UDPN das neue SWIFT? Neuer Meilenstein für China: Wie EZB und Fed weiter den Anschluss verlieren

Während China weitere Fortschritte bei ihrer digitalen Zentralbankwährung verkündet, versuchen EZB und Fed in ihren aktuellen Statements gesichtswahrend den verpassten Wettlauf zu kaschieren. Warum wir in Zukunft noch öfter über die Abkürzungen BSN und UDPN stolpern könnten und wie das Ego von Jerome Powell und Christine Lagarde Stablecoins verhindert und dabei gleichzeitig den digitalen Yuan zum Erfolg verhilft.

Sven Wagenknecht
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Eröffnungsfeier in China

Beitragsbild: Shutterstock

China baut mit dem Blockchain Service Network (BSN) ein internationales Zahlungsnetzwerk auf. Da die Fülle an möglichen Anwendungen weit über den reinen Zahlungsverkehr hinausgeht, sollen digitale Zentralbankwährungen (CBDC) im Speziellen im sogenannten Universal Digital Payment Network (UDPN) abgewickelt werden. Die staatlichen Blockchain-Initiativen zielen damit in ihrer internationalen Ausrichtung darauf ab, einen neuen weltweiten Zahlungsverkehrsstandard zu schaffen, der perspektivisch den westlich geprägten Finanztransaktionsstandards SWIFT und VISA Konkurrenz machen könnte.

UDPN: Der dritte Baustein nach RCEP und Dual-Circulation-Strategie?

Das neue tokenbasierte Zahlungsnetzwerk UDPN ergibt insbesondere vor dem aktuellen politischen Hintergrund besonders viel Sinn. So hatte China erst kürzlich das größte Freihandelsabkommen der Welt initiiert. Unter dem Namen Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) ist China ein Freihandelsabkommen mit den meisten asiatischen Staaten gelungen. Angesichts des Handelskonfliktes mit den USA verspricht das Abkommen mehr Autonomie von seinen westlichen Handelspartnern.

Unterstützung findet diese regionale Fokussierung durch die im 5-Jahresplan der chinesischen Regierung anvisierte Dual-Circulation-Strategie. Auch hier geht es um mehr Binnennachfrage sowie Unabhängigkeit vom Westen. Zusätzlich baut China seinen Einfluss durch das Projekt der neuen Seidenstraße aus, wo die BSN und der digitale Yuan ebenfalls eine große Rolle spielen dürften.

Den entscheidenden Baustein zur erfolgreichen Umsetzung von RCEP und der Dual-Circulation-Strategie könnte nun das CBDC-Zahlungsnetzwerk UDPN liefern. So heißt es in dem Blogbeitrag der staatlichen Initiative:

BSN plant, in fünf Jahren ein universelles digitales Zahlungsnetzwerk (UDPN) aufzubauen, das auf den CBDCs verschiedener Länder basiert und mit mehreren internationalen Banken und Technologieunternehmen zusammenarbeitet.

Dabei macht man kein Geheimnis daraus, dass die neuen tokenbasierten Transaktionsstandards alle bisherigen Standards infrage stellen werden. So heißt es weiter:

Die CBDCs werden die gegenwärtigen Zahlungs- und Zirkulationsarten traditioneller Währungen völlig verändern, die Widerstandsfähigkeit der Zahlungssysteme konsequent ausbauen und den globalen Warenverkehr und die währungsübergreifende Abwicklung erheblich steigern.

China arbeitet mit Hochdruck an E-Yuan

Es entsteht der Eindruck, dass China mit seinen Zentralbank-Projekten versucht, ein neues Maß an wirtschaftlicher Dominanz zu erreichen. Wenn auch aktuell primär noch im eigenen Land oder den direkten Einflussgebieten wie Hongkong, gibt es praktisch täglich Berichte zu neuen Kampagnen, um den digitalen Yuan zu etablieren. Seien es Lotterien, bei denen die CBDC in der Bevölkerung verlost wird, oder Geldautomaten, die man auf den neuen “Geld-Standard” aufrüstet.

So regional und trivial die gegenwärtigen Maßnahmen nach außen hin wirken mögen, verstärken sie den Eindruck, dass China Standards etablieren möchte, bevor die USA und Europa ihnen zuvor kommen. Es gibt allen Grund zu glauben, dass China nicht mehr länger bereit ist, sich westlichen Standards auszuliefern.

Beispielsweise kam es in der Vergangenheit immer wieder zu westlichen Sanktionen respektive zum Ausschluss im internationalen Zahlungsverkehrsnetzwerk SWIFT anderer Staaten. Ohne Zugang zu SWIFT ist es nur schwer möglich internationale Banktransaktionen zu tätigen, wie beispielsweise der Iran schmerzlich feststellen musste.

