Das Gerichtsdrama zwischen der US-Finanzaufsicht SEC und der größte Kryptobörse der Welt geht weiter. Eine zentrale Frage: Wie sicher sind die Assets auf Binance? Bei der Anhörung gestern, am 18. September 2023, kamen neue brisante Vorwürfe der Kundengeldveruntreuung ans Licht.
Bereits in ihrer Klageschrift legte die SEC fragwürdige Beispiele für die Vermischung und Veruntreuung von Kundengeldern bei Binance.US vor (Mehr dazu hier). Die Gerichtsunterlagen der gestrigen Anhörungen präsentieren neue Anschuldigungen. Der Chef der Börse, CZ, lieh sich demnach 250 Millionen US-Dollar von einer seiner Firmen, bezahlt mit seinem eigenen Stablecoins, BUSD. Den Großteil davon schickte er dann an BAM Trading, die Mutterfirma von Binance.US. Außerdem soll ein Wirtschaftsprüfer laut SEC große Schwierigkeiten gehabt haben, die vollständige Deckung der Assets zu attestieren.
[Es] war schwierig und manchmal nicht möglich, die Wallet-Salden zu einem historischen Zeitpunkt massenhaft abzurufen. Dies macht es sehr schwierig, sicherzustellen, dass das Unternehmen zu bestimmten Zeitpunkten vollständig abgesichert ist.
Wirtschaftsprüfer laut SEC
Verwahrer von Binance in der Schusslinie
Auch das Unternehmen Ceffu scheint in den Fokus gerückt zu sein. Es wurde 2021 gegründet und ist für die Verwahrung der Assets von Binance zuständig. Registriert wurde es laut SEC unter dem Name Bifinity in Litauen. Laut SEC sollen CZ und zwei weitere Mitarbeiter die alleinigen Besitzer sein. Das würde einem Deal zwischen Binance und der US-Finanzaufsicht verstoßen, nachdem Binance.US von Binance unabhängig sein muss und die Verwahrung lokal in den USA gewährleistet werde.
Der Richter lehnte den Antrag der SEC auf vollständige Einsicht in die Unterlagen der Kryptobörse bei der Anhörung ab. Binance soll aber mehr Informationen über seine Verwahrung herausgeben und besser mit der Finanzaufsicht kooperieren. Er sei “nicht sehr überzeugt, dass BAM Trading volle Kontrolle über die Assets” habe.
Auf Twitter schreibt VC-Investor und Experte Adam Cochran zu den neuen Anschuldigungen: “Binance ist nicht solvent.” Nur so könne er sich das intransparente Chaos und die Probleme des Wirtschaftsprüfers erklären. Ein Binance-Insider aus Europa, der anonym bleiben möchte, erklärte bereits im Juli 2023 gegenüber BTC-ECHO: “Es ist für mich fragwürdig, ob Kunden- und Firmenassets überhaupt getrennt werden. Selbst die Mitarbeiter wissen nicht, wie, wo und von wem die Assets verwahrt werden.”
Letzte Woche kam es zu Massenentlassungen bei Binance.US. Über hundert Mitarbeiter mussten den Hut nehmen. Einige führende Angestellte kündigten, darunter der CEO, der Rechtschef und der Risiko-Officer.
Binance steht auch mit der CFTC vor Gericht, der US-amerikanischen Handelskommission. Außerdem verdichten sich seit Monaten die Gerüchte, dass das Justizministerium bald aktiv gegen die Börse wird. Die nächste Anhörung findet am 12. Oktober 2023 statt.