Liquidity Mining So werden Krypto-Einkünfte versteuert

Die Besteuerung von Krypto-Einkünften beim Liquidity Mining ist kompliziert. Wie’s funktioniert, erläutern Sven Kamchen und Oliver Christian Schroen im Gastbeitrag.

Sven Kamchen
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Bitcoin-Steuern.

Beitragsbild: Shutterstock

| Die Besteuerung von Krypto-Assets ist für Laien nicht immer einfach verständlich.

Um den Handel auf dezentralen Krypto-Handelsplattformen (DEX) zu ermöglichen, müssen diese liquide sein, also über ausreichende Mengen verschiedener Kryptowährungen verfügen. Jeder Nutzer kann der DEX hierfür Token für den Liquidity Pool vorübergehend zur Verfügung stellen. Als Gegenleistung erhält er von der DEX einen Anteil an den von ihr vereinnahmten Gebühren – die Rewards im Liquidity Mining. In der Regel werden der DEX nur Handelspaare, bestehend aus einer Zusammenstellung verschiedener Krypto-Token, zur Verfügung gestellt. 

Man betrachtet bei der steuerlichen Beurteilung demnach drei wichtige Zeitpunkte beziehungsweise Zeiträume:

  1. Den Eintritt in den Liquidity Pool durch Zurverfügungstellung zweier Kryptowährungen.
  2. Den Zeitraum, in dem man diese im Liquidity Pool belässt.
  3. Den Austritt aus dem Liquidity Pool durch Herausnahme der Coins.

Beim Austritt aus dem Pool kann es zu einem Impermanent Loss kommen, weil die Kurse der als Handelspaar bereitgestellten Kryptowährungen Schwankungen unterliegen. 

Immer wieder ist festzustellen, dass gegenüber dem Finanzamt – in Art und Höhe – unzutreffende Einkünfte erklärt und von diesem ungeprüft übernommen werden. Das alles erfolgt insbesondere aufgrund folgender pauschaler, unreflektiert übernommener Annahmen:

  1. Alle Krypto-Einkünfte sind als sonstige Einkünfte dem vollen persönlichen Steuersatz zu unterwerfen und 
  2. Ein- und Austritte aus einem Liquidity Pool stellen steuerrelevante Tatbestände dar. 

Rewards als Kapitaleinkünfte?

Tatsächlich ergibt sich jedoch folgendes Bild:

  • Die laufenden Einkünfte aus Liquidity Mining werden in vielen Fällen von den Finanzämtern als Kapitaleinkünfte anerkannt und werden deshalb nur der Abgeltungsteuer (25 Prozent Kapitalertragsteuer + 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag = 27,75 Prozent) unterworfen. 
  • Weiterer Vorteil: Als Kapitaleinkünfte erhöhen sie nicht den persönlichen Steuersatz; anders als bei sonstigen Einkünften.
  • Ein- und Austritte aus dem Liquidity Pool sind in vielen Fällen (Einzelfallbetrachtung) nicht als steuerpflichtiger Tatbestand zu werten. Dies wurde in einem Fall selbst durch die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main bestätigt.
  • Es gibt keine spezielle bindende Vorschrift, wie Liquidity Mining zu besteuern ist.
  • Auch aus haftungsrechtlichen Gründen sollten Steuerberater ihren Mandanten deshalb nicht pauschal dazu raten, die für den Steuerpflichtigen ungünstigste Besteuerung zu wählen.

Besteuerung der laufenden Einnahmen

Die laufenden Einnahmen (anteilige Gebühren beziehungsweise Rewards) aus dem Liquidity Mining könnten als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus Kapitalvermögen oder als sonstige Einkünfte besteuert werden. 

Eine Besteuerung als gewerbliche Einkünfte kann, auch nach den derzeitigen Äußerungen der Finanzverwaltung im Bundesfinanzministerium-Schreiben zur Besteuerung von virtuellen Währungen (BMF vom 10. Mai 2022) ausgeschlossen werden.

Bei den Kapitaleinkünften kommt am ehesten ein sogenanntes “partiarisches Darlehen” in Betracht.

Da sonstige Einkünfte immer erst dann anzunehmen sind, wenn keine andere Einkunftsart einschlägig ist, ist den Kapitaleinkünften Vorrang einzuräumen. 

Ein- und Austritt grundsätzlich kein steuerrelevanter Tatbestand

Abweichend von der rein rechtlichen Zuordnung von Steuertatbeständen hat sich im Steuerrecht ein weiterer Beurteilungsmaßstab etabliert, die sogenannte “wirtschaftliche Betrachtungsweise”. Diese besagt, dass Tatbestände in bestimmten Fällen mehr nach dem wirtschaftlichen Ergebnis und weniger nach formaljuristischen Kriterien zu beurteilen sind.

Doch ein steuerrelevanter Tauschvorgang scheitert beim Eintritt in den Liquidity Pool an einem wirtschaftlichen Übertragungsvorgang. Abgeleitet aus den Grundsätzen, welche der Bundesfinanzhof zur Wertpapierleihe aufgestellt hat, darf dem Entleiher nicht lediglich formal eine zivilrechtliche Rechtsposition verschafft worden sein.

Vielmehr müssen auch die mit den Wertpapieren verbundenen Kursrisiken und Kurschancen auf den Entleiher übergehen (wirtschaftliche Betrachtungsweise). In den meisten Fällen des Liquidity Mining ist es programmtechnisch (Protokoll) vorgesehen, dass diese Risiken (etwa Kursrisiken, Impermanent Loss) gerade nicht übergehen, sondern beim Steuerpflichtigen verbleiben.

Der Bundesfinanzhof hat weiterhin entschieden, dass es zur Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums bei Aktien ausreichend sein soll, dass der Verleiher eine Kündigungsfrist von 3 Tagen hat, da der Entleiher auch in dieser Zeit die Möglichkeit hat, Gewinne zu erzielen. Umgekehrt bedeutet das, dass bei einer Kündigungsfrist von weniger als 3 Tagen viel dafür spricht, dass gerade kein wirtschaftliches Eigentum auf den Entleiher übertragen wird. In den meisten Protokollen kann der Steuerpflichtige selbstbestimmt und auf Knopfdruck jederzeit aussteigen und das Liquidity Mining beenden.

Insofern ist davon auszugehen, dass die Grundsätze zur Wertpapierleihe auch hier anzuwenden sind und somit Ein- und Austritt keinen steuerrelevanten Tatbestand darstellen.

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass es im Zeitpunkt des Austritts aus dem Liquidity Pool durch die zwischenzeitlich erfolgten Poolverschiebungen zu einer mengenmäßig anderen Zusammensetzung der vom Steuerpflichtigen dem Liquidity Pool zur Verfügung gestellten Handelspaare kommen kann. Dadurch könnten sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften vorliegen, wenn man insbesondere davon ausgeht, dass bereits Krypto zu Krypto-Vorgänge steuerbar sein können und die steuerrechtlich erforderliche Leistungsfähigkeitsveränderung nicht erst durch “Krypto zu Fiat-Vorgänge” (Realisierung durch “Auscashen”) erfolgt. Eine steuerrelevante Realisierung könnte daher frühestens im Zeitpunkt des tatsächlichen Austritts aus dem Liquidity Pool erfolgen.

Über

Die Autoren Sven Kamchen und Oliver Christian Schroen sind spezialisiert auf Kryptosachverhalte.

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