Mit Caroline Ellison präsentierte die Staatsanwaltschaft gestern eine ihrer wichtigsten Kronzeuginnen im Prozess gegen Sam Bankman-Fried (SBF). Die ehemalige Geschäftsführerin von Alameda Research belastet den FTX-Gründer schwer. BTC-ECHO fasst die wichtigsten Aussagen zusammen.
In einem roten Kleid betritt Caroline Ellison gestern den Gerichtssaal in New York. Prozessbeobachter fieberten ihrem Erscheinen lange entgegen, gilt sie doch als eine der Schlüsselfiguren des Prozesses um den FTX-Gründer. Und ihre Erwartungen wurden nicht enttäuscht.
Schon zu Beginn feuerte die Ex-Freundin gegen SBF und gab tiefe Einblicke in die romantische Beziehung der beiden Führungskräfte. “Haben Sie Straftaten bei FTX begangen?”, fragte die Staatsanwaltschaft zu Beginn der Anhörung. “Ja, Betrug”, antwortete Ellison. “Wie war Sam Bankman-Fried in diese Straftaten verwickelt?” Ellison: “Er war zu diesem Zeitpunkt der Geschäftsführer von Alameda. Sam hat mich angewiesen, diese Straftaten zu begehen.” Dann ging sie tiefer ins Detail.
Hier flossen die veruntreuten Milliarden hin
Nicht nur bestätigte Ellison die Aussagen vorheriger Zeugen, wie Gary Wang oder Adam Yedidia, wonach Alameda mehrere Milliarden US-Dollar an Kundengeldern von FTX abzog, um Investments zu tätigen, Kreditgeber auszubezahlen, neue Kredite aufzunehmen und Gelder in Stablecoins umzuwandeln. Insgesamt soll sie 14 Milliarden US-Dollar an Kreditoren überwiesen haben. SBF habe dabei gewissermaßen das systemische Fundament dieses “Betrugs” gelegt.
Ellison selbst habe dabei auch die Bilanzen von Alameda frisiert, um den Krypto-Hedgefonds “weniger riskant” gegenüber institutionellen Investoren darzustellen.
Generell verfügte Alameda über zwei Wege, um Gelder von FTX für ihre Zwecke zu verwenden. Ellison bestätigte einerseits das verschleierte Bankkonto, über das Kunden von FTX Geld bei Alameda einzahlten. Über die gesamte Lebensdauer des Unternehmens flossen so zwischen 10 und 20 Milliarden US-Dollar an die Trading-Firma.
Andererseits räumte sie auch das “unbegrenzte Kreditlimit” des Krypto-Hedgefonds ein. Damit konnte Alameda unter anderem Coins abheben, die sie nicht besaßen. Von dem Gesamtvolumen von 65 Milliarden US-Dollar habe sie jedoch nichts gewusst und beschuldigte SBF, diese Information nicht öffentlich kenntlich gemacht zu haben.
Parallel sagte Ellison aber auch, dass ein Kreditlimit von 100 bis 200 Millionen US-Dollar ausreichend gewesen wäre, um Alamedas Verpflichtungen als Marketmaker nachzukommen.
FTX nutzte Kundengelder, um Binance auszuzahlen
Auch das Investment von Binance in FTX in 2019 war ein Thema der Anhörung. Das Unternehmen von Changpeng Zhao kaufte große Summen des hauseigenen Token von FTX (FTT). Langfristig sah SBF dieses Investment jedoch als Gefahr für sein Krypto-Unternehmen, weshalb er die Firmenanteile von Binance zurückkaufen wollte.
Das Problem laut Ellison – es fehlte Geld. Zwar hatte FTX zu dem Zeitpunkt gerade eine Milliarde US-Dollar aus einer Finanzierungsrunde erhalten, die Summe reichte jedoch nicht. SBF und Ellison nutzten daraufhin das Kreditlimit von Alameda, um den Rückkauf zu ermöglichen. Letztlich ging der Deal mit Binance im Juli 2021 über die Bühne.
FTT: ein Goldesel für SBF
Über den Zweck von FTT sagte Ellison, dass der hauseigene Token als Mittel verwendet wurde, um weitere Kredite, etwa bei der Lending-Firma Genesis, aufnehmen zu können. Zunächst sei FTT nicht in der Bilanz von FTX inkludiert gewesen, später jedoch schon.
Wenn große Mengen von FTT auf den Markt gespült wurden, soll SBF Ellison angewiesen haben, das Volumen aufzukaufen, den Kurs so stabil zu halten, um letztlich Kredite nicht zu gefährden. Laut Ellison sei SBF dabei “verärgert” gewesen, wenn sie mit anderen über die FTT-Trading-Aktivitäten von Alameda sprach.
“Sam wollte Präsident der Vereinigten Staaten werden”
Neben dem operativen Geschäft gab Ellison auch Einblicke in ihre private Beziehung zum FTX-Chef.
Ellison und Bankman-Fried lernen sich bei der Trading-Firma Jane Street an der Wall Street kennen. Er ist Trader, sie Praktikantin. Später verlässt SBF das Unternehmen und gründet Alameda Research. Ellison wird eine seiner ersten Mitarbeiterinnen. 2021 steigt sie zur Co-CEO auf, 2022 zur Geschäftsführerin.
Die Berufs- und Privatleben der beiden vermischen sich. Im Sommer 2020 führen SBF und Ellison eine On-Off-Beziehung. Dabei verrät ihr der FTX-Gründer, er wolle Präsident der Vereinigten Staaten werden. Später beziehen sie gemeinsam mit anderen Führungskräften ein von Alameda finanziertes Millionenpenthouse auf den Bahamas.
Die Anhörung der ehemalige CEO von Alameda Research war bislang die längste Zeugenaussage in dem Prozess. Heute Nachmittag, gegen 16:30 Uhr deutscher Zeit, soll sie ihre Aussagen fortsetzen. Danach will die SBFs Verteidigung Ellison ins Kreuzverhör nehmen.