Konsens oder Nonsense Wie sinnvoll sind Bitcoin Hard Forks?

Mit dem Proof of Authority Konzept schlägt die Bank of Italy eine Änderung im Bitcoin-Konsesmechanismus vor. Entsteht daraus eine neue Hard Fork?

Dominic Döllel
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Bitcoin zweigeteilt

Beitragsbild: Shutterstock

| Der Bitcoin-Kurs (BTC) rangiert aktuell wieder um die 20.000 USD.

Die Geschichte der ersten Kryptowährung, Bitcoin, ist noch jung. Entwickelt als Alternative gegen die Zentralisierung der Banken, fordert das “digitale Gold” mittlerweile die ganze Welt heraus. Was Bitcoin-Befürworter als Feature sehen, bewerten Politiker, Umweltexperten oder Hilfsorganisationen oftmals als Bug: Proof of Work.

Debatten wurden geführt, Streitgespräche begonnen und Petitionen erstellt. Zuletzt fiel Greenpeace USA mit “Change the Code, not the Climate” und der Zusammenarbeit mit Ripple-Mitgründer Chris Larsen auf. BTC-ECHO berichtete. In der Vergangenheit führten allerdings Unstimmigkeiten innerhalb des Netzwerks zu sogenannten Hard Forks.

Bank of Italy entwickelt Bitcoin PoA-Konzept

Eine Forschungsarbeit der Bank of Italy schlägt nun eine Konsensänderung von Bitcoin zu Proof of Authority (PoA) vor. Beim PoA-Konsensalgorithmus wird ein vertrauenswürdiges Individuum ausgewählt, das bestimmte Aufgaben übernimmt. Die Auswahl erfolgt abhängig vom Ruf des Teilnehmers. Dem Forscherteam zufolge könne Bitcoin bei funktionierender Änderung sogar zu einer CBDC werden.

Das kombinierte Protokoll kann als moderne, sichere Grundlage für digitale Zahlungssysteme und digitale Zentralbankwährungen (CBDC) dienen.

Applied Research Team (ART) im Technical Report CFC.CRYPTO.CS/2022/1

Obwohl der Bericht bei vielen Bitcoinern für Aufruhr sorgen dürfte, soll die Änderung Bitcoin verbessern. Unter anderem arbeitet das Dokument fünf Stärken des Netzwerks heraus: Fokus, Verlässlichkeit, Erweiterbarkeit, Offenheit und Lebendigkeit. “Die meisten dieser Features sind PoW-unabhängig”, meinen die Autoren. Zum Schluss geben sie einen Ausblick:

Wir präsentierten ein Bitcoin-ähnliches, genehmigtes, DLT, in dem gültige Blöcke von einem Verband vertrauenswürdiger Akteure signiert werden und Transaktionen deterministische Endgültigkeit genießen. Blocksignaturen werden über ein auf FROST basierendes Schwellenwertschema aggregiert, das die Vertraulichkeit der Mining-Konfiguration und des Quorums wahrt. [] Bitcoin hat unzählige andere Blockchains inspiriert und kommt einem offenen Standard für Zahlungen im „Kryptobereich“ vielleicht am nächsten.

Applied Research Team (ART) im Technical Report CFC.CRYPTO.CS/2022/1

Eine Anfrage von BTC-ECHO, wie sich die Autoren die Stimmung der Bitcoin-Community zum Konsens-Änderungsvorschlag vorgestellt hätten, blieb unbeantwortet.

Bitcoin Cash und der Blocksize War

Das italienische Konzept ist jedoch nicht der erste Vorschlag zur Änderung des Protokolls. Bitcoin Cash (BCH) wurde mit dem Ziel, die Skalierbarkeit der Kryptowährung zu erhöhen, vorangetrieben. Befürworter kritisierten das langsame Bitcoin-Netzwerk, bei welchem nur 7 Transaktionen pro Sekunden möglich sind. Um höher zu skalieren, erweiterte man die Blockgröße von ursprünglich einem auf acht Megabyte. Unterstützt wurde die Idee der Blocksize-Vergrößerung von vorwiegend großen Playern wie Blockstream, Bitmain und Coinbase.

Letztendlich entschied sich die Mehrheit des Netzwerks gegen BCH. Die Node-Betreiber argumentierten, dass mit der erhöhten Blockgröße die Datenlast zu sehr steigen und das Netzwerk zentralisierter werden würde. Der Blocksize War spiegelt das Blockchain-Trilemma wider. Mehr dazu hier.

BCH forkte am 1. August 2017 beim Block 478558. Die Kryptowährung hält sich seit Jahren in den Top-30, konnte sein ursprüngliches, 2017 erreichtes Allzeithoch aber nicht mehr durchbrechen. In den darauffolgenden Jahren kam es bei Bitcoin Cash zu zwei Hard Forks: Es entstanden Bitcoin SV und eCash.

Bitcoin Gold wird mehrmals gehackt

Eine weitere Hard Fork, Bitcoin Gold (BTG), erfolgte noch im selben Jahr und spaltete sich am 24. Oktober 2017 bei Block 491407. Im Mai 2018 kam es zur ersten 51 Prozent Attacke, wobei der Angreifer rund 388.000 BTG von verschiedenen Krypto-Börsen stehlen konnte. Anfang 2018 beschrieb Vorstandsmitglied Edward Iskra, wie man sich vor einer solchen Attacke schützen wolle.

Unser aktueller Mining-Algorithmus, Equihash, wird von vielen verschiedenen Coins ohne Personalisierung verwendet. Es wurde ursprünglich von Zcash entwickelt und basiert auf dem Parametersatz <200,9>. Wir werden ein Upgrade auf Equihash mit dem Parametersatz <144,5> mit einigen Anpassungen durchführen. Wir nennen es vorerst „Equihash-BTG“. Dadurch bleibt unser Blockchain-ASIC resistent und sofortige Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz vor 51 % Angriffen werden hinzugefügt.

Vorstandsmitglied Edward Iskra am Jun 12, 2018

Im Juli 2020 kam es erneut zu einer 51 Prozent Attacke. Um die Angriffswelle zu unterbrechen, wurde das Notfall-Update 0.17.2 veröffentlicht.

Hat der Vorschlag Potenzial?

Bisher stand das Bitcoin-Ökosystem, bestehend aus Entwicklern, Minern, Node-Betreibern und sonstigen Teilnehmern, geschlossen zusammen und lehnte eine Konsensmechanismus-Änderung strikt ab.

Gerade PoA verkörpert eben jene Eigenschaft, die Bitcoin ausräumen möchte: Vertrauen in gewählte, manipulierbare, Individuen. Nicht umsonst gilt in der Szene: “Don’t trust, verify.” Ein Vorschlag zur Änderung des Konsensmechanismus zu Proof of Authority scheint daher sehr unwahrscheinlich.

Aktuell laufen die Vorbereitungen zur Konsensumstellung im Ethereum-Netzwerk von Proof of Work auf Proof of Stake auf Hochtouren. Im aktuellen BTC-ECHO Magazin erfahrt ihr darüber alles, was man wissen sollte.