Teil 2 Das Jahr 2030: 5 Thesen zum Finanzsektor von morgen

Kaum ein anderer Sektor steht vor so großen Umwälzungen in den nächsten Jahren wie der Finanzsektor. Wie diese aussehen könnten, wird im Freitagskommentar im Listicle-Format skizziert. In diesem 2. Teil erläutern wir die Thesen 6 – 10.

Sven Wagenknecht
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Das Bild zeigt eine Statue Martin Luthers, der seine Thesen präsentiert.

Beitragsbild: Shutterstock

Zu den ersten 5 Thesen geht es hier entlang.

These Nr. 6: Tokenisierung so normal wie ein Bankkredit

Der Transformationsprozess hin zur Tokenisierung ist korrespondierend zur Einführung von digitalem Zentralbankgeld als sicher anzunehmen. Genauso wie sich das Medium des Tonträgers von physischer Schallplatte bis hin zur digitalen Musikdatei beim Streamingdienst gewandelt hat, wandelt sich auch das Medium der Wertpapiere. Die gegenwärtige Wertpapierverbriefung wird in diesem Jahrzehnt vollends digitalisiert. Der Security Token wird zum Standardmedium von Wertpapieren. Dabei spielt es keine Rolle, ob man einen Fonds erwirbt oder bei einem digitalen Börsengang mitmacht. In diesem Kontext werden auch neue Geschäftsmodelle wie die Tokenisierung von Immobilien oder Unternehmen weiter ausgebaut. So ist es beispielsweise auch denkbar, dass eine Tokeniserung von KMUs auch im Firmenkundencenter der Hausbank durchgeführt wird. 

These Nr. 7: Banken werden zu Bausatzkästen

Eines der Lieblingsargumente von Universalbanken ist, dass sie „alles aus einer Hand“ anbieten können. Das Problem daran ist, dass viele dieser Dienstleistungen, gemessen an neuen Konkurrenzangeboten, nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Der Kunde bekommt zukünftig durch FinTechs oder Internetkonzerne wie Google oder Facebook einen immer besseren Service, den gerade kleine Bankhäuser einfach nicht bieten können. Sei es bei der Auswahl der passenden Versicherung oder der auf Algorithmen basierten Geldanlage.

Die Zukunft der Finanzinstitute entscheidet sich an ihrer Fähigkeit, mit Daten umzugehen. Wenn traditionelle Finanzdienstleister nicht sang- und klanglos untergehen wollen, müssen sie sich für Fremddienstleister öffnen. Da sie es verpasst haben, innovativ zu sein und es viele auch nicht mehr schaffen werden, aufzuholen, werden sie immer mehr zu Aggregatoren von diversen Angeboten, ganz gleich, ob von Google oder einem hippen Versicherungs-Start-up. Ein Stichwort ist hier das Open Banking (auch API Banking). Darunter versteht man die Öffnung der Banken und Teile ihrer Daten für Dritt-Anbieter.

These Nr. 8: Investmentbanker tragen keine Krawatten mehr

Die Zeiten von Gordan Gekko und den Masters of the Universe neigen sich immer mehr dem Ende zu. Die wirklich smarten Leuten von den Top-Universitäten wie Harvard oder MIT gehen immer seltener zur Wall Street und immer öfter ins Silicon Valley. Entsprechend wird auch eine Verschiebung von Schwerpunkten und Wertschätzung innerhalb der Banken einsetzen, die bereits im Gange ist. Es braucht immer weniger Mitarbeiter mit Finance- als mit Informatik-Background. Die erfolgreichsten Finanzhäuser werden die besten Programmierer haben, die gleichzeitig zu den bestbezahlten Bankern gehören. Die Krawatte wird dem Hoddie weichen und viele Banker der alten Garde werden sich Fragen müssen, wofür man sie überhaupt noch braucht. Natürlich wird es auch im Jahr 2030 noch „klassische“ Investmentbanker geben, dennoch dürfte sich genau wie die Anzahl der einfachen Bankmitarbeiter am Schalter, ihre Anzahl erheblich reduzieren.

These Nr. 9: Die größten „Banken“ werden Facebook, Google und Amazon heißen

Facebook verfügt über rund 2,5 Milliarden Nutzer und arbeitet mit dem Konsortium Libra bereits an einer eigenen Finanzinfrastruktur. Auch Google oder Amazon bieten bereits Online-Bezahllösungen an. Dass diese, genau wie ihre „asiatischen Kollegen“ Tencent und Alibaba, in Zukunft noch weiter in den Finanzsektor eindringen werden, ist als sehr wahrscheinlich einzustufen. Niemand besitzt so viele Daten wie sie, sodass sie gegenüber Banken klar im Vorteil sind.

Gegen die Datensammel- und Analysekompetenz von beispielsweise Facebook hat die heimische Sparkasse schließlich keine Chance. Die Internet-Konzerne werden viel besser wissen, wann ich für welches Finanzprodukt empfänglich bin und mir dieses in ihren Kanälen intelligent anbieten können.

Es würde nicht verwundern, wenn die genannten Player in diesem Jahrzehnt Banken zu einfachen Dienstleistern degradieren werden. Wie sich an der Kooperation zwischen Deutsche Bank und Google zeigt, ist dieser Prozess bereits (schleichend) im Gange. Spätestens, wenn sich die DLT-Infrastruktur der Tech-Giganten etabliert hat, siehe Facebook Libra, wird man sich immer mehr von den Bankeninfrastrukturen lösen können, um dann richtig durchzustarten.

These Nr. 10: Asien first, Westen Second

Während wie bei These Nr. 2 beschrieben, der amerikanische Bankensektor dem europäischen überlegen ist beziehungsweise seinen Vorsprung in den nächsten Jahren ausbauen dürfte, dürfte ein gegenwärtig noch zurückhaltender Akteur auf dem Finanzmarkt aktiv werden: Asien respektive China. So ist Chinas Finanzsektor noch sehr verschlossen und nicht einfach zugänglich für ausländische Investoren. Mit den realpolitischen Bestrebungen Chinas und ihrer digitalen Zentralbankwährung könnte aber eine Öffnung geschehen. Die strategische Voraussicht Chinas könnte, im für China günstigen Moment, zu einer neuen Markterschließung gen Westen führen, sodass westliche Banken oder Finanzdienstleister zusätzlichen Wettbewerbsdruck verspüren würden. Auch so dürfte das stärkere asiatische Wachstum dazu führen, dass die größten Finanzinstitute am Ende der 20er Jahre in China und nicht den USA stehen werden.

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