DAX, Bitcoin und Rubel So heftig reagieren die Märkte auf den drohenden Krieg

Die Märkte reagierten nervös auf den Einmarsch Russlands in der Ost-Ukraine. Der Dax brach zeitweise mehr als drei Prozent ein und auch Bitcoin und Co. mussten kräftig Federn lassen.

Nicola Hahn
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New York Börse

Beitragsbild: picture alliance

Wladimir Putin hat gestern in einer einstündigen Rede die Separatistengebiete in der Ost-Ukraine anerkannt und anschließend im Rahmen einer “Friedenmission” Truppen nach Luhansk und Donetsk entsendet – BTC-ECHO berichtete. Zuvor hatte es kurzzeitig Hoffnungen auf ein Treffen zwischen US-Präsident Joe Biden und dem Kremlchef gegeben. Diese Hoffnungen hatten sich jedoch schnell verflüchtigt, nachdem der Kreml sie dementiert hatte. Seit dem Einmarsch ist klar: Die diplomatischen Bemühungen sind, zumindest vorerst, gescheitert.

An der Börse macht sich Kriegsangst breit. Der DAX stürzte im nachbörslichen Handel um mehr als 3,5 Prozent auf 14.215 Punkte ab, konnte sich allerdings heute wieder etwas stabilisieren. Einen richtigen Kursrutsch verzeichnete das russische Börsenbarometer RTS, der die 50 größten russischen Unternehmen umfasst. Dieser rauschte am Montag nach der Ankündigung des Kremls um rund 13 Prozent nach unten und riss parallel den Rubel mit sich, der im Verhältnis zum US-Dollar drei Prozent verlor. Auch der Anleihemarkt blieb nicht unberührt. Die Rendite 10-jähriger russischer Staatsanleihen kletterte um 0,8 Prozentpunkte auf 10,6 Prozent.

Gold und Öl im Plus

Zu größeren Verwerfungen kam es auch an den Rohstoff- und Devisenmärkten. Da Russland zu den größten Rohölproduzenten der Welt gehört, stieg der Preis pro Barrel der Nordseesorte Brent kurzerhand um zwei Prozent auf über 95 US-Dollar. Der Preis der Sorte WTI (West Texas Intermediate) stieg noch kräftiger an und notiert zum aktuellen Zeitpunkt rund 3,7 Prozent im Plus.

Doch in Krisenzeiten gibt es auch die üblichen Gewinner. Dazu gehören neben Gold auch vermeintlich sichere Häfen wie US-Staatsanleihen und der US-Dollar. Der Goldpreis konnte im Zuge der zunehmenden Verschärfungen die 1.900 US-Dollar relativ leicht überwinden und auch der Silberpreis legte auf Wochensicht rund 3,5 Prozentpunkte zu.

Bitcoin – ein Safe Haven?

Am Krypto-Markt zeigen sich die Auswirkungen von Putins Entscheidung in der Ukraine-Krise deutlicher. Bitcoin und Ethereum mussten zwischenzeitlich Verluste von 6,3 beziehungsweise 8,2 Prozent hinnehmen. Aktuell scheint aber auch der Bitcoin wieder Unterstützung zu finden und notiert zum Zeitpunkt des Verfassens mehr als zwei Prozent im Plus.

Nach einer deutlichen Stimmungsaufhellung in den vergangenen Wochen kehrt auch die Angst in die Krypto-Anlegerschaft zurück. Der Fear-and-Greed-Index, der als guter Richtwert für das Marktsentiment gilt, rutschte in den Bereich Extreme Fear ab (siehe unten). Unter den Top-10-Kryptowährungen traf es Solana und XRP am härtesten. Beide verzeichneten Kursrückgänge im zweistelligen Bereich.

Die aktuelle Lage unterstreicht die alte Börsenweisheit, dass Börsen Unsicherheiten hassen. In solchen Phasen werden schnell sämtliche risikoreicheren Titel liquidiert. Neben den Tech-Highflyern zählen dazu auch Kryptowährungen. Eine stärkere Korrelation war bereits in den letzten Monaten zu beobachten. Ein Grund hierfür könnte sicherlich das zunehmend institutionelle Engagement sein, denn institutionelle Investoren verkaufen in Risk-off-Phasen schnell alles, was zu risikoreich ist. Die kurzfristige Outperformance von Gold gegenüber Bitcoin unterstreicht, dass Bitcoin zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht als Safe-Haven-Anlageklasse bezeichnet werden kann. Dennoch sollte man nicht vergessen, dass Bitcoin und viele Altcoins auf längere Sicht eine deutliche Outperformance gegenüber allen anderen Anlageklassen vorweisen. Auf 3-Jahressicht etwa hat sich der Bitcoin-Kurs mehr als verachtfacht. Der marktbreite Index S&P 500 liegt im gleichen Zeitraum rund 55 Prozent im Plus, der Goldpreis circa 13 Prozent. Der deutsche Leitindex DAX schafft es in diesem Zeitraum auf circa 28 Prozent.

