Tschüss Geschäftsbanken CBDC: So kann digitales Zentralbankgeld Soforthilfe für unsere Wirtschaft leisten

Staaten und Notenbanken versuchen alles, um eine Verschlimmerung der wirtschaftlichen Lage zu verhindern. Das Problem: Sie sind auf die Infrastruktur der Banken angewiesen, die eine direkte Hilfe für Unternehmen und Menschen erschwert. Warum die aktuellen Hilfsmaßnahmen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) viel zu umständlich sind, warum man in den USA überlegt, Wallets bei der Zentralbank Fed einzurichten und wieso digitales Zentralbankgeld (CBDC) eine Gefahr für unsere Privatsphäre bedeutet. Ein Kommentar.

Sven Wagenknecht
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Beitragsbild: Shutterstock

Im Zuge der Corona-Krise müssen Notenbanken zu drastischen Maßnahmen greifen, um die wirtschaftlichen Folgen abzuschwächen. Welche Risiken mit diesen Maßnahmen verbunden sind und welche Auswirkungen das auf unsere Geldwertstabilität hat, haben wir bereits in mehreren Artikeln erläutert.

Die BlockchainTechnologie und insbesondere das Konzept des digitalen Zentralbankgeldes, sogenannter Central Bank Digital Currency (CBDC), versprechen neue Eingriffsmöglichkeiten der Währungshüter. Vor allem direkte Hilfen wie Helikoptergeld und Unternehmenskredite könnten effektiver als durch die bestehende Geschäftsbankeninfrastruktur peer to peer abgewickelt werden.

Geschäftsbanken erschweren Corona-Soforthilfe

Gerade in der Krise kommt es auf ein gut funktionierendes Bankensystem an. Das Problem ist, dass genau dieses eine schnelle Hilfe der Bevölkerung und Unternehmen verhindert. Zum einen weil Banken selbst zu Opfern der Krise werden und zum anderen weil ihre Infrastrukturen veraltet sind. Ein Beispiel, das dies verdeutlicht, sind die Hilfskredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau, kurz KfW.

So müssen Antragsteller, die Hilfen von der staatlichen KfW bekommen möchten, den Weg über ihre Hausbank gehen. Die Hausbank wiederum vergibt den Kredit und sichert den Großteil des Kreditvolumens (zwischen 80 und 90 Prozent) wiederum bei der KfW ab. Soll bedeuten, die KfW haftet für den Großteil der Kredite, auch wenn der Kredit über die Hausbank abgewickelt werden muss. In der aktuellen Situation ist dies auch absolut nötig, da Banken nicht mehr ihrer Aufgabe, der Versorgung der Realwirtschaft mit Krediten, nachkommen. Aus Risikogesichtspunkten kann man den Geschäftsbanken dabei keinen Vorwurf machen.

Staaten und Notenbanken sind die Hände gebunden

Auch wenn es im Interesse aller Beteiligten sein sollte, die Geschäftsbanken aus diesem Prozess auszuschließen, da diese nur im Weg herumstehen, ist man auf sie angewiesen. Schließlich haben die Unternehmen und Bürger ihr Konto bei ihrer Hausbank und nicht bei der KfW, Bundesbank oder EZB.

Wenn man als Staat oder Notenbank unmittelbare Hilfe leisten möchte, ist man von der Geschäftsbankeninfrastruktur abhängig. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen können sich dabei auf bürokratische und langsame Prozesse einstellen.

Börsenunternehmen können hingegen direkt von der Zentralbank profitieren. So behält sich die EZB beispielsweise vor, auch Unternehmensanleihen guter Bonität aufzukaufen. Davon profitieren allerdings nur die allerwenigsten Unternehmen und vor allem der Finanzmarkt. 99 Prozent der Unternehmen haben von diesen Notenbankmaßnahmen nichts.

Beispiel USA: Wenn das Helikoptergeld mit der Postkutsche kommt

Ein weiteres Beispiel, das die Ineffizienz des gegenwärtigen Geldsystems aufzeigt, findet sich in den USA. Zur Corona-Soforthilfe wird in den USA Helikoptergeld diskutiert. So sollen die Bürger zeitnah Schecks erhalten, um ihre dringlichsten Kosten zu decken. Gerade für die ärmere Bevölkerung ist die Situation noch viel ernster als in Deutschland mit seinem vergleichsweise guten Sozialsystem.

Viele dieser ärmeren US-Bürger besitzen kein Bankkonto und müssen zu speziellen Scheck-Wechselstuben gehen, bei denen für eine Gebühr von rund 3,5 Prozent der Scheck gegen Bargeld eingetauscht wird.

