Central Bank Digital Currency (CBDC) Warum digitales Zentralbankgeld in der Eurozone vorerst keine guten Chancen hat

Während China kurz davor steht, eine digitale Version ihrer Volkswährung herauszugeben, befindet man sich in der Eurozone noch auf monetärer Erkundungstour. So ist in diesem Jahr nicht damit zu rechnen, dass die EZB eine sogenannte Central Bank Digital Currency (CBDC) herausgibt. Warum es Innovation in der chinesischen Zentralbank leichter hat, wieso Banken die Token-Transformation ausbremsen und wie das ideale digitale Geld aussehen muss. Ein Kommentar.

Sven Wagenknecht
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Kassengerät

Beitragsbild: Shutterstock

Das europäische Zentralbankensystem zeichnet sich dadurch aus, dass es eine von den Regierungen unabhängige Geldpolitik führen kann. Diese Unabhängigkeit ist eine der Grundpfeiler unserer demokratischen Grundordnung, die verhindern soll, dass Regierungen das Geldmonopol missbrauchen. So wichtig dieser Grundsatz ist, offenbart er bei der Transformation unseres Geldsystems hin zum Medium Token ein Problem. Seitens der Politik lässt sich nur schwer innovationsfördender Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) und Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) aufbauen. Man ist vom Innovationswillen der EZB und BIZ abhängig. Das zeigt sich derzeit besonders an der Diskussion um digitale Zentralbankwährungen (CBDC).

Ganz anders sieht es in China aus. Dort sind Zentralbank und Regierung weniger streng voneinander getrennt – ein typisches Merkmal für autokratische Volkswirtschaften. Entsprechend verwundert es auch nicht, dass die People’s Bank of China maßgeblich an der monetären Innovation im Land beteiligt ist. Ihre Geldpolitik geht Hand in Hand mit der Agenda der Kommunistischen Partei. Auch schon vor Verkündung der chinesischen Blockchain-Strategie Ende 2019 war die Einführung einer CBDC Teil der nationalen Blockchain-Strategie.

Politik der zwei Geschwindigkeiten: Was Brückenbau und CBDC gemein haben

Wozu das führt, zeigt sich am aktuellen Status der Zentralbanken hinsichtlich CBDC. Während in China erwartet wird, dass schon in den nächsten Monaten der digitale Renminbi an den Start geht, tut sich die EZB bei diesem Thema sichtlich schwer. So hat EZB-Chefin Christine Lagarde auf einer Konferenz im Dezember 2019 verkündet, dass man eine Task Force einrichten möchte, um sich stärker dem Thema CBDC zu widmen. Man plane, so Christine Lagarde weiter, bis Mitte Juni 2020 eine Auswertung der Ergebnisse in einem Paper zu präsentieren.

Während in China Infrastrukturprojekte wie Brücken und Flughäfen in Rekordzeit errichtet werden, hinken wir in Europa mit jahrelangen Planungsodysseen hinterher. Nicht nur beim Bau von Infrastrukturprojekten wie Flughäfen, sondern auch bei digitalen Finanzinfrastruktur-Projekten können wir mit China nicht mithalten. Die Euro-Bürokratie scheint uns auch bei CBDC auf die Füße zu fallen.

Individuelle Initiative anstatt konzertierten Handelns

Konstruktive Beiträge zu CBDC und Token-Regulierung aus der Führungsetage der EZB sowie Währungsinstitutionen sind mehr der Initiative einzelner Personen zu verdanken als einer institutsübergreifenden Strategie. So sind beispielsweise durchaus lobenswerte Arbeitspapiere aus dem Hause der EZB von einzelnen Personen in den letzten Wochen veröffentlicht worden. Sei es das Paper „Tiered CBDC and the financial system“ oder „Exploring anonymity in central bank digital currencies“.

Diese wichtigen Beiträge erzeugen nur scheinbar nicht das Momentum, das sie innerhalb einer Zentralbank erzeugen sollten. Anders ist der aktuelle Entwicklungsstand nicht zu erklären.

