Krypto-Börsenvergleich Proof of Reserve: Wie voll sind die Kassen der Krypto-Börsen?

Seit dem FTX-Crash stehen die Bilanzen von Krypto-Börsen auf dem Prüfstand. BTC-ECHO hat sich die Zahlen genauer angeschaut.

Marlen Kremer
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Beitragsbild: Shutterstock

| Proof of Reserves: Pseudo-Transparenz oder Vertrauen schaffende Maßnahme?

Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit BTC-ECHO Redakteur Moritz Draht entstanden.

Wären die Löcher in der Bilanz von FTX rechtzeitig aufgefallen, hätte sich vielleicht Schlimmeres verhindern lassen. Börsen stehen nun unter Generalverdacht: Wie viele Rücklagen verwalten die Handelsplätze? Und wie setzen sie sich zusammen? Der Zusammenbruch von FTX hat Fragen über die Liquidität von Börsen aufgeworfen. Die reagierten und veröffentlichten Adressen ihrer Cold- und Hot-Wallets, um reinen Tisch zu machen: Proof of Reserve. Eine Übersicht über die jeweiligen Rücklagen.

Proof of Reserve: So viel Coins horten die Börsen

Fast 250 Handelsplätze werden auf Coinmarketcap gelistet. Die folgende Auswahl hat sich auf die größten Börsen beschränkt, die ihre Rücklagen auch öffentlich gemacht haben. Als Grundlage für diese Analyse dienen Daten der Analyseplattform Nansen, die sich an offiziellen Angaben der Handelsplätze orientiert. Dennoch betont Nansen, dass es sich dabei nicht um eine “vollständige oder umfassende Aufstellung der tatsächlichen Vermögenswerte oder Reserven, die die Börse für ihre Benutzer oder Kunden hält”, handele.

Einige Börsen, darunter Kraken und Bitmex, bieten zwar einen Proof of Reserve an, geben aber keine Gesamtübersicht heraus. Nutzer können individuell überprüfen, ob ihre Einlagen gedeckt sind. Vollständige Prüfungen der Bilanzen stehen bei den Börsen noch aus. Die neue Maßnahme kommt jedoch nicht ganz ohne Kritik aus: Kraken CEO Jesse Powell wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass Proof of Reserves ohne Angabe von Verbindlichkeiten unvollständig seien. Handelt es sich bei dem Ansatz lediglich um Pseudo-Transparenz oder wirklich um ein Vertrauen schaffendes Instrument?

Die folgende Grafik zeigt den Gesamtwert der jeweiligen Rücklagen. Dabei handelt es sich um Momentaufnahmen – die Bilanzen schwanken permanent. Mit 95 Milliarden US-Dollar (laut Quartalsbericht) liegen die größten Krypto-Bestände bei Coinbase. Gefolgt von Binance mit 62 Milliarden US-Dollar. Bitfinex hält insgesamt über sieben Milliarden US-Dollar in Kryptowährungen und liegt damit auf Platz drei.

Der Platzhirsch: Coinbase

Die börsennotierte US-Krypto-Börse Coinbase hält im Vergleich die meisten Rücklagen. Allein in Bitcoin rund 40 Milliarden US-Dollar. Knapp 15 Milliarden US-Dollar weniger stecken in Ether: 24 Milliarden US-Dollar. Fast ein Drittel machen Altcoins aus. Das Portemonnaie der Krypto-Börse hat sich auch durch institutionelle Investoren so gut gefüllt, für die Coinbase die Drehscheibe zum Krypto-Markt darstellt.

Binance setzt auf Stablecoins

Nach Coinbase verfügt die nach Handelsvolumen weltgrößte Krypto-Börse Binance über die höchsten Rücklagen. Das meiste davon in Stablecoins: rund 35 Milliarden US-Dollar. 20 Milliarden US-Dollar in BUSD, 15 Milliarden Dollar in USDT. Ein ordentliches Pfund, im Gegensatz zu hochvolatilen Kryptowährungen bleiben Stablecoins wertstabil und bilden damit ein gesundes Polster zur Absicherung von Kundengeldern. In den zwei größten Kryptowährungen Bitcoin und Ether hält Binance je 5,4 Milliarden US-Dollar.

Große Mengen hält Binance neben Bitcoin aber auch in BNB, dem eigenen Exchange-Token: Rund sieben Milliarden US-Dollar in BNB-Token befinden sich auf den Binance-Wallets. Angesichts der Krise um FTX gelten eigene Exchange-Token als Rücklageabsicherung eher als riskant.

Bitfinex: Riskantes Spiel mit eigenem Token?

Ein Drittel der Reserven besteht bei Bitfinex aus dem hauseigenen LEO-Token. Möglicherweise nicht die beste Grundlage, um Zweifel an der Liquidität aus dem Weg zu räumen. Den größten Brocken jedoch bildet Bitcoin mit etwa drei Milliarden US-Dollar. Dahinter Ether mit 1,2 Milliarden US-Dollar.

OKX: Großes Vertrauen in Tether

Fast die Hälfte der gesamten Rücklagen bestehen bei OKX aus USDT, dem Stablecoin von Tether. Grundsätzlich gelten Stablecoins als sichere Bank, sofern sie nicht algorithmisch abgesichert werden. Aber auch bei Tether gab es in der Vergangenheit immer wieder den Verdacht, die Kryptowährung sei nicht vollständig physisch gedeckt. Die zweitgrößte Position bei OKX bildet Bitcoin mit rund 1,5 Milliarden US-Dollar. Danach folgt Ether mit 1,1 Milliarden US-Dollar.

Huobi: Die Mischung macht's

Auch Huobi hortet die meisten Gelder in HT, dem eigenen Exchange Token. Wie fragil das blinde Vertrauen in den eigenen Token sein kann, hat sich beim FTX-Crash gezeigt. Möglicherweise sorgt der öffentliche Druck nach den noch ausstehenden Audits der Börsenreserven dafür, dass Handelsplätze weniger auf Exchange Token zurückgreifen als bisher. Darüber hinaus scheint das Portfolio mit USDT, BTC, TRX und ETH aber ausreichend diversifiziert.

Crypto.com ist auf den Hund gekommen

Bei Crypto.com gibt es eine Überraschung: Eine halbe Milliarde US-Dollar hat die Krypto-Börse in Shiba Inu geparkt. Das ist Novum, keine andere Börse hat ein derart großes Engagement in Memecoins. Noch vor einigen Monaten belächelt, hat sich die Kryptowährung jedoch unter den 15 größten nach Marktkapitalisierung eingependelt. Insgesamt scheint die Bilanz von Crypto.com ausgewogen: Stablecoin USDC, Memecoin Shiba Inu und die Zugpferde Bitcoin und Ether teilen sich in etwa gleich auf.

KuCoin: Wie sicher sind Börsen-Token?

KuCoin ist die nach Handelsvolumen viertgrößte Krypto-Exchange nach Binance, Coinbase und Kraken. Der Abstand zu Coinbase ist jedoch immens: Mit 2,5 Milliarden US-Dollar in Krypto-Assets verfügt KuCoin gerade mal über 2,6 Prozent der Einlagen von Coinbase. Auch hier liegt ein Schwerpunkt auf Stablecoins. In USDT sind 830 Millionen US-Dollar deponiert. Danach folgt mit KCS (444 Millionen US-Dollar) erneut ein Exchange Token. Vergleichsweise wenig hält die Börse in Bitcoin (260 Millionen US-Dollar) und Ether (192 Millionen US-Dollar).

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