Vollkommen absurd, bedenkt man, dass die Menschen möglichst zu Hause bleiben sollten. Zudem zahlt man unnötige Gebühren an Mittelsmänner, die die Hilfsleistung schmälern. Auch hier ist die defizitäre und sozial ungerechte Geschäftsbankeninfrastruktur ein Hemmschuh in der direkten Krisenbekämpfung. Aber auch für Menschen mit Bankkonto ist dieser Vorgang eine Farce. Seit fast drei Jahrzehnten schicken sich Menschen E-Mails auf der ganzen Welt zu, aber wenn es um Geldtransaktionen von A nach B geht, muss die Postkutsche ausfahren, um Schecks an 327 Millionen Amerikaner auszuteilen.

Mit digitalem Zentralbankgeld gegen Ineffizienzen

Um dieses rückständige Distributionsverfahren zu ersetzen, schlagen die Wissenschaftler Morgan Ricks, Professor an der Vanderbilt University, und Lev Menand, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Columbia Law School, vor, digitale US-Dollar herauszugeben. So liegt bereits im Haus der Demokraten ein entsprechender Gesetzesentwurf vor. Es wäre also möglich, dass alle US-Bürger direkt bei der Notenbank, ohne den Umweg über Finanzinstitute, eine Wallet bei der Notenbank (FedAccount) erstellen.

Da eine Notenbank nicht insolvent gehen kann, würde zudem auch das Ausfallrisiko der Geschäftsbanken umgangen werden. Dieser Vorschlag wäre nicht nur sozial gerecht, da er die sieben Prozent der Amerikaner ohne Bankkonto mit einschließt, sondern würde auch die Corona-Ausbreitung deutlich reduzieren, da keine physischen Maßnahmen mehr notwendig wären. Zudem wäre die Verbuchung praktisch unmittelbar und die Kosten zu vernachlässigen.

Sozialisierung der Finanzinfrastruktur hat auch Kehrseiten

Auch wenn die Vorteile für Staaten und Notenbanken unmittelbar den Zahlungsempfängern helfen, bedeutet eine Umstellung auf sogenannte FedAccounts, dass man private Infrastruktur verstaatlicht. Genauso wie Brücken, Straßen oder Abwasserkanäle in überwiegend staatlicher Hand sind, würde auch die Zahlungsinfrastruktur von überwiegend privat auf staatlich wechseln. Die Eingriffsmöglichkeiten vom Staat in das Vermögen wären im Positiven wie im Negativen gravierend.

So groß der Vorteil dieser Variante des digitalen Zentralbankgeldes ist – man muss hier zwischen den Anwendungsfällen von CBDC stark differenzieren –, würden sie umgekehrt massive Eingriffe in die Eigentumsverhältnisse der Menschen bedeuten. Mit dieser neuen Token-Infrastruktur wäre der Staat beispielsweise unmittelbar in der Lage, via Smart Contract eine variable Besteuerung des Kontoguthabens vorzunehmen.

Das Ende vom Bargeld

Die Einführung von digitalem Zentralbankgeld würde gleichzeitig auch das Ende von physischem Bargeld bedeuten. Das Geld auf dem Konto der Geschäftsbanken ist nämlich kein Zentralbankengeld und kein gesetzliches Zahlungsmittel. Stattdessen handelt es sich um Buch- beziehungsweise Giralgeld, das lediglich eine Verbindlichkeit darstellt. Für dessen Schöpfung sind die Geschäftsbanken, nicht aber die Zentralbanken verantwortlich. Bargeld hingegen wird nur von den Zentralbanken begeben. Wenn dieses digitalisiert wird, wird damit auch das teure und schlecht kontrollierbare Bargeld obsolet.

Privatsphäre und Anonymität wären dann ausschließlich noch via Kryptowährungen mit entsprechenden Privatsphäre-Eigenschaften möglich.

Die Entscheidung ist bereits gefallen

Auch wenn die unmittelbare Umsetzung von FedAccounts unwahrscheinlich ist, wird es in naher Zukunft CBDCs geben. Durch den hohen Verschuldungsgrad wird unsere Ökonomie immer instabiler, sodass eine direkte Lenkung für den Staat und die Notenbank immer wichtiger wird. Auch besteht ein Wettrennen zwischen China, USA und Europa. Wer es schafft, digitales Zentralbankgeld intelligent in eine Smart-Contract-Infrastruktur einzubetten, hat gute Chancen, die nächste Leitwährung zu stellen.

Die USA wollen sicherlich nicht ihre Pole Position verlieren und vom bald erscheinenden digitalen Renminbi verdrängt werden. Auch China möchte sich mit seiner CBDC von der Geschäftsbankeninfrastruktur unabhängig machen. So wurden bereits Tests mit dem Unternehmen Alibaba vorgenommen. Auch andere Unternehmen beziehungsweise Nicht-Banken sollen für die Distribution des digitalen Renminbi genutzt werden.

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