Der Erdrutschsieg der Republikaner bei den US-Präsidentschaftswahlen löste im November eine enorme Euphorie am Krypto-Markt wie am traditionellen Aktienmarkt aus. Die Bitcoin-Community fieberte auf die strategische Reserve hin, die Krypto-Industrie feierte das Ende der restriktiven Gensler-Ära und an der Wall Street knallten die Korken in freudiger Erwartung von Steuersenkungen und Deregulierung. Doch statt der erwarteten Trump-Rallye kam es zu einem Beben an den Finanzmärkten, dass wohl selbst die ärgsten Kritiker des “Krypto-Präsidenten” nicht erwartet hatten. Ob Bitcoin oder Altcoins, ob S&P 500 oder NASDAQ 100 – überall dominieren rote Zahlen. Wie erschreckend die Bilanz der ersten 100 Tage von Donald Trump im Weißen Haus ausfällt und worauf sich Krypto-Anleger für das restliche Jahr 2025 einstellen müssen.
Trump gegen alle: So stark leiden die Krypto- und Aktienkurse unter dem Republikaner
Seit Richard Nixon erlebte der US-Aktienmarkt keine so fatale Korrektur unter einer neuen Regierung. Zu Beginn von dessen zweiter Amtszeit fiel die S&P 500 im Jahr 1973 um 9,9 Prozent, während es das Kabinett Trump II binnen seiner ersten 100 Tage “nur” auf einen Verlust von 7,5 Prozent (Schlusskurs 29. April) bringt. Die Kursgewinne aus der Rallye nach der Wahlentscheidung wurden dennoch vollständig ausradiert. Ähnlich fatal zeigt sich die Trumpsche Krypto-Zwischenbilanz: Trotz aller Lippenbekenntnisse zugunsten von Bitcoin, Ethereum und Co. fiel die Gesamtmarktkapitalisierung seit dem Tag der Amtseinführung um 15 Prozent auf 2,96 Billionen US-Dollar – ein horrender Bewertungsverlust von über 530 Milliarden US-Dollar.

Rechnet man die Krypto-Leitwährung heraus, erscheinen die Verluste unter dem Eindruck des von Trump entfesselten globalen Handelskrieges sogar noch dramatischer. Zwar handelt auch Bitcoin heute rund 11 Prozent unter dem Allzeithoch vom 20. Januar und kämpft im Moment des Schreibens weiter mit der 95.000 US-Dollarmarke. Doch gleichzeitig stieg die Bitcoin-Dominanz in den vergangenen 100 Tagen von 57,4 Prozent um insgesamt 6,2 Prozentpunkte auf nunmehr 63,6 Prozent. Das ist der höchste Stand seit über vier Jahren – eine Bestätigung der derzeitigen Altcoin-Schwäche.

Trotz einer leichten Erholung in den vergangenen beiden Wochen befindet sich der Altcoin-Sektor mit einem Verlust von knapp 30 Prozent im Bärenmarkt. Geht es um kurzfristige Renditeerwartungen, hat der erste Krypto-Präsident der Vereinigten Staaten also auf ganzer Linie enttäuscht. Dass Trump direkt zu Beginn seiner zweiten Amtszeit für Turbulenzen an den Kapitalmärkten sorgt, könnte allerdings auf strategisches Kalkül zurückzuführen sein.
Im Interview mit BTC-ECHO erklärt Thomas Mayer, Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute: “Klar sein dürfte ihm, dass man solche wüsten Dinge besser am Anfang einer Amtsperiode macht als am Ende. Denn er will sicherlich, dass sein Vizepräsident oder irgendjemand aus seinem Umfeld sein Nachfolger wird.” Zudem stehen schon im November 2026 die Zwischenwahlen statt, bei denen die Republikaner ihre Mehrheit in beiden Häusern verlieren könnten, wenn der US-Präsident seinen rücksichtslosen Kurs fortsetzt.
Die Krypto-Wende nimmt Fahrt auf
Während die Krypto-Kurse noch auf eine umfassende Erholungsbewegung warten, gibt es in regulatorischer Hinsicht bereits klare Fortschritte. Die neue US-Börsenaufsichtsbehörde (SEC) unter Führung von Interimschef Mark Uyeda hat nicht nur ihre Klagen gegen wichtige Krypto-Firmen wie Coinbase, OpenSea oder Ripple Labs eingestellt, sondern startete darüber hinaus auch mit einer eigenen Krypto-Taskforce, geleitet von der als “Crypto Mum” bekannten Hester Peirce. Das Ziel: Ein transparenter Krypto-Rechtsrahmen, damit die US-Industrie zum globalen Vorreiter auch in diesem neuen Sektor werden kann.
Vom starken Mann im Weißen Haus zum “Krypto- und KI-Zar” ernannt, will David Sacks nicht weniger als eine regulatorische 180-Grad-Wende in den USA durchführen. Ein erstes wichtiges Ergebnis der neuen Ära ist die Aufhebung der sogenannten Staff Accounting Bulletin 121. Die umstrittene Bilanzrichtlinie hatte Krypto-Verwahrdienste durch US-Banken quasi verunmöglicht. Nun wird es für die traditionellen Finanzinstitute deutlich attraktiver, selbst in den Krypto-Markt vorzustoßen. Dass die SEC sich aktuell mit einer Flut von ETF-Anträgen für XRP, Solana, Dogecoin und zahlreiche weitere Altcoins konfrontiert sieht, unterstreicht die optimistische Stimmung bei den großen TradFi-Akteuren.
