gold abfließt und sich zu Bitcoin verschiebt. Am Rande verliert Gold also bereits etwas von seiner Nachfrage. Das erklärt auch, warum Gold trotz der Inflation, die wir in den letzten Jahren weltweit gesehen haben, nicht so stark gestiegen ist. Im Vergleich zu Bitcoin hat sich Gold nicht besonders gut entwickelt und war in den letzten zehn Jahren kein wirklich guter Schutz vor Inflation.

Wenn du versuchst, dir die Zukunft unserer Welt in 10 Jahren vorzustellen – welche Rolle wird Bitcoin dann spielen?

Es ist sehr schwer, die Zukunft vorherzusagen, vor allem weil sich unsere Welt jetzt so schnell verändert. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass Bitcoin die Rolle als wichtigstes globales Wertaufbewahrungsmittel übernommen haben wird. Bitcoin wird also Gold abgelöst haben. Es gibt noch andere Long-Tail-Ereignisse, deren zukünftige Entwicklung noch offen ist, zum Beispiel künstliche Intelligenz. Wirkliche KIs könnten Bitcoin als Wertübertragungsmedium präferieren, denn das traditionelle Bankensystem ist nicht rund um die Uhr geöffnet, nicht vollständig vernetzt und unzuverlässig. Bitcoin hingegen ist im Internet beheimatet und ein perfektes Protokoll für den digitalen Werttransfer. Aber unabhängig von diesem KI-Szenario glaube ich selbst auf der eher konservativen Seite, dass Bitcoin in fünf bis zehn Jahren zum digitalen Gold wird.

Vielen Dank für das Gespräch.

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