Kein Token, kein Problem Die wirklichen Gewinner der Krypto-Branche

Während sich die Kurse der Kryptowährungen in der Sommerpause befinden, starten viele Dienstleistungsunternehmen des Sektors so richtig durch. Warum das große Geld trotz der Kursflaute ungebremst in die Branche fließt und wieso wir eine Inflation an Protokollen haben.

Sven Wagenknecht
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Ein Fahrrad mit Stützrädern

Beitragsbild: Shutterstock

Die letzten Tage waren geprägt von Unternehmensmitteilungen, die neue Produkte, Finanzierungsrunden, Übernahmen oder VC-Fonds im Krypto-Sektor zu vermelden hatten. So hat beispielsweise die Deutsche Börse das schweizer Fintech Crypto Finance AG für einen dreistelligen Millionenbetrag übernommen. Namhafte Krypto-Startups wie Nuri und Finoa konnten weitere Gelder einsammeln, Coinbase hat eine BaFin-Lizenz erhalten und Blockwall sowie Greenfield One konnten neue VC-Fonds mit Kryptowährungs-Schwerpunkt auflegen.

Anstatt in Kryptowährungen, fließt also viel Geld von institutionellen Investoren in Unternehmen, die selbst als Dienstleister, Technologieprovider oder Finanzierer in der Krypto-Industrie auftreten. Im Gegensatz zu den neuen Blockchain-Protokollen der letzten Monate konnten diese nicht gleichermaßen von explodierenden Kursen profitieren. Es besteht also ein Nachholbedarf in Relation zu den zahlreichen Protokollen, die seit Mitte 2020 auf den Markt gekommen sind.

Wohin mit den ganzen Protokollen?

So begrüßenswert die zahlreichen neuen Blockchain-Protokolle sind, muss man fragen, ob sie gegenwärtig wirklich so viel zur Krypto-Etablierung beitragen oder ob es vielmehr die Unternehmen sind, die eine Brücke zwischen der traditionellen Finanzwirtschaft und der Krypto-Ökonomie bauen. Ihnen haben wir es zu verdanken, dass nicht nur idealisierte Krypto-Enthusiasten Bitcoin und Co. kennen: Ohne die “onramps”, ergo klassischen Dienstleister, kommt die Nische nicht aus ihrer Nische heraus.

Es herrscht aktuell kein Mangel an Protokollen, sondern ein Mangel an Nutzbarkeit. Mit dem Hinzuaddieren eines realwirtschaftlichen Nutzens tun sich die meisten Protokoll-Anwendungen schwer. Börsen, Banken, Verwahrer, Berater, Wagniskapitalgeber oder sonstige Krypto-Akteure sind nicht nur Stützräder, sondern bilden die Grundvoraussetzung für eine wirkliche Transformation.

Für DeFi-Protokolle kann das etwa bedeuten, dass es ihnen hilft, wenn Banken oder traditionelle Finanzdienstleister APIs zu den Protokollen bauen, die den Kunden beispielsweise die Möglichkeit geben Lending oder Staking zu nutzen.

Wo wird das Geld im Krypto-Sektor verdient?

Wer verdient gegenwärtig besonders gut an der Krypto-Ökonomie? Neben den Anwälten und Kanzleien, die den Unternehmen den Zugang zu dieser neuen Ökonomie durch rechtliche Hilfestellung ermöglichen, sind das wohl vor allem Unternehmen, die Zugänge und Infrastruktur bereitstellen. Ohne die Infrastruktur der zentralen Dienstleister, ergo der klassischen Unternehmen, kommt die Infrastruktur-Bereitstellung der Blockchain-Protokolle einer teils sehr idealistischen Vorstellung gleich. Um den Grad an Dezentralität und Nutzung der Blockchain-Protokolle zu erreichen, braucht es Zwischenschritte durch genannte Mittelsmänner.

An genau diesen Geschäftsanteilen sind viele Wagniskapitalgeber oder Unternehmen interessiert, die sich eine große zukünftige Wertschöpfung von den Krypto-Unternehmen erhoffen. Dabei sind sie mehr an den Gewinnen der Unternehmen interessiert und weniger an der Token-Spekulation von Kryptowährungen der Protokolle, die kein Eigentums- und Gewinnanspruchsrecht verbriefen.

Lehren aus der Krypto-Bubble

Was passiert, wenn es kein stabiles Ökosystem aus Dienstleistern gibt, hat sich in der Krypto-Blase von 2017 und 2018 gezeigt. Neben zahlreichen Luftschlössern und unreifen Protokollen war es auch ein Mangel an substanziellen Dienstleistern, die zu Kursabstürzen führte. Die Wenigen, die es gab, standen selbst auf extrem wackeligen Beinen. Entsprechend fehlte es auch an einer Stütze respektive Basis, die den Bärenmarkt von 2018 und 2019 verhindern hätte können.

Genau das ist jetzt anders, indem die Dienstleistungsunternehmen weiter nachziehen und mehr “Boden” für die Protokolle ausbilden. Nachhaltige Kurssteigerungen der Kryptowährungen sind also auch immer an das Dienstleister-Ökosystem gebunden. Dass dieses nun verzögert zu den Kursen nachzieht, ist ein positives Signal für die Zukunft. Die Effekte der neuen Fundings, Fonds, Übernahmen oder Dienstleistungs-Produkte – und wenn es nur ein simpler Krypto-Sparplan ist –, machen sich nicht in Wochen bemerkbar. Sehr wohl aber stabilisieren sie die gegenwärtige Marktkapitalisierung der Protokolle und ermöglichen es ihnen, wieder neuen Schwung für die nächste Rallye einzuholen.

Keine Krypto-Adoption, ohne Fokussierung

Eine gewisse Pause an Protokoll-Neuemissionen würde dem Krypto-Sektor sogar guttun. Damit ein neuer Fokus und eine Ausdifferenzierung der bestehenden Protokolle vollzogen wird, braucht es auch eine Konzentration von Ressourcen, ausreichend Wettbewerb vorausgesetzt. Schließlich gestaltet sich die Ausdifferenzierung von Protokollen schwieriger als die der Dienstleister-Unternehmen. Während also das Geschäftsmodell einer Bank oder Börse gut verständlich ist, ist das bei vielen Protokollen oftmals nicht der Fall. Es scheint, dass manch ein Protokoll keinen klaren Fokus hat, außer mehr Kompatibilität, Skalierung und bessere Programmierbarkeit – um nur drei Buzzwörter zu nennen – in DeFi oder sonst einem Bereich zu bringen.

Durch die zahlreichen Unternehmensmeldungen der letzten Tage scheint ein gesundes Austarieren im Krypto-Sektor stattzufinden. Es braucht sowohl die vielversprechenden und visionären Protokolle mit ihren Kryptowährungen wie auch diejenigen, die dafür sorgen, dass Gesellschaft und Wirtschaft auch einen Nutzen daraus ziehen können.

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