Hilferuf vom Coinbase CEO Reguliert die US-Regierung die Bitcoin-Branche tot?

Als dezentrale Systeme sind Kryptowährungen wie Bitcoin nur schwer zu regulieren. Doch ein Vorstoß von US-Finanzminister Mnuchin könnte der Branche schweren Schaden zufügen.

David Scheider
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Bitcoin-Münze vor Coinbase-Logo

Beitragsbild: Shutterstock

Es klang wie ein Hilferuf. Am Morgen des 26. November platzierte Brian Armstrong, seines Zeichens Gründer und CEO der Bitcoin-Börse Coinbase, einen Twitter-Thread, in dem er über neue Regulierungsansätze der US-Regierung spekuliert. Darin geht es um Pläne des scheidenden US-Finanzministers Steven Mnuchin, die die US-Krypto-Industrie im Kern bedrohen könnten.

https://twitter.com/brian_armstrong/status/1331744884856741888

In der vergangenen Woche vernahmen wir Gerüchte, dass das US-Finanzministerium und Finanzminister Mnuchin vor dem Ende seiner Amtszeit eine neue Regelung bezüglich Krypto-Wallets auf den Weg bringen wollen. Ich befürchte, dass dies ungewollte Nebenwirkungen haben könnte, und wollte diese Bedenken teilen.

Brian Armstrong, Übersetzung des Tweets.

Mnuchins Plan

Der Plan sieht vor, dass Krypto-Unternehmen künftig zunächst die Identität des Besitzers von selbstverwalteten Wallets prüfen müssen, bevor sie Transfers zulassen. Damit wäre Bitcoins zumindest rudimentäre Anonymität auf einen Schlag dahin. Denn im weiteren Verlauf können Transfers von dieser Wallet eindeutig einer realen Person zugeordnet werden.

Was oberflächlich aus Anti-Geldwäsche-Perspektive zunächst nach einem nachvollziehbarem Ansinnen klingt, hätte nach Ansicht des Coinbase-CEO katastrophale Auswirkungen auf den Sektor. Denn im dezentralen Krypto-Land ist es mithin schwierig, einer Wallet einer realen Person zuzuordnen. Smart Contracts etwa sind Gebilde aus mannigfaltigen Identitäten. Coinbase könnte seinem gesetzlichen Auftrag zur Prüfung dieser also überhaupt nicht nachkommen. Zudem ziehen Kundinnen und Kunden von Exchanges ihre Coins nicht zwangsläufig auf eigene Wallets ab. In der Praxis ist es häufig so, dass Exchange-BTC gleich auf das Konto von Händlerinnen und Händlern gehen. Nach Maßgabe der Regulierung wäre aber auch in einem solchen Fall der jeweilige User dafür verantwortlich, die Identität des Händlers nachzuweisen. Ein völlig unpraktikables System.

In der Praxis kaum umsetzbar

Ein weiterer Fall betrifft MultiSig Wallets. Bitcoin etwa gewährt die Möglichkeit, die Besitzverhältnisse klar auf eine ganze Reihe von Parteien aufzuteilen. Für ein solches sogenanntes MultiSig-Wallet hält sodann nicht eine einzelne Person, sondern eine Vielzahl an Parteien einen Teil des privaten Schlüssels. Die Zuweisung klarer Besitzverhältnisse ist so kaum noch möglich.

Weiterhin kritisiert Armstrong, dass viele Nutzerinnen und Nutzer der Börsen aus Ländern mit dysfunktionalen Finanzsystemen stammen. Die Feststellung der Identität dieser Nutzergruppe ist in der Regel schwierig, da kaum jemand über Personalausweise oder ähnlich Identifikationsdokumente verfüge. Und selbst wenn man ein System bauen könnte, dass den Maßgaben des Gesetzgebers genügt, bleibt die Frage nach dem berechtigten Interesse von Krypto-Nutzern nach rudimentärer Privatheit sowie dem Schutz von Eigentumsrechten. Bitcoiner mit einem Hang zur Privatsphäre dürften wohl kaum dazu bereit sein, Wallets mit Klarnamen offenzulegen.

Im schlimmsten Fall befürchtet Armstrong, dass die angestrebte Regulierung dazu führen könnte, dass sich die Krypto-Industrie aus den USA verabschiedet. Die Einführung nicht gangbarer Regulierungen würde sowohl Exchange-Kundschaft als auch die Börsen selbst vor kaum lösbare Aufgaben stellen und könnte so zur Abwanderung der ganzen Industrie führen. Dass bei Börsen-Lenkern wie Armstrong die Alarmglocken läuten, ist also nachvollziehbar.

KYC: In den Niederlanden bereits gängige Praxis

Was über US-Exchange-Betreiber wie eine Hiobsbotschaft hereinbrach, ist anderswo bereits gang und gäbe. In den Niederlanden müssen Krypto-Investoren seit kurzem mithilfe eines Screenshots ihres Wallets nachweisen, dass sie der tatsächliche Besitzer sind.

Das hat PlanB, seines Zeichens Autor des Stock-to-Flow-Modells und Bitcoin-Bulle, via Twitter bestätigt. Auf dem Kurznachrichtendienst schreibt er:

Die Niederlande haben ein solches Gesetz vor zwei Wochen eingeführt. Man muss nun einen Screenshot der Wallets einreichen, bevor man BTC abheben kann. Einfach aber nervig.

PlanB. Übersetzung des Tweets.

PlanBs Aussagen nach zu urteilen sind die Folgen bereits jetzt spürbar. Erste Exchanges siedeln sich in Nachbarländern an und Kundinnen und Kunden aus den Niederlanden nutzen ausländische Börsen für Krypto-Investitionen. 

Dezentrale Systeme lassen sich durch derlei Gängelung natürlich nicht unterbinden. Für Entrepreneure, die Zeit und Kapital in den Aufbau von Infrastruktur verwendet haben, sind unpraktikable Regulierungsmaßnahmen dennoch ärgerlich. Bitcoin-Exchanges sind trotzdem auf dem aufsteigenden Ast und könnten zu großen Arbeitgebern heranreifen. Wer die heimische Industrie kaputtreguliert, schießt sich folglich auf lange Sicht ins eigene Bein.

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