Wer gewinnt? Banken vs. Krypto-Start-ups: Wer in Zukunft wirklich den Kürzeren zieht

In den letzten vier bis fünf Jahren hat sich ein Ökosystem an Krypto-Dienstleistern, wie Krypto-Börsen oder Hardware-Wallet-Hersteller, gebildet. Sofern man davon ausgeht, dass sich die Token-Ökonomie immer stärker etabliert, dürfte man annehmen, dass diese Dienstleister eine rosige Zukunft vor sich haben. Umgekehrt gibt es aber auch Gründe, die dafürsprechen, dass einige dieser Krypto-Unternehmen bald von der Bildfläche verschwinden. Warum es einigen Krypto-Dienstleistern in den nächsten Monaten an den Kragen gehen dürfte und was „tiefe Taschen” sowie der Stellenabbau im Bankensektor damit zu tun haben.

Sven Wagenknecht
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Die Grafik zeigt eine Schachpartie, in der die weiße Figur Schachmatt gesetzt wird.

Beitragsbild: Shutterstock

Was haben Nasdaq, Vanguard und Mitsubishi UFJ Financial Group, JP Morgan, Fidelity und die Deutsche Börse gemeinsam? Sie alle zählen zu den größten Finanzdienstleistern der Welt und haben Projekte vorzuweisen, die sowohl auf Distributed-Ledger-Technologie, Token-Infrastruktur als auch Krypto-Assets setzen. Während die Börsenbetreiber NASDAQ und Deutsche Börse ihre Infrastruktur für digitale Assets vorbereiten, hantieren die Banken JP Morgan und MUFG an eigenen Stable Coins und die Vermögensverwalter Fidelity und Vanguard wiederum testen digitale Wertpapiere oder richten einen Krypto-Custody-Service für ihre Kunden ein.

Kurzum: praktisch sämtliche Dienstleistungen, die bislang von Krypto-Start-ups erbracht wurden, werden bereits von traditionellen Finanzdienstleistern angeboten oder sind kurz davor, kommerziell angeboten zu werden. Entsprechend kann man die Frage stellen, wofür es in Zukunft überhaupt noch die ursprünglichen Krypto-Dienstleister braucht? Schließlich macht man zentrale Mittelsmänner bei vielen Dienstleistungen nicht per se überflüssig, sondern ersetzt sie stattdessen nur durch ein Krypto-Start-up.

Ohne Vertrauen kein Geschäft

Die Frage, ob man in Zukunft seine Bitcoin oder Security Token bei einem Krypto-Start-up oder dem traditionellen Finanzdienstleister handelt beziehungsweise verwahrt, lässt sich anhand weniger Kriterien beantworten. Neben dem Preis-Leistungsverhältnis zählt vor allem die gebotene Benutzerfreundlichkeit und das Vertrauen, das man dem Dienstleister entgegenbringt.

Man muss sich also die Frage stellen, ob man beispielsweise bei Binance, Bittrex oder Coinbase seine Bitcoin erwirbt oder bei der Börse Stuttgart, die in Deutschland mit dem Handelsplatz für digitale Assets BSDEX oder der Krypto-App Bison das perfekte Beispiel für einen traditionellen Finanzdienstleister mit Blockchain-Affinität abgibt. So wirbt die Börse Stuttgart mit ihrer über 150 Jahre alten Tradition und IT-Sicherheits- und Regulierungsstandards Made in Germany. Gleichzeit ist vor allem die Bison App kinderleicht zu bedienen und auch für ein nicht krypto-affines Publikum geeignet.

Die genannten Krypto-Börsen kommen in Puncto Benutzerfreundlichkeit und Vertrauen nicht gegen eine Börse Stuttgart an. Wenn sie sich abheben wollen, dann müssen sie dies über bessere Gebühren und zusätzliche Funktionalitäten respektive Leistungen erbringen. Bei krypto-affinen Nutzern mag das in Teilen noch gut funktionieren. In der Breite dürfte man aber nur wenige Nutzer damit überzeugen können. Zumal sich Gebührenunterschiede aus Erfahrung in jeder neuen Branche über die Zeit angleichen.

Be your own Bank war und wird nicht für das Gros relevant sein

Selbst wenn traditionelle Banken oder Börsenbetreiber aktuell einen zentralen Verwahrservice für digitale Assets haben, sodass die Kunden selbst nicht den Zugriff zum Private Key besitzen, dürfte das den meisten Menschen nur recht sein. Nur die wenigsten Nutzer werden die eigene Verwahrkompetenz höher einschätzen als die von einem professionellen Finanzdienstleister.

