Die Blockchain-Technologie kann mehr als Bitcoin. Dieser Allgemeinplatz hat jedoch nur in Teilen aufseiten der Gesetzgeber Gehör gefunden. Sei es im Einsatz von Wertschöpfungsketten, der Digitalisierung von Verwaltungsapparaten und jüngst der Verwendung von Covid-19-Apps: An Use Cases für die Blockchain-Technologie mangelt es nicht. Doch die Bestrebungen der Politik erschöpfen sich meist in Worthülsen. Auf die Blockchain-Strategie der deutschen Bundesregierung sind bislang wenig Taten gefolgt.
Um der Blockchain-Adaption auf internationaler Bühne den nötigen Anstoß zu geben, hat das World Economic Forum (Weltwirtschaftsforum, WEF) nun einen Punkteplan erstellt. Die „Blockchain Bill of Rights“ enthält 16 Zielvorgaben, die „die Grundwerte für eine dezentralisierte Zukunft“ abbilden sollen. Der Plan wurde ein Jahr lang vom Global Blockchain Council des WEF unter Mitwirkung von Regierungsbeamten sowie von Vertretern aus der Zivilgesellschaft und Wirtschaft erarbeitet. Auf Grundlage dessen soll „eine globale Abstimmung zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor“ erreicht und Verbraucherrechte gestärkt werden, wie Sheila Warren, Leiterin der Blockchain-Abteilung beim Weltwirtschaftsforum, erklärt:
Das Blockchain-Ökosystem brauchte eine Grundlage für die Entwicklung von Anwendungen, die die Rechte der Benutzer wahren. Während unserer Ratssitzung wurde uns klar, dass wir dazu beitragen könnten, viele der bisherigen Fehler und Fehlschritte einzudämmen, wenn wir in der Lage wären, Entwicklern, Regierungen und Führungskräften ein Dokument im Stil einer „Bill of Rights“ zur Verfügung zu stellen.
Vier Säulen zum Schutz der Verbraucher
Die 16 Punkte sind in vier große Kategorien gruppiert:
- Transparenz & Zugänglichkeit: das Recht auf Informationen über das System
- Privatsphäre & Sicherheit: das Recht auf Datenschutz
- Vermittlung & Interoperabilität: das Recht, Daten zu besitzen und zu verwalten
- Verantwortung & Kontrolle: das Recht der Systemnutzer, die verfügbaren Rechtsmittel zu verstehen
Die Vorgaben definieren Verbraucherrechte und sind insofern ein erster Schritt in die richtige Richtung. Gerade im Hinblick auf Chinas staatseigenem DLT-Netzwerk, dem Blockchain-based Service Network, zeigt sich, dass die Technologie entgegen ihrem Ideal als Kontrollinstrument von Regierungen und zur Aushöhlung von Bürgerrechten genutzt werden kann. Da das Wort der WEF auf internationaler Bühne Gewicht hat, könnte der Punkteplan die Entwicklung der Technologie auf politischer Ebene in richtige Bahnen lenken.
Um die „Bill of Rights“ künftig in Gesetze zu gießen, baut das Blockchain Council der WEF ein Netzwerk aus verschiedenen Interessenverbänden auf. Zusammen mit Regierungen, Unternehmensvorständen, internationalen Organisationen sowie mit Entwicklern von Hyperledger und Ethereum sollen in kommender Zeit konkrete Umsetzungspläne folgen.
Aya Miyaguchi, Geschäftsführerin der Ethereum Foundation ergänzt:
Da offene und dezentralisierte Systeme immer weiter voranschreiten, haben wir gesehen, wie schwierig es sein kann, Richtlinien zu erstellen, die für verschiedene und sich entwickelnde Blockchain-Projekte gelten und die Teams bei der gemeinsamen Problemlösung unterstützen. Glücklicherweise und dank der harten Arbeit aller Beteiligten glaube ich, dass die Prinzipien einen hochrangigen Rahmen bieten werden, der wirklich dazu beitragen kann, dass diese Gespräche während der gesamten Lebensdauer der Technologie fortgesetzt werden können.
Warum der Verlust des öffentlichen Vertrauens in die Politik eine der größten gesellschaftlichen Krisen darstellt und wie die Blockchain-Technologie Abhilfe leisten könnte, erklärt uns Sheila Warren im exklusiven Interview.