Coronavirus Diese Rolle wird Bitcoin als sicherer Hafen noch spielen

Leider lässt sich das Thema Coronavirus nicht mehr in der Berichterstattung vermeiden. Auch im Krypto-Sektor wird über Auswirkungen auf den Bitcoin-Kurs spekuliert. Die Dynamik, die eine solche Debatte im öffentlichen und medialen Raum gewinnt, steht einer sachlichen Betrachtung schnell im Wege. Warum auch Krypto-Enthusiasten einen kühlen Kopf bewahren sollten und das mit der Korrelation zwischen Krypto-Assets und traditionellen Assets so eine Sache ist.

Sven Wagenknecht
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Coronavirus Bitcoin

Beitragsbild: Shutterstock

Die traditionellen Finanzmärkte reagieren eindeutig auf den Coronavirus. Verständlich, schließlich belastet es Unternehmen, wenn die großen Wirtschaftsregionen in China stillstehen. Inzwischen ist auch Europa, siehe Italien, von der vereinzelten Isolation von Regionen betroffen. Das Minus bei DAX oder Öl der letzten Tage preist die zukünftigen Produktions- und Einnahmeausfälle ein.

Ein guter Anlass zur Gesundung für DAX und Bitcoin

Sowohl Bitcoin als auch der DAX hatten starke letzte Wochen vorzuweisen. Dass es nach einiger Zeit zu einer Konsolidierung kommt, um heiße Luft abzulassen, ist mehr als gesund. Sofern die Korrektur nicht durch eine technische Gegenreaktion ausgelöst wird, werden Konsolidierungen durch News- oder stimmungsgetriebene Trigger hervorgerufen. Bei der jetzigen Marktkorrektur ist es der Coronavirus, der durchaus fundamental begründet als Anlass zur Kurskorrektur dient.

Börsenanleger müssen sich entsprechend die Frage stellen, für wie gravierend sie die Lage um den Coronavirus einschätzen. Sollte dieser schnell eingedämmt werden, dann könnte sich die gegenwärtige Einpreisung als übertrieben erweisen und eine anschließende Erholungsrallye auslösen. Umgekehrt kann es sein, dass wir noch ganz am Anfang der Coronavirus-Krise stehen. Die Auswirkungen, inklusive Kettenreaktionen, können noch viel verheerender sein. Doch gilt die gleiche Marktlogik auch für Krypto-Investoren?

Coronavirus: In der Panik sind alle gleich

Bei Krypto-Unternehmen geht es zwar nicht um die Herstellung von Autos, Medikamenten oder die Stromgewinnung, aber sehr wohl um Dienstleistungen, die vergleichbar mit denen von Internetunternehmen und Finanzdienstleistern wie SAP, Facebook oder der Deutschen Bank etc. sind. Diese werden im Idealfall dezentral und eben nicht zentral erbracht, an der globalen Abhängigkeit von länderübergreifenden Krisen ändert das nur wenig. Sofern es sich nicht um eine regional begrenzte Krise handelt, ist die Dezentralität nur ein begrenztes Schutzschild gegen globale wirtschaftliche Verwerfungen.

Wenn es nun zu einer Panik an den Börsen kommt, dann mögen zwar besonders zyklische Werte wie Automobilhersteller stärker fallen als weniger zyklische Werte wie Pharma- oder Energiewerte, dennoch werden sie zunächst mit in die Tiefe gezogen. Theoretisch müssten demnach auch die Token der wenig zyklisch reagierenden Krypto-Unternehmen fallen.

Bei einer akuten Panik an den Finanzmärkten reagieren sämtliche Finanzanlagen gleich: Die Vorzeichen sind rot, selbst beim Flucht-Asset Gold. Man zieht das Geld aus den Vermögensanlagen ab und vergrößert den Cash-Bestand. Erst wenn sich der erste Schock gelegt hat, wird verstärkt in Gold und antizyklische Werte investiert. Vorher profitieren nur die als besonders sicher geltenden Fluchtwährungen wie zum Beispiel Schweizer Franken oder norwegische Krone sowie manche Staatsanleihe.

Die Unreife des Krypto-Markts

Bekanntlich weist der Krypto-Markt eine sehr schwache Korrelation mit dem traditionellen Finanzmarkt auf. Das liegt vor allem daran, dass der Markt noch stark unterentwickelt ist beziehungsweise er nicht den volkswirtschaftlichen Verflechtungen wie den traditionellen Märkte unterliegt. Es wird so gut wie nichts physisch produziert, es gibt kaum Nutzer, die Marktkapitalisierung ist sehr gering, es gibt wenig regulierte Finanzprodukte und einen geringen Anteil an professionellen Investoren – man könnte die Liste weiterführen. Fundamental gesehen gibt es aufgrund mangelnder Interdependenzen weniger Anlass, dass der Krypto-Markt gleichsam auf Finanzmarktpaniken reagiert wie beispielsweise der DAX. Volkswirtschaftlich betrachtet ist der Krypto-Markt gegenwärtig noch zu irrelevant. Doch kann man überhaupt von DEM Krypto-Markt sprechen? Ist diese Herleitung nicht gerade auf Bitcoin bezogen unlogisch?

