Europa tut sich schwer, im internationalen Krypto-Wettbewerb mitzuhalten. Für Berthold Baurek-Karlic, CEO von Venionaire Capital, liegt der Grund dafür im strukturellen Umgang mit Finanzinnovation: “Wir sind extrem stark in Deep Tech und Forschung. Aber beim Zugang zu Kapitalmärkten und bei regulatorischer Flexibilität sind wir deutlich abgeschlagen.”
Die Folge: Start-ups weichen auf scheinbar agilere Standorte aus. “Viele Gründer sagen mir: Ich würde heute nicht mehr in der DACH-Region gründen, sondern in Singapur oder Dubai”, berichtet Baurek-Karlic. Für ihn ist das eine gefährliche Entwicklung – denn nicht überall sind die glänzenden Versprechen mit langfristiger Stabilität unterlegt.
Warum Dubai nicht die Lösung ist
“Regulatorische Stabilität ist ein unterschätzter Standortfaktor”, so Baurek-Karlic.
“Dubai oder Singapur wirken auf den ersten Blick attraktiver – weniger Steuern, mehr Flexibilität –, aber die rechtliche Planbarkeit fehlt oft.” Das betreffe vor allem Projekte, die langfristig Kapital einwerben oder regulatorisch saubere Strukturen benötigen. “Wir haben ein Büro in Dubai eröffnet, aber im Kryptobereich machen wir dort bewusst nichts.”

Stattdessen verweist er auf den Standortvorteil Europas – insbesondere unter MiCA. Zwar sei die Regulierung herausfordernd, aber sie biete erstmals verlässliche Regeln für Krypto-Unternehmen. “Wer regulatorisch anbinden möchte, hat mit MiCA heute in Europa die besten Bedingungen weltweit”, so Baurek-Karlic. “Wir sehen das gerade daran, wie internationale Börsen sich hier positionieren.”
Bitpanda als Standortkatalysator in Österreich
Ein Beispiel, wie ein lokaler Pionier regulatorische Kompetenz aufbaut, ist laut Baurek-Karlic Bitpanda. Das Wiener Unternehmen habe früh regulatorisches Neuland betreten – mit dem Ergebnis, dass die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) heute europaweit als kompetent im Krypto-Bereich gilt. “Die FMA wird oft als bürokratisch verschrien, aber sie hat sich durch Bitpanda früh Expertise aufgebaut. Heute profitieren davon auch internationale Player.”
So sei es kein Zufall, dass Börsen wie KuCoin und Bybit ihren MiCA-Antrag gerade in Österreich gestellt haben. “Der Standort ist vorbereitet – regulatorisch, personell, strukturell”, so Baurek-Karlic. Für ihn ein Modell, wie Regulierung zum Wettbewerbsvorteil werden kann.
Ein Aspekt, der Deutschland fehlt. Schließlich gibt es keine international relevanten Krypto-Unicorns, die aus Deutschland stammen. Auch fehlten in der Vergangenheit klare Vorgaben von der deutschen Finanzaufsicht BaFin, an denen sich Krypto-Unternehmen orientieren können. Eine offenere Kommunikation mit klaren Vorgaben, wie bei der österreichischen FMA, hätte für den deutschen Krypto-Sektor hilfreich sein können.
Regulatorischer Flickenteppich trotz EU-Recht
Für ihn ist klar: Europa braucht mehr regulatorische Kohärenz – und eine Vision, wie europäische Talente nicht gegeneinander, sondern gemeinsam global skalieren können. “Am Ende geht es nicht darum, ob ein Deutscher in Liechtenstein gründet. Sondern ob wir als EU und EWR den globalen Anspruch formulieren, mit unseren Technologien die Weltmärkte zu prägen.”
Baurek-Karlic sieht die Weichenstellung für Europas Krypto-Zukunft nicht in Steuervorteilen oder Werbeversprechen, sondern in klarer, stabiler Regulierung.
“Die Standortwahl ist kein Wettrennen um den niedrigsten Widerstand. Wer Vertrauen aufbauen will – bei Investoren, Nutzern, Partnern –, braucht Verlässlichkeit. Und genau hier hat Europa gerade die beste Ausgangslage weltweit.”
Das folgende Gespräch mit Berthold Baurek-Karlic fand im Rahmen des World Venture Forum 2025 in Kitzbühel statt.