Das Krypto-Jahr 2022 startet direkt mit einem Paukenschlag. Wie BTC-ECHO bereits am gestrigen 10. Januar berichtete, arbeitet PayPal an einem eigenen Stablecoin. Der Abteilungsleiter für Krypto- und Digitalwährungen bei PayPal, Jose Fernandez Da Ponte, bestätigte ein solches Engagement, nachdem ein IT-Analyst Hinweise darauf im Quellcode der PayPal-App gefunden hatte.
Genaue Informationen zu einem möglichen “PayPal Coin” gibt es zwar noch nicht. Dass der Stablecoin jedoch kommt, gilt unter Experten nun als sicher. Einer von ihnen ist Philipp Sandner, Leiter des Frankfurt School Blockchain Center. Die Gründe erklärt Sandner im Gespräch mit BTC-ECHO folgendermaßen:
Früher oder später musste das ja kommen. Man sieht, dass Blockchain-Infrastrukturen wie Ethereum gut funktionieren, wenn es darum geht, Stablecoins abzubilden. Es gibt schon heute einige US-Dollar-Stablecoins, die auch eine gewisse Regulatorik erfüllen und die bereits tägliche Transaktionsvolumina von 100 Milliarden US-Dollar aufweisen. Vor dem Hintergrund ist es klar, dass sich Unternehmen wie Visa, Mastercard und jetzt auch PayPal mit der Thematik beschäftigen, einfach, um den Anschluss nicht zu verlieren.
Dr. Philipp Sandner gegenüber BTC-ECHO
Derzeit müsse das PayPal-Netzwerk eine Vielzahl an Administrationsprozessen im Hintergrund bewältigen. Nach Meinung des Wirtschaftswissenschaftlers ergebe sich für den Zahlungsdienstleister mit dem Launch eines eigenen Stablecoins ein “Riesenvorteil”, da Transaktionsprozesse mittels der Blockchain-Technologie deutlich effizienter gestaltet würden.
Neue Konkurrenz für Tether und Circle?
Jonas Gross ist da etwas zurückhaltender. Der Vorsitzende der Digital Euro Association geht zwar generell von einer Effizienzsteigerung aus, dafür müssten jedoch noch Details geklärt werden.
Um den Schritt PayPals fundiert bewerten zu können, fehlt es derzeit noch an Details: Für wen wird dieser Stablecoin zur Verfügung stehen? Nur für PayPal-Nutzer oder für alle? Worin liegt der Nutzen für Endverbraucher? Wie teuer werden Transaktionen?
Jonas Gross gegenüber BTC-ECHO
Daraus ergebe sich letztlich auch, inwiefern etablierte Stablecoin-Projekte wie Tether oder Circle eine neue Konkurrenzsituation fürchten müssten, fügt Gross hinzu. Einfach werde es in jedem Fall nicht.
Dabei ist es nicht der erste Vorstoß, den PayPal in den Krypto-Space wagt. Ende März vergangenen Jahres hatte der Zahlungsdienstleister seinen US-Kunden den Einstieg in vier ausgewählte Kryptowährungen ermöglicht, darunter auch die Leitwährung Bitcoin. Im Juli weitete man den Service dann auch auf Großbritannien aus, weitere Länder sollen folgen. Mit einem eigenen Stablecoin geht PayPal nun den nächsten Schritt.
“PayPal Coin dürfte zunächst in den USA launchen”
Mit Hinblick auf die regulatorischen Rahmenbedingungen glaubt Sandner an einen Launch des PayPal Coins in den USA. Die Vergangenheit habe bereits bewiesen, dass die Vereinigten Staaten hier das bevorzugte Einstiegsland seien.
In Europa könnte es schwieriger werden. Das hat zwei Gründe: erstens gibt es im Euroraum negative Zinsen. Jemand, der einen Euro-Stablecoin emittiert, würde somit unprofitabel arbeiten. Zweitens gibt es die MiCA-Verordnung, die die Hürden für das Anbieten von Stablecoins sehr hoch ansetzt.
Dr. Philipp Sandner gegenüber BTC-ECHO
Einen echten Wettbewerbsnachteil für den Euroraum sieht der Wirtschaftswissenschaftler damit jedoch nicht. “Das führt langfristig vielleicht dazu, dass der Euro als Weltwährung latent unwichtiger wird. Für mich ist es aber nicht unbedingt ein Nachteil, dass der Kryptowährungsbereich vom US-Dollar geprägt ist”, so der 41-Jährige. Wesentlich problematischer sei das schwindende Vertrauen in den Euro durch die Zunahme der Inflation.