Wer in Kryptowährungen investiert, sollte also stets die erhöhte Volatilität berücksichtigen. Diese kann in Aufschwungphasen enormen Rückenwind geben, in Risk-Off-Phasen gilt allerdings genau das Gegenteil.

Inflation: Damoklesschwert Zinspolitik

Natürlich ist die aktuelle Situation Gift für die Märkte. Anlegerinnen und Anleger sollten jedoch nicht vergessen, dass Russland wirtschaftlich gesehen eine eher untergeordnete Rolle spielt. Russlands Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag im Jahr 2021 bei 1,65 Billionen Dollar. Das klingt erst einmal viel, ist aber relativ wenig verglichen mit dem weltweiten BIP.

Ein mögliches Szenario, dass allerdings zurzeit am Markt gespielt wird, ist, dass es aufgrund von Sanktionen gegenüber Russland, die auch russische Energielieferungen betreffen, zu steigenden Energiepreisen in Europa kommen könnte. Dies hatte auch der italienische Ministerpräsident Mario Draghi am vergangenen Freitag, dem 18. Februar, in einer Pressekonferenz betont.

Wir diskutieren mit der EU über Sanktionen und haben im Laufe dieser Diskussionen unseren Standpunkt kundgetan, dass sie sich auf bestimmte Sektoren konzentrieren sollten, ohne den Energiesektor einzubeziehen.

Mario Draghi auf einer Pressekonferenz, Quelle: Reuters

Der Westen hat derweilen Sanktionen gegen Russland und die Separatistengebiete angekündigt. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, drohte etwa mit einem Ausschluss Russlands vom internationalen Zahlungssystem SWIFT.

Das eigentliche Problem der Märkte ist allerdings nach wie vor die Zinspolitik der weltweiten Notenbanken – allen voran die der Fed – sowie heraufziehende Rezessionsängste. Im Januar war die Inflation in den USA um satte 7,5 Prozent im Jahresvergleich angestiegen – BTC-ECHO berichtete. Nachdem die Fed bereits zuvor eine deutlich restriktivere Geldpolitik ab März angekündigt hatte, pries der Markt nach diesen Rekord-Inflationsdaten ein noch schnelleres und strafferes Vorgehen der Fed ein. Die US-Investmentbank JPMorgan geht indes sogar davon aus, dass die US-Notenbank die Zinsen in neun aufeinander folgenden Sitzungen anheben wird.

Die EZB hatte zuletzt stark an ihrer lockeren Zinspolitik festgehalten, steht aber aufgrund der anhaltend hohen Inflationsdaten auch zunehmend unter Beschuss. Während sich das Wachstum in Europa zuletzt recht stabil gezeigt hatte, waren die Erzeugerpreise so stark wie seit 1949 nicht mehr.

Solange die Inflation nicht spürbar zurückgehen sollte, bleibt die Fed in einer Zwickmühle gefangen. Hebt sie die Zinsen nicht schnell genug an, läuft sie Gefahr, dass die Inflation zu heiß läuft. Auf der anderen Seite besteht das Risiko, dass sie damit die Wirtschaft abwürgt und eine Rezession kreiert.

Bitcoin: Bullishe On-Chain-Daten

Politische Börsen haben kurze Beine. Diesen Spruch hört man an der Börse häufig, denn er hat sich bereits des Öfteren bewahrheitet. Ungeachtet der politischen Turbulenzen sollte man nicht vergessen, dass das große Bild beim Bitcoin nach wie vor positiv ist. Darauf weisen mittlerweile mehrere On-Chain-Indikatoren:

Nachdem China das Mining im letzten Jahr verboten hatte, wichen die Miner kurzerhand auf andere Länder aus. Der Einbruch im Sommer 2021 war somit nur von kurzer Dauer. Wie man in Abbildung 1 erkennt, verzeichnete die Hashrate zu Beginn des neuen Jahres wieder einen stärkeren Anstieg und notiert mittlerweile auf Allzeithoch. Damit stellen die Miner unter Beweis, dass sie grundsätzlich weiter bullisch eingestellt sind und trotz eines fallenden Bitcoin-Kurses weitere Mining-Kapazitäten aufbauen.

Bitcoin Hash Rate
Abbildung 1: Bitcoin-Hashrate (7-Tage-Durchschnitt), Quelle: glassnode

In Abbildung 2 erkennt man, dass auf Jahressicht der Anteil von Krypto-Beständen auf den Exchanges von rund 17 Prozent auf 13 Prozent zurückgegangen ist. Ein Zeichen, dass viele Hodler ihre Coins zunehmend von den Handelsplattformen in Cold Storages überweisen. Die Folge: Das Angebot an verfügbaren, handelbaren Bitcoin geht stetig zurück. Die Abbildung macht zudem deutlich, dass es vor allem eine (noch) eher zurückhaltende Nachfrage ist, die einen stärken Bullenmarkt verhindert. Sollte der Trend sich allerdings fortsetzen und die Nachfrage kräftig anziehen, so wäre die aktuelle Lage äußerst bullish für den Bitcoin-Kurs.

Percent on Exchanges
Abbildung 2: Prozentualer Bitcoin-Anteil auf Börsen, Quelle: glassnode
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