Geht man einen Schritt weiter, so sind es nicht nur die Infrastruktur-Standards, sondern ganz konkret auch der Status des US-Dollar als Weltleitwährung, der mit den Maßnahmen Chinas angezählt wird.

USA und Europa machen bei Wettrüsten nicht mit

Während China konkrete Fortschritte in der Praxis nachzuweisen hat, betonen die Notenbankchefs der zwei größten Wirtschaftsräume – Jerome Powell von der Fed und Christine Lagarde von der EZB –, dass es nicht darum geht, den ersten Platz im Wettlauf um digitales Zentralbankgeld zu bekleiden. Kurz nachdem Lagarde bereits Ende letzten Jahres geäußert hatte, dass man keinen Grund habe, sich zu beeilen, hat ihr amerikanisches Pendant Powell am 14. Januar bei einer Online-Konferenz der Princeton University in New Jersey ihr beigepflichtet.

“Wir haben nicht den Drang oder das Bedürfnis, der Erste zu sein”, äußert Powell bezogen auf CBDC. Anschließend setzt er noch einen drauf: “wir haben bereits einen First-Mover-Vorteil, weil [der US-Dollar] die Reservewährung ist.”

Hochmut kommt vor dem Fall

Sich auf dem aktuellen Status auszuruhen, wie es Fed und EZB durch ihre Statements suggerieren, ist nicht nur arrogant, sondern auch verantwortungslos. Das digitale Wettrüsten, zu denen CBDCs definitiv zählen, darf den zwei größten und mächtigsten Wirtschaftsräumen der Welt schlichtweg nicht egal sein. Mit BSN und digitalem Yuan setzt China die Grundlage für eine maximal wettbewerbsfähige Industrie nach deutschem Industrie 4.0 Vorbild.

Man gewinnt den Eindruck, als wollten die beiden westlichen Wirtschaftsräume nicht zugeben, dass sie ins Hintertreffen geraten sind, indem sie die Notwendigkeit von digitalem Geld herunterspielen. Anstatt den Ernst der Lage offen zuzugeben und den Ausbau digitaler Infrastrukturen entschlossen voranzutreiben, versucht man gesichtswahrend das eigene Schneckentempo zu rechtfertigen.

Ablenkung: Stablecoins und Bitcoin im Visier der öffentlichen Institutionen

Auf der anderen Seite äußerte Fed-Chef Powell im Interview mit Yahoo Finance, dass CBDCs wichtig wären, um privaten Stablecoin-Initiativen zuvorzukommen. So befürchtet er, dass die Öffentlichkeit Stablecoins mit “richtigem Geld” verwechseln könnte. Der Schrei nach Regulatorik, nicht aber nach Innovation, drängt sich in diesen Äußerungen mehr als auf.

Auch die EZB und europäischen Nationalstaaten befinden sich im Regulierungsrausch, der sich auf den gesamten Krypto-Sektor bezieht. So betont nicht nur Christine Lagarde die Notwendigkeit einer konsequenten Bitcoin-Regulierung, sondern auch die BaFin gibt eine Meldung heraus, in der sie darauf aufmerksam macht, dass man sich von den Kursanstiegen der Kryptowährungen nicht “blenden lassen” soll.

Weniger Widersprüchlichkeit bitte!

Es ist legitim, wenn Innovation primär von privaten Akteuren und nicht vom Staat kommen soll. Wenn sich Zentralbank und Staat für diesen Weg entscheiden, müssen sie allerdings auch der Privatwirtschaft die Freiräume dafür bieten. Es kann nicht angehen, auf der einen Seite die eigene Bequemlichkeit zu zelebrieren und auf der anderen Seite vor Stablecoins zu warnen, wie es die westlichen Notenbankchefs und Finanzminister aktuell tun.

Wenn China die zukünftigen Finanz- und Wirtschaftsstandards definiert, dann hat das nicht nur Auswirkungen auf unsere wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit sowie unseren relativen Wohlstand, sondern auch auf unsere Demokratie und politische Unabhängigkeit.

Aus nachvollziehbaren Gründen sorgt man sich im Westen über den 5G-Breitbandausbau durch Huawei oder die Social-Media-App TikTok. Wenn wir uns bereits hier in unserer politischen Unabhängigkeit gefährdet sehen, dann müsste den Verantwortlichen bewusst sein, dass beim “Wettrüsten der Währungen” noch viel mehr auf dem Spiel steht, als bei einer Teenie-App namens TikTok.

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