Kursexplosion oder Eiszeit? Countdown zum Bitcoin-Halving: Bull Run voraus? Eine Reise in die Vergangenheit!

Bitcoin-Enthusiasten setzen viele Hoffnungen auf das kommende Halving. Doch bedingt eine Verknappung der Token-Emission wirklich einen Kursanstieg? Ein datengestützter Blick auf die vergangen zwei Halvings bei Bitcoin und auf die bei anderen Kryptowährungen.

Dr. Philipp Giese
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Bitcoin Münze zwischen Eisblocks

Beitragsbild: Shutterstock

Das Bitcoin Halving: Ein Grund für Hoffnung für die Einen, eine sorgenvolle Zukunft für die anderen. Letztere befürchten einen Teufelskreis, der Bitcoin nach und nach erstarren lässt, während erstere im Halving eine Initialzündung für den Bitcoin-Kurs sehen.

Wie immer existiert gegen FUD und FOMO nur ein Heilmittel: Die wissenschaftliche Analyse. Ziel dieses Artikels ist deshalb, die Entwicklungen von Kurs und Hash Rate für verschiedene Kryptowährungen zu betrachten. Wir schauen zusätzlich auf die Halvings, um so etwaige Signale für einen unglaublichen Kursanstieg oder einen dramatischen Kurssturz zu erhalten.

Nicht alle Kryptowährungen haben eine mit Bitcoin vergleichbare Geldemission. Ripple hat alle Token zu Beginn generiert und verkauft diese jetzt. Monero besitzt keine Emissionskurve mit dramatischen Ereignissen wie Halvings. Schließlich existieren noch verschiedene Bitcoin Forks. Diese tragen jedoch nichts zu dieser Studie bei, haben sie nach der Trennung von Bitcoin doch noch kein Halving erlebt.

Neben Bitcoin schauen wir deshalb auf folgende Kryptowährungen:

  • Ethereum kennt zwar keine Halvings, jedoch wurde der Mining Reward auch zu verschiedenen Ereignissen reduziert. Wir haben jüngst den Einfluss großer Protokoll-Updates auf die Performance dikutiert. Diese Betrachtung möchten wir hier ergänzen und den Fokus auf die Reward-Reduktionen legen.
  • Litecoin, der kleine Bruder Bitcoins, hatte letztes Jahr auch ein Halving hinter sich gebracht. Wir haben im Vorfeld dieses Ereignisses einen Artikel verfasst, dessen Erkenntnisse wir hier ebenso vertiefen und an manchen Stellen korrigieren werden.
  • Als ein Beispiel einer eher unbekannteren Währung schauen wir schließlich auf Vertcoin. Vertcoin ist Bitcoin recht ähnlich, so dass die Kryptowährung von Entwicklungen wie dem Lightning Network oder von Atomic Swaps profitieren konnte. Vollkommen unter dem Radar vieler Krypto-Enthusiasten gab es Ende 2017 im Vertcoin-Netzwerk ein Halving, welches wir ebenso betrachten können.

Im ersten Teil dieser Studie schauen wir auf die Kursentwicklung, im zweiten auf die Änderung der Performance.

Halving: Ein Garant für Kursanstiege?

Die untere Abbildung zeigt die Kursentwicklungen von Bitcoin, Ethereum, Litecoin und Vertcoin. Unter den Kursplots sind die mittleren Rewards pro Tag in rot dargestellt. Die Kurse sind für Bitcoin in US-Dollar, für die übrigen Kryptowährungen in BTC dargestellt. Der Gedanke ist, so den Einfluss eines Bitcoin Bull Runs möglichst aus den jeweiligen Kursen zu entfernen.

Die verrauschte Linie bei den Ether-Rewards sollte kurz erklärt werden: Um auf die Rewards zu kommen, wurde die tägliche neue Geldemission durch die tägliche Anzahl der Blöcke geteilt. Während das für klassische Kryptowährungen wie Bitcoin, Litecoin und Vertcoin halbwegs gut funktioniert, sieht man bei Ethereum ein paar Unpässlichkeiten. Das mag an der geringen Blockzeit von wenigen Sekunden oder an dem etwas komplexeren Reward-System mit Block- und Uncle-Rewards liegen. So oder so sieht man auch bei Ethereum signifikante Reward-Reduktionen 2017 und 2019.

