Silk Road: Über die Seidenstraße in den Knast

Silk Road hat Geschichte geschrieben. Die Plattform ist schnell zum beliebtesten Umschlagplatz für illegale Waren im Darknet aufgestiegen. Doch so rasch sich Silk Road auch einen zweifelhaften Namen gemacht hat, unter den wachsamen Augen der Behörden war ihre Zerschlagung nur eine Frage der Zeit und Betreiber Ross Ulbricht musste bald feststellen: Alle Wege führen nach Rom, die Seidenstraße in den Knast.

Moritz Draht
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Silk Road: Über die Seidenstraße in den Knast

Beitragsbild: Shutterstock

Bitcoin? Das ist doch diese Pseudowährung, mit der man Waffen und Drogen kaufen kann – solche Kommentare hat schon jeder aufgeschnappt, der sich mit Außenstehenden über die Kryptowährung unterhalten hat. Obwohl der Vorwurf im Kern an der Funktion der Währung vorbeizielt, ist der Einwand nicht ganz von der Hand zu weisen. Dies hat eine Plattform besonders eindrucksvoll unter Beweis gestellt, die sich in den Tiefen des Darknet ausgebreitet und einen Namen als größte Handelsplattform für illegale Waren gemacht hat: Silk Road.

Das Darknet, der blinde Fleck in den unendlichen Weiten des Web, lässt alle menschlichen Abgründe ohne Zensur und Kontrolle frei entfalten. Eine ideale Zone also, um Waren anzubieten, die normalerweise nicht in den Regalen der Supermärkte stehen. Das erkannten auch die Betreiber der „Seidenstraße“.

Silk Road ging Januar 2011 in Betrieb. Der anonyme Eintritt zum Drogen- und Waffenbasar erfolgte über die Einwahl eines VPN-Clients und über das TOR-Netzwerk. Dem zügellosen Konsum illegaler Waren stand also zunächst Tür und Tor offen.

Fortan hat sich die Plattform als beliebtester Schwarzmarkt für Drogen, Waffen und gefälschte Ausweise etabliert. Wer schon immer mal als Crack rauchender Satoshi Nakamoto mit einem Sturmgewehr flanieren wollte, hat in der Seidenstraße die passenden Accessoires gefunden. Zum Fest der Freude hat das Christkind seine Gaben hoffentlich anderweitig besorgt.

Bezahlt wurden die Waren mit Bitcoin, daher genießt die Kryptowährung noch heute einen zweifelhaften Ruf. Die Gründe für Bitcoin als Silk-Road-Währung liegen auf der Hand: Anonymität und schnelle Online-Transaktionen. Dass es mit der Anonymität häufig nicht weithergeholt ist, musste der Betreiber der Plattform jedoch am eigenen Leib erfahren.

Dread Pirate Roberts

Ein Administrator der Silk Road war besonders umtriebig und hinterließ seine Posts regelmäßig unter dem Namen „Dread Pirate Roberts“. Eingefleischte Silk-Road-Nutzer saßen mit ihren Flakgeschützen und Bergen gefälschter Ausweise vor den flimmernden Bildschirmen und erkannten: Das muss der Betreiber von Silk Road sein.

Dabei sind dem „Piraten“ ein paar grobe Fehler unterlaufen, die Ermittler auf seine Fährte lockten. Unter dem Pseudonym „altoid“ hat er im Forum „Bitcointalk“ um Hilfe für die Nutzung seiner Bitcoin-API gebeten. Dabei verriet er die Wallet-Adresse seines Dienstes:

$bitcoin->sendfrom(“1”, “1LDNLreKJ6GawBHPgB5yfVLBERi8g3SbQS”, 10)

Unter demselben Pseudonym hat er später im gleichen Forum für seinen illegalen Versandhandel geworben. Das zeugte schon nicht von viel Weitsicht, aber ein noch gröberer Fehler sollte folgen.

Erneut hat er als „altoid“ das Netz bereist und diesmal Software-Entwickler für Silk Road gesucht. Dabei ist er besonders penibel vorgegangen und hat freundlicherweise seine originale E-Mail-Adresse mitgeliefert: rossulbricht@gmail.com.

Auch ohne Trenchcoat und Detektivset konnte man nun das Puzzle zusammensetzen und eine direkte Verbindung von Dread Pirate Roberts über altoid zu Ross Ulbricht ziehen. Ulbricht hat sich mit Pauken und Trompeten selbst in den Fokus der Behörden gerückt, die sich allmählich für den Piraten interessierten. So fingen sie seine Post ab und fanden diverse Ausweise mit verschiedenen Identitäten, die jedoch alle das Konterfei Ulbrichts zierten.

