Es ist nicht so, als ob man sich als Nachrichtenportal für Bitcoin und Blockchain gänzlich davon frei machen könnte. Die marktschreierischen Zukunftsprognosen à la „Bitcoin-Kurs bis Jahresende bei 1.000.000 US-Dollar“ erregen mindestens genauso viel Aufmerksamkeit wie bedrohliche Prognosen, die befürchten lassen, dass Bitmain das gesamte Ökosystem zerstört. Da hilft nur eines: einordnen.
FUD: Kann man Bitcoin vernichten?
Der anstehende Börsengang von Bitmain kann durchaus Sorgen bereiten. Was da stattfindet, ist eine weitere Zentralisierung von Macht, die alles andere als ein dezentrales Geldsystem ist. Bitmain ist nicht nur im Besitz von 70 bis 80 Prozent der Mining-Geräte, das Unternehmen betreibt auch selbst viele Bitcoin-Miner. Dass Bitmain also deutlich zu viel Macht hat ist kaum zu bestreiten. Auch dass Bitmain mit ihrer Antpool-Mining-Kolonie recht nahe an den 51 Prozent für einen Angriff auf die Blockchain ist, kann selbst härteste Bitcoin-Enthusiasten dazu bringen, sich die Haare zu raufen.
Antbleed und die Reaktion der Community
Doch ausfallen müssen sie deshalb noch lange nicht: Denn genau solche Gefahren sind es, die die Community dazu bringen, zu reagieren und das System zu verbessern. Bestes Beispiel: Antbleed. Allem Anschein nach hatte sich Bitmain in die Antminer eine Hintertür eingebaut, um darüber Eingriffe auf die Geräte durchführen zu können. Die Community reagierte darauf jedoch umgehend – das Ergebnis dürfte den meisten unter dem Namen SegWit bekannt sein (mehr dazu hier). Für die Bitcoin-Blockchain hatte das einen positiven Nebeneffekt: Mit SegWit dämmte die Community das Problem der Skalierung ein wenig ein.
Auch dem Schreckgespenst „51-Prozent-Attacke“ gehört etwas die Krallen geschnitten: Es ist nicht so, dass eine Entität mit über 51 Prozent der Hashrate für immer unerkannt Double-Spending-Attacken durchführen könnte. Der Proof-of-Work-Konsens sieht vor, dass die Blockchain mit dem meisten Proof of Work als die wahre angesehen wird. Sollte nun ein Angreifer „seine“ Version der Blockchain in das System einschleusen, würde man das erkennen. Die ursprüngliche, echte Version der Blockchain würde von den Nodes abgelehnt werden, was die Nodes als eine Chain Reorganization wahrnehmen würde.
Nichtsdestotrotz: Die zunehmende Zentralisierung des Minings und Bitmain als großen Player sollte man wachsam im Auge behalten. Wer Minen will, sollte sich vielleicht nach Alternativen umsehen. Außerdem gilt: Be Your Own Bank. Jeder Einzelne kann das Geschehen auf der Bitcoin-Blockchain verfolgen.
Krypto-Dienstleister kämpfen mit zweischneidigen Schwertern
Die zunehmende Zentralisierung im Bitcoin-Ökosystem ist ein zweischneidiges Schwert. Der Wunsch der Krypto-Spießer nach mehr Sicherheit mag durchaus berechtigt sein. Schließlich treten verschiedene Dienstleister zwischen Anleger und Kryptowährungen und vereinfachen damit den Zugang zu Kryptowährungen ungemein. Doch auf der anderen Seite führen sie die Idee eines dezentralen Geldsystems ad absurdum. Grund, in Panik auszubrechen? Mitnichten. Letztlich bleibt es jedem selbst überlassen, seine eigene Bank zu sein: Bitcoin macht’s möglich.
FOMO: Der Bitcoin wird explodieren
Doch wenden wir die Medaille und wagen einen Blick auf die andere Seite. Hier lautet die Quizfrage: Was macht Bitcoin noch möglich und ist genauso ungesund wie FUD? Die Antwort: FOMO.
Die Angst, etwas zu verpassen, verleitet nämlich mitunter dazu, zu viel Geld auf einmal ins System zu pulvern, ohne sich vorher richtig informiert zu haben. Nicht selten kommt es dazu, wenn Aussagen ohne Anhaltspunkte, geschweige denn Begründungen auftauchen und die frohe Botschaft verkünden.
Beispiel gefällig? Ran NeuNer von CNBC verkündete auf Twitter:
„Ich habe gerade Bitcoin für meine Eltern gekauft. Es ist zu offensichtlich, dass er bald explodieren wird.“
I just bought Bitcoin for my parents. It’s too obvious that it’s about to explode…
— Ran NeuNer (@cryptomanran) October 7, 2018
Nun, da wird sich jemand gehörig freuen.
Man kann also mit (für den Krypto-Space unwahrscheinlich hoher) Sicherheit festhalten, dass weder FUD noch FOMO gute Ratgeber sind. Bleibt nur noch eine, die wohl wichtigste aller Fragen:
Und der Bitcoin-Kurs?
Der Bitcoin-Kurs liegt derzeit bei stabilen 6.590 US-Dollar. Mit einem wöchentlichen Plus von 0,5 Prozent und einem monatlichen Plus von 5,5 Prozent ist er damit vergleichsweise stabil. Seine oft bemängelte Sprunghaftigkeit hält sich derzeit stark in Grenzen – für explosionsartige Ein- und Ausbrüche gibt es derzeit nur wenig Anhaltspunkte. Laut Volatilitätsindex liegt seine USD-Volatilität derzeit bei schlappen 1,57 Prozent in der Schätzung für die nächsten 30 Tage. Zwar ist er damit noch nicht so „stabil“ wie die Hauptfiatwährungen. Doch manchen traditionellen Währungen kann er bereits das Wasser reichen. Ebenso ist die Anzahl an Bitcoin-Transaktionen zwar nicht mehr so hoch wie im Dezember 2017, aber nimmt seit Juli 2018 wieder stetig zu.
So weit, so positiv. Auch wenn dank der geringen Volatilität einige Optimisten der Überzeugung sind, dass damit eine neue Welle der Bitcoin-Adaption beginnt, sollte man den Einfluss einer geringen Volatilität auf Krypto-Börsen nicht ignorieren. Das Handelsvolumen auf verschiedenen Börsen ist auf Niveaus gefallen, die Bitcoin seit Anfang 2017 nicht mehr sah. Wohin die Reise geht, ist also noch unklar, fest steht, dass es Ende September mal wieder zu einem fehlgeschlagenen Test des MA20 im Wochenchart kam. Bis zum Bullenmarkt dauert es also noch etwas.
BTC-ECHO