Was fällt auf? Eine wirklich eindeutige Korrelation zwischen Halvings und positiven Kursentwicklungen vorher oder nachher kann man nicht wirklich erkennen. Bestenfalls bei Bitcoin sprechen die Kursentwicklungen nach November 2012 und nach Juli 2016 für sich. Bei den anderen Kryptowährungen sind derartige Entwicklungen ausgeblieben. Teilweise geht es sogar erstmal bergab. Die Findings für die Kurse in US-Dollar-Kurse sind letztlich dieselben. Frei nach dem Motto „Don’t trust, verify“ hier auch die Abbildung mit den Kursen in US-Dollar:

Was bedeutet das also? Halving ist, zumindest bei anderen Kryptowährungen als Bitcoin, kein guter Indikator für Kurs-Rallyes. Gründe dafür sind klar: Zum einen bestimmt Bitcoin das Marktgeschehen. Zum zweiten ist die Frage, ob andere Kryptowährungen so sehr als Wertspeicher wie Bitcoin begriffen werden.

Schließlich wird eine zukünftige Verknappung des Angebots nicht alleinigen Einfluss haben. Auch die Nachfrage muss sich anpassen. Bleibt das aus, ist alles Denken über Stock-to-Flow oder ähnliches vertane Liebesmüh.

Kommt es zu einer Todesspirale im Mining-Ökosystem?

Das andere Extrem sind immer die Bedenkenträger. Sie betonen, dass der Mining-Reward kleiner wird und dadurch die gefürchtete Mining Death Spiral ausgelöst wird: Mit dem Halving verringert sich der Reward um die Hälfte. Viele Miner werden also nicht mehr profitabel sein. Entsprechend werden sie ihre Geräte ausschalten. Dadurch sinkt wiederum die Blockzeit, was die Kryptowährung noch unattraktiver macht. Der Kurs fällt, wodurch sich noch weniger Miner das Mining leisten können. Um TV Kaiser zu zitieren: Ein Teufelskreis, meine Damen und Herren.

Derartige Argumentationen kommen wie die WM oder das Schaltjahr alle vier Jahre. Dasselbe hörte man 2016 vor dem Halving. Wieder hilft ein Blick auf die Vergangenheit und ein Schielen zu anderen Kryptowährungen. Tut man dies, bestätigt sich das Bonmot „Honeybadger doesn’t care“:

Die Hash Rate, egal ob von Bitcoin oder einer anderen Kryptowährung, kannte größtenteils nur eine Richtung: Aufwärts. Es gab zwar Zeiten der Konsolidierung, in denen die Hash Rate fiel. Dies geschah jedoch unabhängig von etwaigen Halvings. Auch bei den Blockzeiten sind keine Halving-bedingten Unpässlichkeiten zu bemerken.

Zugegeben: Bei Ethereum sprang die Difficulty Bomb an, aber auch das hat nichts mit einer Halbierung der Emissionsrate zutun.

Bitcoin Halving: Immer als ein Puzzlestück sehen

Wir lernen: Die Welt ist nicht so einfach. Weder droht die Eiszeit der FUD-Rufer, noch ist eine Goldene Zukunft der „Number go up“ einzig und allein durch das Halving definiert. Im Bitcoin-Kurs, und damit auch in der Aktivität der Miner, schlägt sich eben Angebot und Nachfrage nieder.

Die Rechnungen sind komplizierter. Sicher, für den bullishen Ausgang sorgte die Welt in letzter Zeit durch Helikoptergeld und unkontrollierte Geldemissionen dafür, das System Bitcoin attraktiv zu machen. Das ist erstmal aber nur ein Argument, was zu einer steigenden Nachfrage führen kann. Wichtig ist also, nicht einfach auf das Halving zu schauen, sondern dieses im Gesamtkontext zu sehen.

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