Unter seinem echten Namen postete er zudem auf der Entwicklerplattform Stack Overflow eine Anleitung für den Zugriff auf Hidden Services wie Silk Road. Auch wenn er den Namen noch später in „frosty“ ändern sollte, seine Spuren konnte er dadurch nicht mehr verwischen.

Am 1. Oktober 2013 wurde er verhaftet. Behörden konnten ihn eindeutig identifizieren und anschließend auf die Anklagebank setzen. Das Urteil: Zweimal lebenslänglich plus 40 Jahre Haft, ohne Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung. Der Pirat wird also noch lange Däumchen im Dunkeln drehen.

Das Geschäft der Silk Road war für Ulbricht, abgesehen vom Strafmaß, äußerst profitabel. Laut Schätzungen soll Silk Road innerhalb von knapp zwei Jahren einen Umsatz von mehr als 214 Millionen US-Dollar generiert haben. Es ist also nicht verwunderlich, dass das Schwarzmarkt-Business Begehrlichkeiten weckte.

Agenten bereichern sich am Schatz des „Piraten“

Der Secret Service Agent Shaun Bridges war bei den Ermittlungen um den Silk-Road-Betreiber beteiligt und hat das schnelle Geld gewittert. Während der Ermittlungen hat er über eine Million US-Dollar in Bitcoin abgegriffen und versucht, diese unbemerkt in seine eigene digitale Brieftasche zu schleusen. Dafür hat er sich besonders ins Zeug gelegt und alle Hollywood-Register gezogen.

Als Auftragsmörder getarnt, hat er Geld von Ulbricht entgegengenommen, um den vermeintlichen Informanten, der gegen ihn aussagen sollte, zu töten. Anschließend hat er zusammen mit einem Kollegen den Tod des Informanten vorgetäuscht. Die beschlagnahmten Bitcoin wurden bereits 2015 von der US-Regierung versteigert. Shaun Bridges wurde im November 2017 verhaftet.

Sein Kollege Carl Force, ein ehemaliger DEA-Agent, wurde wegen Erpressung, Geldwäsche und Strafvereitelung sowie dem Diebstahl von Bitcoin verurteilt. Force war als Undercover-Agent in den Ermittlungen tätig und sollte die Identität Ulbrichts aufdecken. Später stahl er jedoch Bitcoin, die er schließlich auf den Krypto-Börsen Bitstamp und Venmo waschen wollte. Seine Accounts wurden jedoch wegen verdächtiger Aktivitäten eingefroren. Auch Carl Force wurde verhaftet und muss seit Oktober 2015 eine sechsjährige Haftstrafe absitzen.

Totgeglaubte leben länger

Es dauerte nicht lange, bis sich ein Ableger der Seidenstraße etablierte. Der Software-Entwickler Blake B. hat unter dem Pseudonym Defcon den Marktplatz nur fünf Wochen nach der Verhaftung von Ross Ulbricht kurz nach Weihnachten 2013 wiederaufgebaut. Die Festnahme Ulbrichts und die Zerschlagung der Silk Road hat ein Loch hinterlassen, das Blake füllen wollte. Dies gelang ihm auch, aber der Erfolg währte nicht lange.

Zum Verhängnis wurde Blake ein Undercover-Agent der DEA, der den Silk-Road-Führungszirkel infiltrierte. Dieser lokalisierte einen Silk-Road-Server im Ausland und fand heraus, dass er auf eine E-Mail-Adresse von Blake B. angemeldet war (welch Ironie, das erneut eine E-Mail-Adresse den Betreiber entlarvt). Nachdem der Agent die darüber versendeten E-Mails auswerten und Blake observieren ließ, kam auch er zu dem Schluss: Das ist der Betreiber von Silk Road 2.0.

Nach seiner Festnahme sollen Ermittler in Blakes Wohnung 100.000 US-Dollar in bar gefunden haben – Und einen Rechner mit unverschlüsselten Informationen über Verkäufer und Käufer auf Silk Road 2.0. Der Betreiber der wiederbelebten Seidenstraße ist in Großbritannien mittlerweile zu fünf Jahren und 4 Monaten Haft verurteilt worden.

Silk Road 2.0 ist in große Fußstapfen getreten, muss den Vergleich mit ihrem Vorgänger aber nicht scheuen. Laut Strafanzeige des FBI hatte die Seite zuletzt 150.000 aktive Nutzer, die für einen monatlichen Umsatz von acht Millionen US-Dollar sorgten. Den Betreibern rund um Defcon blieb immerhin ein Gewinn von etwa fünf Prozent – rund 400.000 US-Dollar im Monat. Der Handel mit illegalen Waren ist und bleibt ein lukratives Geschäft.

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