Marktupdate Nach Sturz unter 30.000 USD: Nein, Bitcoin wurde nicht “gehackt”

Nach einer heftigen Kurskorrektur am Krypto-Markt drucken fast alle Top-100 Coins rote Kerzen. Unterdessen hat die Meldung eines vermeintlichen Double Spend bei Bitcoin für Verunsicherung gesorgt. Das Marktupdate

Christopher Klee
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Hand hält Bitcoin-Münze vor rotem Hintergrund

Beitragsbild: Shutterstock

“What goes up, must come down” – diese Trading-Binsenweisheit drängt sich beim Blick auf die Kursverläufe von Bitcoin und Co. auf. Der gesamte Krypto-Markt befindet sich seit 20. Januar im Korrektur-Modus. Mitgerissen von teils heftigen Kurseinbußen beim Branchenprimus Bitcoin, die BTC zwischenzeitlich auf 29.000 US-Dollar (USD) drückten, steht am 21. Januar ein Großteil der Top-100-Coins nach Marktkapitalisierung unter einem negativen Vorzeichen. Entsprechend dominiert die Farbe Rot die Visualisierung des Krypto-Markts von Coin360.

Die Krypto-Heatmap von Coin 360.com (Stand: 22.01.2020 08:10)

Der großflächige Abverkauf hatte zur Folge, dass der Krypto-Markt die am 7. Januar errungene Billionen-Dollar-Marke wieder abgeben musste. Aktuell liegt die Gesamtmarkt-Kapitalisierung knapp unter 900 Milliarden US-Dollar, wobei 63 Prozent davon auf Bitcoin entfallen.

Derweil scheint sich die traditionell starke Kopplung der Altcoin-Kurse an den Bitcoin-Kurs Seit September 2020 etwas aufzulockern. Die Korrelationen zwischen BTC und Top-10 Altcoins (mit Ausnahme des Stablecoins Tether sowie Polkadots DOT, für den es noch nicht genügend Daten gibt) sinken tendenziell.

Die Mär vom Double Spend bei Bitcoin

Die jüngsten Markverwerfungen korrelierten zeitlich mit Gerüchten über einen vermeintlichen Double-Spending-Angriff auf Bitcoin. Auslöser war ein Tweet von BitMEX Research, der von einem Orphan Block berichtete, der einen (sehr kleinen) Double Spend enthielt. Ein Double Spend liegt dann vor, wenn ein und dieselbe digitale Währungseinheit gleichzeitig in zwei verschiedenen Transaktionen verwendet, also „doppelt ausgegeben“ wurde.

Heute gab es einen ungültigen Bitcoin Block in Höhe von 666.833. SlushPool hat F2Pool in einem Rennen geschlagen. Es scheint, als ob ein kleiner Double Spend von etwa 0,00062063 BTC (21 US-Dollar) entdeckt wurde.

Diese Nachricht – verbreitet durch einschlägige Krypto-Medien – hat offenbar bei dem ein oder anderen Hodler für Panik gesorgt. Laut Google Trends ist das relative Suchvolumen zum Begriff Double Spend am 20. Januar in den USA stark angestiegen.

Doube Spend bei Google Trends.

Bitcoin-Guru Andreas Antonopulos hat in Reaktion auf den aufkommenden FUD (Fear, Uncertainty and Despair) prompt einen Livestream auf Youtube gestartet. Was er von der Panikmache hielt, machte er bereits im Titel des Streams deutlich: “Die Illuminaten haben Bitcoin kaputt gemacht! OMG DOUBLE SPEND & andere fantastische Gruselgeschichten für Kinder”. Mittlerweile hat “aantonop” einen Gang zurückgeschaltet und den Titel zu einem nüchternen (und suchmaschinen-konformeren) “Kryptowährung erklärt: “Double-spend” verstehen, Block Re-Organisation, & Konsens [Bitcoin]” abgeändert.

Überdies hat Antonopoulos, der an der Universität zu Nicosia Kryptowährungen lehrt, den Vorfall auf Twitter aufbereitet.

