„Das deutsche Zivilrecht ist sehr gut auf Smart Contracts vorbereitet“ – Politischer Berater des Bundestags Robin Matzke im Interview

Smart Contracts & Co. sind technologisch nach wie vor brandaktuell. Rechtlich befindet man sich damit aber viel weniger im Neuland, als man annehmen könnte. Vieles sei bereits geregelt, meint der Jurist und Bundestagsbeirat Robin Matzke.

Sven Wagenknecht
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Beitragsbild: Robin Matze / Blocktech.Institute

Robin Matzke ist Rechtsanwalt, promoviert an der Humboldt-Universität zu Berlin zu virtuellen Anteilen und ist Beirat im Deutschen Bundestag. In verschiedenen Formaten gibt er seine Expertise auch öffentlich weiter. Unter anderem in der derzeit anlaufenden Webinarreihe des Blocktech.Institute. Über dringenden Handlungsbedarf in der Politik, die Vorteile der Tokenisierung und die juristische Seite von Smart Contracts.

BTC-ECHO: Du berätst momentan den Bundestag zum Thema Tokenisierung von Wertpapieren und deine Stellungnahme zum Blockchain-Gesetz in Liechtenstein hat auch große Resonanz gefunden. Wo siehst du aktuell den größten Handlungsbedarf des Gesetzgebers, um die Blockchain-Technologie zu fördern?

Robin Matzke: Es gibt natürlich viele verschiedene Möglichkeiten, die Technologie zu fördern. Was gerade sehr stark in den Medien präsent ist, ist das Thema digitale Wertpapiere oder elektronische Wertpapiere. Das Zivilrecht bezeichnet solche Wertpapiere als Schuldverschreibungen. Sie verkörpern also eine Forderung, die sonst allenfalls in den Köpfen von Juristen existiert; man kann sie also anfassen. Dazu ist allerdings eine Urkunde erforderlich. Das bedeutet, Wertpapiere müssen in Papierform vorliegen; es findet im Prinzip eine Übertragung des Miteigentumsanteils an diesem Stück Papier statt. Dieses Urkundenerfordernis steht der digitalen Realität entgegen. Wollte man das analoge Recht modernisieren, müsste eigentlich gar nicht viel geändert werden. Man müsste die Voraussetzung klären, die ein Register erfüllen muss und man müsste diese immaterielle Verbriefung echten Urkunden gleichstellen. Das hätte den Vorteil, dass die digitalen Wertpapiere genauso behandelt werden, wie wir das von analogen Wertpapieren kennen.

BTC-ECHO: Gibt es schon konkrete Vorhaben, die die Bundesregierung aktuell auf den Weg bringt?

Robin Matzke: Es gibt die große Blockchain-Strategie, die im Sommer dieses Jahres veröffentlicht werden soll. Im November 2018 hatte die CDU/CSU-Fraktion ein Memorandum vorgestellt, in dem sie die Einführung digitaler Wertpapiere forderte. Am 7. März haben das Bundesfinanzministerium und das Bundesjustizministerium auf diese Initiative reagiert und ein Eckpunktepapier veröffentlicht, in dem sie sich dafür aussprechen, digitale Wertpapiere einzuführen. Dieses Eckpunktepapier hat dabei im Wesentlichen die Forderungen des Memorandums aufgegriffen und befürwortet. Das ist ein kleiner, aber sehr wichtiger Schritt und ein wichtiges Zeichen auf dem Weg zur Digitalisierung. Am 7. Mai gab es noch eine größere Anhörung zu diesem Thema. Es ist geplant, dass nach dieser Anhörung ein Referentenentwurf erarbeitet wird und dieser im Sommer vorgestellt und anschließend ins Parlament eingebracht werden kann.

BTC-ECHO: Warum braucht es aus deiner Sicht eine Tokenisierung von Wertpapieren bzw. welche Vorteile verspricht die Blockchain-Technologie im Vergleich zur klassischen Variante?

Robin Matzke: Wertpapiere im Finanzsektor sind aus Nutzersicht eigentlich bereits digitalisiert. Allerdings: Was bei uns im Online-Depot liegt, ist nicht etwa das Wertpapier selbst, sondern – rechtlich betrachtet –  nur ein Herausgabeanspruch gegen einen Zentralverwahrer. Dieser Umweg ist rechtlich notwendig, um Wertpapiere verkehrsfähig zu machen. Hinzu kommt, dass dadurch das Settlement sehr komplex wird. Blockchainbasierte Smart Contracts könnten also den gesamten Post-Trade automatisieren und entschlacken. Aber auch bei der Emission bietet die Blockchain Vorteile: Denn durch Kryptowährungen kann man digitale Wertpapiere theoretisch von der ganzen Welt aus in Echtzeit zeichnen und handeln.

BTC-ECHO: Du beschäftigst dich auch mit den rechtlichen Aspekten von Smart Contracts. Die technische Seite ist ja nicht immer einfach zu gestalten. Wie sieht es aus juristischer Perspektive aus?

Robin Matzke: Zunächst einmal vorweg: Wenn Juristen von Smart Contracts reden, sprechen sie meist von automatisierten Vorgängen – Stichwort: „selbstvollziehende Verträge“. Da ist es recht egal, ob diese Vorgänge auf einer Blockchain-Infrastruktur ablaufen oder nicht. Aber ich denke, dass das BGB auch bei blockchainbasierten Smart Contracts gut gewappnet ist. Verträge, die über das Internet abgeschlossen werden, gibt es nun ja auch schon eine Weile und die Unterschiede sind weniger groß, als man denken könnte. Im Grunde lässt sich alles rechtlich gut in den Griff bekommen, wenn man weiß wie.

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