Scheinargumente? Steuern: Wie Staaten versuchen, Bitcoin “greifbarer” zu machen

Jeder Staat ist auf sie angewiesen: Steuern. Nun bieten aber gerade Kryptowährungen die Möglichkeit – auch wenn dies strafbar ist – sich einfacher, als mit vielen anderen Vermögenswerten, der Einsicht und dem Zugriff der Steuerbehörden zu entziehen. Was dies mit Scheinargumenten gegen Bitcoin zu tun hat und warum härtere Steuergesetze nicht per se schlecht für die Krypto-Branche sind.

Sven Wagenknecht
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Finanzamt

Beitragsbild: Shutterstock

Disclaimer: Das Thema Steuern und Kryptowährungen wird aus einem makroökonomischen und politischen Blickwinkel betrachtet. Es werden keinerlei Steuertipps oder sonstige Empfehlungen ausgesprochen. Darüber hinaus sei vermerkt, dass es nicht nur aus moralischer Sicht empfehlenswert ist, steuerehrlich zu sein, sondern dass Steuerbetrug auch eine Straftat ist.

Ein großer Vorteil von Kryptowährungen ist, dass deren Gewinne nach einem Jahr, zumindest in Deutschland, grundsätzlich steuerfrei sind. Einige sehen den Vorteil aber auch darin, dass sie das Thema Steuern grundsätzlich ignorieren und unterjährig anfallende Gewinne nicht in ihrer Steuererklärung angeben. Die Gefahr erwischt zu werden, mag für einige Krypto-Trader gering sein, da ihre Transaktionen im Krypto-Space prinzipiell nicht dem Finanzamt gemeldet werden.

Krypto-Steuerhinterziehung: Unterstellung oder unbequeme Wahrheit?

Erträge aus Staking, Lending oder einfach nur “Hin-und-Her-Traden” können so theoretisch schnell am Fiskus vorbei erwirtschaftet werden. Wie groß die Summen wirklich sind beziehungsweise die entgangenen Steuern, ist nur schwer wirklich zu beziffern. Gegenwärtig mag man annehmen, dass sich der Schaden für die Staaten noch in Grenzen hält. Doch bei dem gegenwärtigen Marktwachstum und der zunehmenden Kapitalflucht gen Bitcoin und Co. dürfte sich diese Einschätzung nicht ewig aufrechterhalten.

Schließlich sinkt mit jedem Tag die Notwendigkeit, Kryptowährungen gegen Fiat zu tauschen und damit auch Spuren im meldepflichtigen Bankwesen zu hinterlassen. Stablecoins sorgen für Stabilität, Bitcoin dient als Wertspeicher mit Kurspotential, Großkonzerne lassen sich als Tokenized Stocks handeln und Zinserträge werden mit Staking und Lending erwirtschaftet. Das diversifizierte Portfolio wird immer stärker zur Realität im Token-Sektor. Gleichermaßen fühlen sich Staaten immer mehr in die Enge gedrängt. Entsprechend wird es immer schwieriger, Passivität bei dem Thema Steuern zuzulassen.

Scheinargumente gegen Bitcoin

Die Bedenken, die man gegen Bitcoin in letzter Zeit vor allem aus der Politik und von öffentlichen Meinungsführern hören konnte, wirken indes wie vorgeschobene Argumente. Weder werden Bitcoin im großen Stil für illegale Transaktionen genutzt, noch dürfte es dem Staat wirklich so sehr um den Stromverbrauch beim Mining gehen. Auch Verbraucherschutzwarnungen, dass sich Anleger vor der hohen Volatilität in Acht nehmen sollen, wirken in Teilen unglaubwürdig. Zumindest liegt so der Verdacht nahe, dass der Staat vor allem eine Sorge hat: entgangene Steuereinnahmen.

Wenn dem Staat Steuereinnahmen verloren gehen, dann ist das ein ernstzunehmendes Problem. Nicht umsonst ist das Strafmaß für Kapitalverbrechen oftmals – zumindest subjektiv empfunden – vergleichsweise hoch gegenüber Gewaltdelikten, bei denen das Individuum und nicht der Staat respektive die Staatskasse zu Schaden kommt. Das Thema Steuern bei Kryptowährungen wird gerne totgeschwiegen. Niemand möchte schlafende Hunde wecken – weder der Staat noch der Steuersünder. Wenn Finanzminister Olaf Scholz Privatsphärebedenken gegenüber Kryptowährungen äußert und sich vorbehalten möchte, Stablecoins zu verbieten, um die Verbraucher zu schützen, dann drängt sich auf, dass er am Ende eigentlich nur eines möchte: verhindern, dass sich Menschen dem Steuerzugriff des Staates entziehen. Nicht umsonst hat erst kürzlich das Bundesfinanzministerium mit der “Kryptowertetransfer-Verordnung” einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der staatliche Einsicht in die Krypto-Geschäfte ermöglichen soll.

