Bitcoin-Börse Bitfinex plant offenbar Token Sale: Was steckt hinter dem „Leo Token“?

Die Bitcoin-Börse Bitfinex plant allem Anschein nach einen neuen Coup: Der „Leo Token“ soll neues Kapital in die Kassen spülen. Dabei konnte das Unternehmen von den Cayman-Inseln nicht gerade des Vertrauen seiner Anleger wecken. 

Phillip Horch
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Beitragsbild: Shutterstock

Spätestens am 25. April erweckte die Staatsanwaltschaft des US-Bundesstaates New York erhebliche Zweifel an der Bitcoin-Börse Bitfinex und vor allem an ihrer Vertrauenswürdigkeit. In Zusammenarbeit mit ihrer Tochterfirma Tether Limited habe sie sich unlauterer Methoden bedient. Gegenstand der Klage sind 850 Millionen US-Dollar. Diese Summe soll Bitfinex verloren bzw. veruntreut haben. (Mehr dazu hier: Wie Bitfinex & Tether dem gesamten Ökosystem schaden).

Nun kündigt Zhao Dong, ein Anteilseigner des Unternehmens, in einem Tweet vom 4. Mai an, dass Bitfinex ein Initial Exchange Offering anbieten will. Damit, so kann man dem zugehörigen Dokument entnehmen, erhofft sich die angeschlagene Bitcoin-Börse, eine Milliarde US-Dollar in „Leo-Token“ einzusammeln:

Näheres zum Bitfinex-IEO

Laut dem – offiziell bisher nicht bestätigten Dokument – will das FinTech-Unternehmen iFinex als Muttergesellschaft von Bitfinex den LEO-Token herausgeben. Wie man dem Dokument weiter entnimmt, plant iFinex, LEO Token im Wert von „bis zu“ einer Milliarde USDt (Tether) herauszugeben. Die Leo Token dienen dann laut obigem Dokument als Utility Token innerhalb des iFinex-Ökosystems.

Dabei versprechen sie den Nutzern folgende Vorteile:

  • Alle Gebühren im Bereich Krypto-zu-Krypto, aber auch Krypto-zu-Stable-Coin werden bei der Verwendung der LEO Token um 15 Prozent reduziert;
  • Abnehmergebühren werden mit zusätzlichen zehn Prozent reduziert, wenn die Trader durchschnittlich mehr als 5.000 USDt in LEO Token während des laufenden Monats in ihrem Account hielten.

Außerdem plant Herausgeberin iFinex, die Gebühren exponentiell zu senken; wer Trades in höheren Größenordnungen durchführt, soll dementsprechend höhere Rabatte bekommen – stets vorausgesetzt, die Trader verwenden USDt bzw. den Leo Token.

BitFinex-Dokument: Rechtlich nicht bindend, Echtheit nicht bestätigt

Alle obigen Informationen entstammen einem Dokument, das im Internet kursiert. Auf ihm selbst ist außerdem der Hinweis zu finden, dass es rechtlich nicht bindend ist; es handele sich vielmehr um ein Marketing-Dokument, in keinem Fall jedoch um ein White Paper für einen entsprechenden Utility Token, als welcher der Leo Token auch ausgeschrieben ist – das Dokument ist geleakt.

Rechtliche Hintertüren

Dennoch versäumen es die Herausgeber des Dokuments nicht, zugleich einen großen Personenkreis auszuschließen. So soll der LEO Token nicht für Menschen aus folgenden Jurisdiktionen verfügbar sein:

  • United States of America
  • Kanada
  • Cuba
  • Nordkorea
  • Iran
  • Pakistan
  • Syrien
  • Venezuela
  • Krim

Ferner schließe der (geplante) Token Sale auch direkt alle Menschen aus, die aus Rechtsgebieten kommen, in denen der Token Sale „ungesetzmäßig sein könnte.“ Schließlich, so räumen die Herausgeber ein, seien jegliche Informationen auf die Zukunft bezogen und daher solle man sich auf dessen Inhalt „nicht verlassen“.

Einen wichtigen Punkt darf man im Dokument nicht übersehen. So teilt die iFinex mit, dass es sich zunächst um einen privaten Token Sale handelt:

Bis zu einer Milliarde Token werden […] herausgegeben. Die Token werden in einer privaten Runde ausgegeben, ohne das Vorhaben einer generellen Liquidierung oder einer Werbung. Falls jedoch Token übrig bleiben sollten, können sie unter Zustimmung der Herausgeberin weitergegeben werden.

Somit findet der Verkauf der Leo Token also im Privaten statt – die Öffentlichkeit bzw. die einzelnen Nutzer der Börse schließt iFinex damit vorerst aus.

Leo Token Burn: Wenn Geld verbrannt wird (und was im Hintergrund geschieht)

Einmal pro Monat soll die Löwenmähne dann brennen. Denn wie das Dokument weiter verrät, will iFinex jeden Monat Leo Token zurückkaufen, bis insgesamt lediglich 100 Millionen Leo Token übrig bleiben, den Rest will man in den digitalen Brennofen schaufeln. (Bei einem Token Burn werden überschüssige digitale Münzen verbrannt bzw. gelöscht, um etwa wie bei Tether deren Grundwert zu erhalten). Selbiges soll mit jenen Token geschehen, die zum Bezahlen von Gebühren dienen. Dazu will man die monetären Rücklagen von Crypto Capital, einer weiteren Firma im Bitfinex-Dunstkreis verwenden: Dafür räumt sich Bitfinex/iFinex/Crypto Capital allerdings 18 Monate Zeit ein – offenbar für den Fall, dass es (mal wieder) zu Zahlungsengpässen kommen sollte.

Einordnung & Auswirkungen der Vorgänge

(Spätestens) seit Bitfinex unter offiziell bestätigtem Generalverdacht steht, Gelder zu veruntreuen, sinkt das Trauen der Bitcoin-Community in die Börse stetig. Das schlägt sich unter anderem im Bitcoin-Kurs aus. Während dieser bei Coinmarketcap aktuell knapp 5.700 US-Dollar notiert, liegt er auf Bitfinex bei knapp 5.952 US-Dollar. Aufgrund dieser Preisunterschiede, die nicht zuletzt damit zusammenhängen, dass Bitfinex-Nutzer ihre Tether loswerden wollen und BitFinex nach wie vor die Vorwürfe des Wash Trading nicht abschütteln konnte, dürfte es in Zukunft schwierig werden, das bröckelnde Vertrauen der Bitcoin-Gemeinde wieder einzusammeln – auch nicht mit einem neuen Token.

Was ist dran am Token Sale?

Bis zu einem Auftauchen eines offiziellen White Papers bleiben Zweifel an der Echtheit des Dokuments bestehen. Denn außer jenem Anteilseigner, der das Dokument leakte, gibt es bis jetzt keine offizielle Quelle, die das Initial Exchange Offering bestätigt. Dennoch würde ein solcher für die Bitcoin-Börse Sinn ergeben. Denn durch eine Umschuldung des US-Dollar-Ersatzes Tether (von dem man nach wie vor nicht weiß, ob er tatsächlich gedeckt ist) in den neuen Utility Token Leo, der nicht an feste Werte gekoppelt ist, könnte man sich theoretisch nach und nach aus der Affäre schleichen.

Auf der offiziellen Bitfinex-Homepage gibt es bisher keine Hinweise seitens der Bitcoin-Börse.

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