Verwirrung um neue Gesetze Faktencheck: Verbietet die EU wirklich anonyme Krypto-Wallets?

Krypto-Medien und Influencer verbreiten eine Hiobsbotschaft: Die anonyme Selbstverwahrung von Krypto in Europa wird verboten. Das ist dran.

Giacomo Maihofer
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Krypto-Wallets

Beitragsbild: Shutterstock

| Das bedeuten die neuen EU-Gesetze für Krypto

Eine Schlagzeile, schlimmer als die andere: “Die EU verbannt anonyme Krypto-Transaktionen über selbstverwahrende Wallets”, berichtet Cointelegraph. Und Finbold geht noch weiter: “Anonyme Krypto-Wallets jetzt illegal in der EU.” Auf Twitter drehen manche berühmten Influencer den Schrecken noch weiter: “Die EU hat im Grunde DeFi verboten”, so borovik.sol, ein Influencer mit über 170.000 Followern: “Verlasst die EU, bevor sie sich in Nordkorea verwandelt.”

Der Stein des Anstoßes, ein neues EU-Anti-Geldwäsche-Gesetzespaket. Es nimmt Zahlungen mit Bargeld und Kryptowährungen ins Visier (zu finden hier). Laut Patrick Hansen, Direktor für EU-Politik bei Circle, sind die Schlagzeilen und Warnungen aber schlicht irreführend. Auf Twitter schreibt er, es handle sich um ein “Paradebeispiel dafür, warum man Krypto-Twitter” und oft auch “Krypto-Medien nicht trauen sollte”, wenn es um Politik gehe. Es gebe kein Verbot von anonymen Transaktionen oder selbstverwahrenden Wallets.

Was stattdessen drinstehe: Alle Verwahrer, beispielsweise Krypto-Börsen, müssen ihre Kunden identifizieren, per KYC (Know Your Customer). Dies sei bereits gängige Praxis. Bei Transfers zwischen selbstverwahrende Wallets und zentralen Verwahrern müssen “risikomindernde Maßnahmen” durchgeführt werden, beispielsweise Blockchain-Analysen oder die Bestimmung der Herkunft der Assets. Das Kaufen von Gütern mit einer selbstverwahrenden Wallet bleibe unangetastet, genauso der Transfer zwischen zwei Wallets dieser Art. Eigentlich: ein Sieg für dezentrale Finanzen. Die Gesetze müssten noch durch zwei Abstimmungen bis Ende April 2024 und werden vermutlich drei Jahre später, im Sommer 2027, in Kraft treten.

Auch Stefan Berger, Krypto-Experte der CDU, gibt Entwarnung. Gegenüber BTC-ECHO sagt er: “Der verabschiedete Gesetzestext zur Geldwäschebekämpfung gibt meiner Auffassung nach nicht her, dass Unhosted Wallets verboten werden sollen. Sollten aus Unhosted Wallets Werte in den Zahlungsverkehr eingebracht werden, greifen die Vorgaben der „Travel Rule“ aus der bereits geltenden Transfer of Funds Regulation (TFR), dazu ist dann überwiegend ein KYC erforderlich.”

Auf ähnliche Weise liest das Gesetzespaket auch Joel Valenzuela von der Blockchain Dash: “Macht euch nichts vor. Das ist furchtbar. Aber es ist (noch) nicht so schlimm, wie viele Leute sagen, und es gibt auch ein paar Lichtblicke”, schreibt er auf Twitter. Er hebt hervor, dass die Legislatur eigentlich ein Sieg für dezentrale Finanzen sei. Der Transfer zwischen selbstverwahrenden Wallets und der Kauf von Gütern mit ihnen unterliegt keinem KYC-Zwang. Das heißt, wer sich ausschließlich innerhalb der dezentralen Finanzwelt bewege, müsse sich auch nicht identifizieren.

Tatsächlich fällt diese Regulierung gegenüber Krypto freundlicher aus, als es Diskussionen in 2023 befürchten ließen. Damals wurde im Rahmen der Transfer of Funds Regulation eine Obergrenze von 1.000 Euro für Transaktionen von selbstverwahrenden Wallets diskutiert. Bei jeder größeren Transaktion hätten sie ein KYC machen müssen. Der Vorschlag wurde abgelehnt. Trotzdem bleibt abzuwarten, wie sich diese Gesetze in der Praxis auswirken werden. Cointelegraph hat seine Falschmeldung mittlerweile gelöscht, siehe hier.

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