Es gibt keinen Feldzug gegen Kryptowährungen

Das Thema Steuern bei Kryptowährungen ist auch auf der Agenda der Biden-Regierung und hatte zuletzt sogar mit zur Korrekturstimmung am Krypto-Markt beigetragen. So möchte der Staat die Reportingpflichten für Broker und Wallet-Anbieter bei digitalen Währungen ausweiten. Jurisdiktionsübergreifend sollen so alle für die Steuer notwendigen Informationen den amerikanischen Behörden zugänglich gemacht werden. Zudem sollen alle Krypto-Geschäfte über 10.000 US-Dollar der Bundessteuerbehörde gemeldet werden. Schließlich moniert das Finanzministerium der USA, dass Krypto-Investoren zunehmend via Offshore-Konten Krypto-Geschäfte vor dem Fiskus verstecken.

Dass es zu derartigen Meldepflichten kommt, ist mehr als nachvollziehbar. Ganz gleich, ob in den USA oder in Europa, ist es grundsätzlich üblich, ab unterschiedlichen Betragsgrenzen Meldungen an das Finanzamt zu tätigen. Wer also beispielsweise eine etwas größere Summe auf seinem Bankkonto einzahlt, muss davon ausgehen, dass das Finanzamt eine Meldung erhält und entsprechend nachfragt, woher das Geld stammt. Was gerade auf der ganzen Welt passiert, ist nichts anderes, als bestehende Steuer- und Meldestandards auf den Krypto-Sektor zu übertragen. Von einem “Feldzug” gegen Krypto zu sprechen, wäre in diesem Kontext etwas übertrieben. Problematisch wird es erst, wenn die Steuerbelastungen für Kryptowährungen die Belastungen anderer Vermögenswerte deutlich übersteigen und dadurch eine relative Benachteiligung der Krypto-Assets durch den Staat erzwungen wird.

Corona-Schulden und Steuern

Das Thema Steuern und die Frage, wie der Staat mehr davon abbekommt, ohne die Wirtschaft abzuwürgen, ist durch die Corona-Haushaltsdefizite aktueller denn je. Auch schon vor Corona waren die meisten Staaten hoch verschuldet und befinden sich nun in einer noch angespannteren Situation. Zumal man die Gesamtkosten der Corona-Pandemie aktuell noch gar nicht ganz erfassen kann.

Diskussionen um eine stärkere Besteuerung von Vermögen respektive einer Vermögensabgabe nehmen daher an Fahrt auf. Da Kryptowährungen gegenwärtig so schlecht zu erfassen sind, besteht im Gegensatz zu beispielsweise gut erfassten Immobilien keine große Sorge, dass es hier zu radikaleren Einschnitten kommt. Das Risiko, dass man sich übermäßigen Sondersteuern auf Kryptowährungen entzieht, ist dem Staat gegenwärtig noch zu hoch. Erst, wenn sich der Staat einen direkteren Zugriff gesichert hat, wären größere Sondersteuern auf Kryptowerte wahrscheinlicher.

Entgegen dem Trend: China wird Bitcoin legalisieren

Neben Europa und den USA stellt sich auch immer die Frage, wie sich China zu diesem Thema positioniert. Man mag meinen, dass China nach seiner härteren Gangart gegen Bitcoin-Mining-Anlagen und seinem grundsätzlichen Krypto-Handelsverbot nun noch weiter von einer Legalisierung entfernt ist, als noch vor ein paar Monaten.

Eine andere Interpretation hingegen ist, dass China diese harte Gangart nur vornimmt, um Kryptowährungen zu legalisieren. Wenn China Kontrolle über den Markt erlangt und beispielsweise nur Krypto-Handel respektive Verwahrung über regulierte Drittverwahrer zulässt, die die Private Keys halten, dann eröffnet sich China eine neue Möglichkeit, Steuern auf Krypto-Gewinne zu erheben. Schließlich ist es ein offenes Geheimnis, dass viele Chinesen Kryptowährungen besitzen und nach wie vor noch handeln. Da dies allerdings nicht legal ist, kann China auch keine Steuern auf das “digitale chinesische Volksvermögen” erheben. Erst mit einer Legalisierung von Kryptowährungen könnte sich der chinesische Staat Steuererträge durch den Krypto-Handel sichern und Übersicht über die Vermögensverhältnisse erhalten. Unter dieser Prämisse lässt sich die These vertreten, dass härtere Reporting- und Steuermaßnahmen die Wahrscheinlichkeit einer Legalisierung von Kryptowährungen erhöhen beziehungsweise ein Verbot unwahrscheinlicher machen.

Endgegner Decentralized Finance

Das Verwahren und Halten von Kryptowährungen auf zentralen Krypto-Plattformen ist gemessen an dem, was man zurzeit im DeFi-Bereich entwickelt, ein staatliches Wunschkonzert. Während man Plattformen wie Binance, Kraken, Bittrex etc. verpflichten kann, staatliche Auflagen zu erfüllen, kann man dies bei dezentralen Protokollen nicht. Weder Meldungen an das Finanzamt, noch die Erfassung der Identität, ist bei den dezentralen Protokollen von staatlicher Seite zu erzwingen. Allein aus diesem Grund ist nicht davon auszugehen, dass zu harte Bandagen gegen die gut zu regulierenden Krypto-Plattformbetreiber angelegt werden. Die Angst vor Ausweichbewegungen in wirklich dezentrale Krypto-Gefilde dürfte zu groß sein. Vielmehr scheinen sich USA, Europa und China nun Mühe zu geben, recht zügig den bestehenden Krypto-Sektor unter Kontrolle zu bekommen, um Transaktions- und Steuerzugriffe zu gewährleisten.

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