Als bisheriger Höhepunkt der republikanischen Anstrengungen um Krypto muss allerdings die Executive Order gelten, mit welcher Donald Trump am 6. März die langersehnte strategische Bitcoin-Reserve verabschiedete und zugleich einen U.S. Digital Asset Stockpile einrichtete. Am Markt ging das Ereignis zwar als Sell-the-News-Event unter, doch für die Krypto-Leitwährung bedeutet es einen Ritterschlag, wenn die US-Regierung fortan ihre Coins hodlt und nach “haushaltsneutralen Strategien” sucht, um zusätzliche BTC zu akkumulieren. Schon BlackRock, Fidelity und Co. sorgten mit ihre Bitcoin ETFs für eine zusätzliche Legitimierung des noch jungen Assets, aber die Entscheidung des Weißen Hauses könnte langfristig eine nochmals deutlich stärkere Signalwirkung entfalten.
Die Krypto-freundliche Ausrichtung der Trump-Regierung bringt jedoch eine Schattenseite mit sich. Dass der 47. US-Präsident unmittelbar vor dem Inauguration Day einen eigenen Memecoin launchte und sich damit vor allem an seinen eigenen Wählern bereicherte, war vermutlich kein einmaliger Ausrutscher. In einem Negativszenario handelte es sich nur um den Auftakt eines “Shi*coin-Casinos auf Steroiden”, welches den Ruf der Krypto-Branche stark beschädigen könnte.
Bitcoin als Gewinner des Handelskrieges?
Bleibt die Frage zu klären, was die Trumpsche Zolloffensive mittel- bis langfristig für Bitcoin und den Altcoin-Sektor bedeutet. Insbesondere nach dem “Liberation Day” gab es für Krypto-Anleger zunächst eine kalte Dusche. Zeitweise stürzte der Bitcoin-Kurs auf 75.000 US-Dollar, während Ethereum sogar unter die 1.500 US-Dollarmarke fiel. Gegenüber BTC-ECHO erklärt James Butterfill von CoinShares, warum sich die Krypto-Leitwährung bislang besser behauptete “Sowohl Bitcoin als auch Altcoins sind in gewisser Weise Wachstumswerte – ähnlich wie Technologieaktien. Allerdings ist Bitcoin im Gegensatz zu Altcoins auch ein Wertspeicher in Krisenzeiten.”
Inzwischen gibt es erste Anzeichen, dass Trump seinen Worten nur eingeschränkt Taten folgen lassen wird. China habe den Zoll-Bluff durchschaut und Fed-Chef Powell dürfte seine Position vorerst behalten, heißt es in einem Krypto-Report von 10x Research. Trotzdem versucht der US-Präsident alles in seiner Macht stehende, um die US-Notenbank zu weiteren Zinssenkungen zu bewegen. Kein Wunder: Alleine in diesem Jahr müssen 9,2 Billionen US-Dollar an Staatschulden refinanziert werden. Ob das mit einer jährlichen Verzinsung von 4,25 Prozent oder 2,25 Prozent geschieht, bedeutet einen Unterschied von 161 Milliarden US-Dollar bei den jährlich fälligen Zinszahlungen.
Bitcoin könnte von einer Kombination aus Dollarabwertung und geldpolitischer Lockerung besonders profitieren, weil “Risiko-Assets” in einem Niedrigzinsumfeld in Kombination mit einem schwachen US-Dollar an Attraktivität gewinnen – behauptet Bitwise-Analyst Jeff Park. Auch Alexander Höptner, CEO von AllUnity, zeigt sich bullish gegenüber BTC-ECHO: “Wenn sich wieder darauf besonnen wird, dass Bitcoin ein Asset außerhalb der faktischen Auswirkung eines Handelskrieges und des klassischen Geldsystems ist, erwarte ich eine massive Aufwertung.”
Für den BitMEX-Co-Founder Arthur Hayes steht fest, dass die weitere BTC-Kursentwicklung vor allem davon abhängt “wie viele Dollar, Euro, Yen und Yuan geschaffen” werden. Was ihn jetzt optimistisch stimmt? “[Die Trump-Regierung] wird die Wirtschaft ankurbeln und mehr Geld drucken als je zuvor”, prophezeit der Bitcoin-Frühinvestor selbstbewusst. Den vergangenen Bullruns in den Jahren 2017/18 und 2021 ging jeweils ein starker Anstieg der globalen Geldmenge voraus. Welche Vorzeichen aktuell für und welche gegen das große BTC-Comeback in den kommenden Monaten sprechen, lest ihr in diesem Artikel: “Startet jetzt der Bitcoin-Bullrun oder droht ein Rückfall in alte Muster?“
Quellen
- Performance-Vergleich der verschiedenen Assets auf Tradingview
- Performance-Vergleich von Bitcoin und dem Altcoin-Sektor auf Tradingview
- Die Executive Order des US-Präsidenten zur Einrichtung einer Bitcoin-Reserve
- CNN-Umfrage zeigt die sinkende Zustimmung zu Trumps Wirtschaftspolitik
- X-Post von The Kobeissi Letter zu den fälligen US-Staatsschulden