Kommt jetzt Proof of Stake? Bitcoin nach Ethereum Merge unter Druck

Mit dem Erfolg des Merge soll Ethereum 99,9 Prozent weniger Energie verbrauchen. Bitcoin wird derweil wegen Proof of Work immer häufiger zur Zielscheibe von Kritikern.

Dominic Döllel
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Bitcoin in Schraubstock

Beitragsbild: Shutterstock

| Münzen werden mit 35 bis 100 Tonnen Druck gepresst. Bei Bitcoin wird es wohl mehr brauchen.

Gestern ist der Ethereum Merge geglückt. Ein Wechsel vom energieintensiven Proof of Work (PoW) zum Konsensmechanismus Proof of Stake (POS) soll den Stromverbrauch um 99,9 Prozent reduzieren. Jetzt steht Bitcoin unter Druck. Die Kritik: zu hoch ist der Stromverbrauch, zu umweltschädlich der CO₂-Anstoß und zu veraltet die PoW-Technologie.

Seitenhiebe von allen Seiten

Viel Stirngerunzle und angreifende Kommentare mussten Bitcoiner in letzter Zeit über sich ergehen lassen. Währenddessen gab es zahlreiche Studien, Abhandlungen und Debatten zum Thema PoW gegen PoS. Eines hat sich geändert: Auch Behörden, Regierungen und Umweltorganisationen spielen mittlerweile eine tragende Rolle.

Greenpeace USA stellte im März die Petition “Change the Code, not the Climate” auf die Beine. Der Wechsel zu Proof of Stake wurde in diesem Zusammenhang vorgeschlagen. Offenbar nahmen sich Politiker des EU-Parlaments daran ein Beispiel: Im Zuge des MiCA-Verfahrens war eine Konsens-Umstellung ebenfalls Gesprächsthema.

EZB und Weißes Haus haben Energie-Bedenken

Wissenschaftler der Europäischen Zentralbank (EZB) haben im Sommer jeweils zwei Bitcoin-Berichte veröffentlicht. Der erste Bericht beschäftigt sich mit dem immensen Energieverbrauch von “einigen Krypto-Assets, die schätzungsweise jedes Jahr eine ähnliche Menge an Energie wie einzelne Länder wie Spanien, die Niederlande oder Österreich verbrauchen.” Jeder weiß, welches “Krypto-Asset” damit gemeint ist: Bitcoin.

Podcast

Das zweite Dokument bezieht sich auf die “Suche nach dem heiligen Gral der grenzüberschreitenden Zahlungen.” Doch auch hier wird schnell klar: Bitcoin sei dies nicht. Einer der Kritikpunkt ist mal wieder der hohe, Proof-of-Work-bedingte Energieverbrauch.

Kürzlich forderte das auch das Weiße Haus in einem Bericht zu den Klimafolgen der Krypto-Industrie eine drastische Senkung des Energieverbrauchs der Branche. Demnach seien die Klimaziele der USA oberste Priorität: Die Treibhausgasemissionen sollen um mehr als 50 Prozent bis 2030 gesenkt werden. Dazu sollen “Staaten, Gemeinden und die Krypto-Industrie zusammen an der Gestaltung, Entwicklung und Nutzung von umweltfreundlichen Krypto-Technologien” beteiligt sein. Bei Verfehlung der Ziele soll ein Proof-of-Work-Verbot drohen. BTC-ECHO berichtete.

Bitcoin bleibt Proof of Work

Im Berlin Socratic Lab, einer monatlichen Berliner Bitcoin-Veranstaltung, war im August das Proof-of-Authority-Konzept des Wissenschaftsteams der Bank of Italy Thema. Nach einer Runde Lachen wurde der nächste Punkt der Tagesordnung diskutiert.

Selbiges Verhalten zeigt auch der tobende Michael Saylor, der just auf die Forderung des Weißen Hauses reagierte. In einem Brief erklärt er, dass die immer wiederkehrende Energie-Diskussion seiner Ansicht nach Teil der Lobby-Bemühungen konkurrierender Krypto-Projekte, die auf Proof of Stake basieren. Mehr dazu hier.

Doch nicht alle Bitcoin-Advokaten sind so kaltschnäuzig wie der MicroStartegy-Gründer. Kryptoexperte Matthias Reder erklärt gegenüber BTC-ECHO, wie er zum Merge steht:

Ich finde zwar, dass Bitcoin in jedes vernünftige Portfolio gehört. Trotzdem schaue ich auch auf den Merge und muss ganz ehrlich sagen, dass ich mich freue, wenn er durchgeht. Denn für mich ist der Wettbewerb im Bitcoin-, Blockchainspace extrem wichtig. Natürlich kann man jetzt sagen, dass Bitcoin und Ethereum überhaupt nicht konkurrieren. Aber innerhalb des Kryptosektors gibt es durchaus Wettbewerb. Es gibt Wettbewerb um Unternehmen, Venture-Capital und die klügsten Köpfe im Space – für Innovation ist Wettbewerb also unerlässlich. Den Merge sehe ich aus diesem Gesichtspunkt also positiv.

Matthias Reder

Wie sich der Merge letztendlich auf Bitcoin, dessen Energieverbrauch und Proof of Work auswirken wird, bleibt abzuwarten. Zwischenzeitlich hilft ein Blick auf den Flippening-Index. Obwohl dieser in den letzten Monaten stark gestiegen war, konnte Ethereum dieses Jahr nicht mehr als 54 Prozent der Marktkapitalisierung der Nummer 1 Kryptowährung erreichen. Für Bitcoiner ist eine Änderung des Konsensmechanismus ebenso wenig vorstellbar wie das Flippening: Denn Bitcoin ohne Proof of Work ist nicht Bitcoin.

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