Es gab eine Reorganisation in der Bitcoin-Blockchain. Dies ist ein übliches Ereignis, das Teil des normalen Betriebs von Bitcoin ist. Es ist ein Ergebnis des dezentralen Konsens unter Proof-of-Work. Alle PoW-Chains tun das. […] Noch einmal: All das ist normal. Eine 1-Block-Reorganisation passiert im Durchschnitt alle paar Wochen als Folge von dezentralem PoW. Eine 2-Block-Reorganisation kommt seltener vor, vielleicht ein paar Mal im Jahr. Eine 3-Block-Reorganisation ist extrem selten. Ich glaube nicht, dass wir jemals eine gesehen haben,

beschwichtigt der Bitcoin-Evangelist die besorgten Hodler.

Antonopoulos nimmt BitMex Research in Schutz

Für den Tweet über den Double Spend hat BitMex Research einiges an Kritik einstecken müssen. Zu unrecht, wie Antonopoulos findet. Er sieht die Schuld für den FUD nicht bei den Daten-Lieferanten, sondern bei den Medien, die die Daten zu reißerischen Headlines verarbeitet haben.

Für diejenigen, die @BitMEXResearch anschreien:

Falsches Ziel. BitMEX bietet einen nützlichen Service, der Re-Orgs überwacht. Sie sind der Bote, der das Richtige gesagt hat. Richtet euren Zorn auf @Cointelegraph, der sensationslüsternen Unsinn “berichtet” hat, und auf diejenigen, die ihn verstärkt haben.

So nimmt @aantonop die Blockchain-Analysten in Schutz. Allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, dass Bitmex Research von einem möglichen Double Spend gesprochen hat. BitMex selbst hat eingeräumt, beim nächsten Mal besser auf die Wortwahl zu achten:

Es gab zwei widersprüchliche Transaktionen, jeweils in zwei konkurrierenden Chains. Die scheinbare “Double Spend”-Situation wurde schnell innerhalb eines Blocks gelöst. Sorry, wenn unsere Sprache verwirrend war, wir werden sie beim nächsten Mal verbessern.

Es ist nicht auszuschließen, dass der FUD um den Bitcoin Double Spend für den ein oder anderen Panikverkauf gesorgt und die allgemeine Marktkorrektur befeuert hat. Dass eine Korrektur auf 30.000 US-Dollar oder gar niedriger erfolgen kann, hatte sich jedoch schon vorher angekündigt. BTC-ECHO-Gastanalyst Robert Rother hat diese bereits im gestrigen Live-Stream angedeutet – basierend auf seiner Order-Buch-Analyse.

DYOR vs. FUD

Denn wer sich mit Bitcoin auseinandergesetzt hat, kann über die Double-Spend-Befürchtung nur den Kopf schütteln. Schließlich gehört es zum Grundverdienst der Kryptowährung Nr. 1, das Problem mit seinem Proof-of-Work-Mechanismus gelöst zu haben. Für einen erfolgreichen Double Spend muss ein Angreifer mindestens 51 Prozent der Rechenleistung des gesamten Bitcoin-Netzwerks bereitstellen. Und das ist eine sehr kostspielige Angelegenheit.

Laut Crypto51.com würde es derzeit über 700.000 US-Dollar kosten, das Bitcoin-Netzwerk für eine Stunde (und damit etwa 6 Blöcke) zu kapern, wenn man eine solche Hashrate bei einem Anbieter mieten könnte. Selbst im Falle eines staatlichen (oder irrationalen) Angreifers würde das Bitcoin-Netzwerk weiter bestehen. Der längere Blockchain-Zweig mit den manipulierten Blöcken würde wie ein Eidechsenschwanz abgestoßen werden – mittels einer Hard Fork.

Es bleibt festzuhalten: Bildung schützt am besten gegen FUD. Wer sich nicht von Panikmache ins Bockshorn jagen lassen möchte, dem sei ein Besuch unserer BTC-ACADEMY angeraten. Do Your Own Research lautet die Devise.

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