Dezentraler Schweizer Franken oder digitales Gold?

Nun besteht der Krypto-Markt nicht nur aus Utility Token, die beispielsweise ein dezentrales Facebook oder Amazon abbilden, sondern auch unter anderem aus Bitcoin, Monero, Dash oder Litecoin. In ihrer funktionellen Ausgestaltung sind sie nur schwer mit klassischen Börsenunternehmen zu vergleichen, sondern eher mit Währungen oder Edelmetallen. Entsprechend groß war die Verwunderung, dass auch Bitcoin in den letzten Tagen Federn lassen musste. Hätte Bitcoin nicht, wie beispielsweise zuletzt bei der Tötung des iranischen Generals Soleimani, als Flucht-Asset steigen müssen? Die Antwort ist: nur sehr eingeschränkt.

Zum einen muss man klären, ob man Bitcoin eher mit einem „dezentralen Schweizer Franken“ oder Gold vergleicht. Ist Bitcoin als digitales Gold einzustufen, was gegenwärtig auf die öffentlich größte Zustimmung zutreffen dürfte, dann ist ein unmittelbarer Anstieg nicht per se logisch. Schließlich werden in der ersten Panikreaktion Assets verkauft, um mehr Cash zu haben. Wenn es die Menschen mit der Panik zu tun bekommen und Geld für Hamsterkäufe benötigen, dann werden sie Bitcoin verkaufen. Schließlich akzeptieren nur die wenigsten Geschäfte Bitcoin. Erst dann, nachgelagert, kann Bitcoin von seiner Funktion als digitales Gold profitieren.

Bitcoin ist ein sicherer Hafen

Sollte es zu ernsthaften Folgen für das wirtschaftspolitische System kommen, da zum Beispiel Notenbanken extreme Maßnahmen einleiten, um eine Rezession durch den Coronavirus zu vermeiden, dann würde das sehr wohl den Bitcoin-Kurs als antiinflationäres Assets aufwerten. Diese Rolle Bitcoins als sicherer Hafen muss sich aber eben nicht unmittelbar bemerkbar machen. Für China gilt dies umso mehr. Schließlich fährt die chinesische Regierung einen restriktiven Kurs gegen Kryptowährungen. Solange man nicht auf dem Schwarzmarkt seine Lebensmittel oder Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs erwerben möchte, kann man aus seinen Bitcoin kaum einen Nutzen für den Alltag ziehen.

Es macht also einen signifikanten Unterschied, ob die Tötung eines iranischen Generals zur globalen Verunsicherung beiträgt oder ob ein Volk von einer Milliarde Menschen unmittelbar von einer Krisensituation betroffen ist und gegebenenfalls Bitcoin verkaufen muss, um Gehaltsausfälle zu kompensieren. Es ist demnach falsch, die Sichere-Hafen-Funktion von Bitcoin pauschal auf jede Krisensituation anzuwenden und eine unmittelbar positive Kursreaktion zu erwarten.

Bitcoin-Akzeptanz als Treiber

Losgelöst vom Coronavirus darf auch nicht vergessen werden, dass Bitcoin ein sehr liquides und jederzeit handelbares Asset ist. Im Gegensatz zu traditionellen Wertpapieren kann der Krypto-Börsenhandel nicht ausgesetzt werden. Wenn man also schnell Cash benötigt, dann bietet sich Bitcoin stärker als Aktien oder Edelmetalle zum Verkauf an. Viele Anleger verkaufen also zuallererst die einfach zu liquidierenden Assets, ergo Bitcoin, bevor sie sich an Gold & Co. wagen.

Wenn Bitcoin in Zukunft eine stärkere Etablierung im Alltag der Menschen findet und sich Bezahllösungen wie beispielsweise von Worldline weiter etablieren, dann wird der Verkaufsdruck von Bitcoin in Marktpaniken reduziert. Wenn Bitcoin nicht mehr nur als Wertspeicher, sondern auch als Bezahlmedium für den Supermarkt-Einkauf dient, besteht eine geringere Notwendigkeit, Bitcoin in Krisenzeiten zu liquidieren. Mit steigender Händlerakzeptanz erhöht man die Nutzbarkeit des Wertspeichers Bitcoin und damit indirekt auch seine Stabilität. Für China ist dieses Szenario allerdings auf absehbare Zeit nicht denkbar. Bitcoin ist und bleibt daher ein sicherer Hafen, auch wenn sein Kurs nicht unmittelbar so auf politische Krisen reagiert wie es manche Krypto-Enthusiasten erwarten.

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