Natürlich gibt es einen Markt für Hardware Wallets wie Ledger oder Trezor. Dennoch dürften viele nicht krypto-affine Anleger den bequemen Verwahrservice eines vertrauenswürdigen Finanzdienstleisters bevorzugen. Der Leitspruch „Be your own Bank“ oder „Not your Keys not your Bitcoin“ gilt, so legitim er ist, nur für eine kleine Gruppe von Nutzern. Schließlich ist es sehr bequem, wenn man Verantwortung abgegeben kann. Auch muss man für den Fall, dass etwas schief geht, nicht die Verantwortung bei sich selbst suchen. Stattdessen kann man mit dem Finger auf andere zeigen.

Es stellt sich nicht mehr die Frage nach dem ob

So klein die Nische an digitalen Assets, also Kryptowährungen, Stable Coins oder Security Token, gegenwärtig noch sein mag, wird durch die Umstellung auf Tokeninfrastrukturen ein neuer Standard geschaffen. Aktuell sind es große Player wie JP Morgan oder Fidelity, die hier vorne mit dabei sind oder kleinere Pioniere wie eine Bank Frick oder Börse Stuttgart.

In Zukunft dürften aber auch „normale Hausbanken“ und Sparkassen schleichend und parallel zum traditionellen Finanzgeschäft auf Token-Infrastrukturen umstellen. Sei es der Aktienkauf für das Wertpapierdepot, der sich in Richtung Security Token und Wallet transformiert oder die Bezahlung mit Stable Coins wie zukünftig Facebooks Libra oder gar einer digitalen Zentralbankwährung (CBDC). Dieser Transformationsprozess wird sicherlich nicht dieses oder nächstes Jahr geschehen, sehr wohl aber noch in diesem jungen Jahrzehnt.

M&A: Das Buffet ist eröffnet

Durch diesen Umstellungsprozess erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass viele Krypto-Start-ups, die sich über einen gewissen Zeitraum behaupten können, von den traditionellen Finanzdienstleistern aufgekauft werden. Nicht wenige Krypto-Start-ups wurden auch direkt von Anfang an von Banken finanziert. Der Deal ist einfach: Die traditionellen Finanzdienstleister haben das Geld und die Krypto-Start-ups die Innovation.

Sollte die Token-Ökonomie also weiter an wirtschaftlicher Relevanz gewinnen, dann dürften einige der erfolgreichen Krypto-Start-ups unter die Fittiche der großen Player wandern. Zumal man nicht vergessen darf, dass es für Finanzgeschäfte, zum Beispiel Token-Verwahrung, Lizenzen benötigt, die nicht so einfach zu bekommen sind. So sehr viele Banken auf die hohen regulatorischen Anforderungen schimpfen, sind es ebenjene Auflagen, die sie vor den innovativen FinTechs und Blockchain-Alternativen schützen.

Banken: Tiefe Taschen, aber negative Einkommensentwicklung

Auch wenn die großen Finanzinstitute „tiefe Taschen“ haben, brechen bei vielen Kreditinstituten die Einnahmen weg. Commerzbank und Deutsche Bank sind ein Paradebeispiel für aussterbende Bank-Dinosaurier. Es ist aktuell nicht abzusehen, dass der Stellenabbau bei den meisten Banken ein Ende finden wird. Niedrige Zinsen und horrende Kreditausfälle in den nächsten Monaten erhöhen sogar noch den Druck.

Drastische Kosteneinsparungen und neue Geschäftsmodelle in einer hochgradig digitalen Umgebung sind der einzige Ausweg, um die nächsten Jahre überleben zu können. Genau hier kommt die Blockchain-Technologie, ergo die Lösungen der Krypto-Start-ups, zum Einsatz. Nicht nur helfen sie dabei, durch Smart Contracts Prozesse zu automatisieren, sei es bei der Wertpapierabwicklung oder bei der Compliance, auch bieten sie neue Geschäftsmodelle.

Während die Tokenisierungsdienstleister nach Kunden suchen, haben die Banken und Sparkassen den Kontakt zu sämtlichen kleinen und mittelständischen Unternehmen. Es ist daher denkbar, dass beispielsweise das Firmenkundencenter einer Bank sich die Tokenisierungs-Infrastruktur von Krypto-Start-ups einverleibt und damit neue Geschäftsmodelle in der Finanzierung erschließt.

Innovation ist nicht alles, aber das Mindeste

Es ist also nicht nur die Innovation, die entscheidet, ob sich ein Unternehmen am Markt behaupten kann, sondern es sind vor allem auch die Rahmenbedingungen. Entsprechend würde es nicht verwundern, wenn es zu einer Verschmelzung von Krypto-Start-ups und traditionellen Finanzdienstleistern kommt, entweder durch Kooperationen oder durch Übernahme.

Krypto-Unternehmen, ganz gleich, ob Krypto-Börse oder Custody-Dienstleister, die nicht maximal innovativ sind, werden jedenfalls kaum eine Chance haben in Zukunft zu bestehen. Innovation ist eine Mindestvoraussetzung, aber kein Garant für Erfolg.

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