Banken: Die Anti-Token-Lobby

Der Eindruck, dass man weniger vorzuweisen hat, als man in der Öffentlichkeit vorgibt zu haben, zeigt sich nicht nur auf Zentralbankebene, sondern auch bei vielen Geschäftsbanken. Natürlich arbeitet jede große Bank an Blockchain-Projekten und gibt sich aufgeschlossen gegenüber der Technologie. Wirklich konkrete vorzeigbare Tokenisierungsprojekte, ganz gleich ob Währung, Unternehmen oder Immobilie, findet man bei den großen Banken bestenfalls – wenn überhaupt – in einem sehr frühen Pilotstadium.

Zwar traut sich keine Bank, die Relevanz der Tokenisierung abzustreiten. Dennoch kann man den Eindruck gewinnen, dass man bei den Banken insgeheim froh ist, wenn es mit dem Transformationsprozess hin zum Medium Token noch etwas länger dauert. Das bedeutet wiederum, dass kein Druck von den Banken gen Finanzbehörden oder Notenbanken zu erwarten ist. Man klammert sich am alten System fest und ist froh über jede Innovationsverzögerung, die den traditionellen Playern Zeit verschafft.

Die Gründe dafür sind gut nachvollziehbar. So senken Token-basierte Blockchain-Infrastrukturen einerseits die Eintrittsbarrieren für neue Akteure, wie zum Beispiel FinTechs oder Blockchain-Plattformen in den klassischen Finanzsektor. Mit zunehmender Token-Adaption verbessern sich zudem die Chancen für neue Mitbewerber und alternative Geschäftsmodelle. Je eher Transaktionen via Token und eben Stable Coin beziehungsweise CBDC Normalität werden, desto schneller wächst die Konkurrenz aus dem FinTech-Bereich. Die gegenwärtige Innovation im Bereich der Tokenisierung gefährdet die Wettbewerbsposition der Banken.

Echtes Digitalgeld, anstatt gefährliche Krypto-Derivate

Gerade weil unsere Behörden im Inkrementalismus gefangen sind, ist es wichtig, dass Digitalgeld-Initiativen aus der Privatwirtschaft gefördert werden. Denn auch ohne die EZB kann es einen tokenisierten Euro geben. Dabei geht es nicht um Stable-Coin-Konstrukte wie Tether, die lediglich eine Fiatdeckung anstreben. Vielmehr geht es um „echte“ Buchgeld-Euro vom Bankkonto, die tokenisiert werden und für sämtliche Transaktionen genutzt werden können. Es braucht digitale Euros, die vollumfänglich einsetzbar und programmierbar sind, da sich sonst nicht die vollen Vorteile der Tokenisierung nutzen lassen. Wie dieses digitale Geld auszusehen hat, veranschaulicht eine Infografik des Bankenverbandes:

Digital Money vom Bundesverband deutscher Banken

Quelle: Bundesverband deutscher Banken

Impulse müssen aus der Privatwirtschaft kommen

Auch wenn es bereits Euro-Tokenisierungsprojekte gibt – unter anderem von der Commerzbank – fehlt es an vorzeigbaren Ergebnissen. Wann mit einer konkreten Integration von Token-Dienstleistungen bei den großen Banken zu rechnen ist, lässt sich aktuell nicht absehen. Anstatt von den Banken kommt die Token-Innovation vielmehr von den Blockchain Start-ups wie beispielsweise CashOnLedger. Insbesondere bei der Verwahrung von Token kann noch keine Universalbank ein solides Konzept beziehungsweise fertiges Produkt vorweisen. Ebenjene Infrastruktur ist aber notwendig, wenn es in Zukunft CBDCs von der EZB geben soll.

Sollten wir uns weiterhin so vor der Verantwortung drücken, brauchen wir uns nicht wundern, wenn Asien unsere Industrie, auf die wir in Deutschland so stolz sind, abhängen wird. Dort hat man verstanden, dass die Industrie der Zukunft auf Blockchain-Infrastrukturen aufbaut und damit auch digitales sowie programmierbares Geld benötigt.

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