Besser spät als nie 10 Wege, wie sich Banken der Blockchain-Technologie nähern können

Dass die Blockchain-Technologie und mit ihr die Token-Ökonomie den Finanzsektor verändern werden, ist beschlossene Sache. Angesichts dieser Erkenntnis ist die Zurückhaltung vieler Banken besorgniserregend. Welche Maßnahmen Banken treffen können, um nicht den Anschluss zu verlieren.

Sven Wagenknecht
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10 Wege wie sich Banken der Blockchain-Technologie nähern können

Beitragsbild: Shutterstock

Unternehmen geben sich viel Mühe, um in ihrer Außenwirkung innovativ zu wirken. Bei manchen Unternehmen sind die Image-Anstrengungen sogar größer als die tatsächlichen Bemühungen, wirklich innovativ zu sein. Besonders Banken stehen hier im Verdacht, oftmals weniger zu tun, als sie vorgeben. Es wäre falsch, nun alle Banken über einen Kamm zu scheren. Dennoch kann man guten Gewissens festhalten, dass im Branchendurchschnitt insgesamt zu wenig für die eigene Zukunftsfähigkeit getan wird.

Zwar ist die Blockchain-Technologie neben Künstlicher Intelligenz und Konsorten nur ein Technologie-Puzzlestück, dennoch ist sie so relevant, dass ein Ignorieren fahrlässig wäre. Man kann von keiner Bank erwarten, von heute auf morgen alles auf Blockchain-Infrastrukturen umzustellen – was zugegebenermaßen weder sinnvoll noch realistisch ist – sehr wohl aber, sich intensivst damit auseinanderzusetzen. Aus diesem Grund werden zehn mögliche Maßnahmen vorgestellt, wie Banken eine Blockchain-Annäherung vornehmen können.

1) Die Grundlage einer jeden Kundenbeziehung: Das Bankkonto

Es wäre schon ein Anfang, dass Banken auch Unternehmen ein Geschäftskonto anbieten, die einen Token Sale durchführen. Bislang gibt es nur wenige Banken, die sich bereit erklären, eine Geschäftsbeziehung mit einem Unternehmen einzugehen, das einen ICO durchführt.

2) Eigene Mitarbeiter schulen

Bankmitarbeiter, insbesondere diejenigen mit Kundenkontakt, sollten zumindest über Grundlagenwissen zu Krypto-Wrten verfügen, um souverän mit Kundenanfragen umzugehen. Genauso wie ein Vermögensberater bei einer Bank Kurse zu Investmentfonds belegen muss oder ein Leiter einer Bank einen sogenannten Bankenführerschein erlangt, braucht es auch zertifizierte Kurse zum Thema Blockchain und Token. Ein Mitarbeiter am Bankschalter sollte zumindest ungefähr wissen, was es mit Bitcoin oder Security Token auf sich hat, um keine Halbweisheiten an die Kunden weiterzugeben.

3) Die Verwahrung steht im Mittelpunkt einer jeden Geschäftsbeziehung

Der Verwahrung von Token nehmen sich erst ganz wenige Banken an. Token-Custody-Angebote stammen eher aus der Start-up-Szene als aus der traditionellen Bankenwelt. Dabei sollten Banken wissen, dass sich mit der Verwahrdienstleistung, insbesondere dem Wertpapierdepot, vielfältige Anschlussgeschäfte umsetzen lassen. Wer jetzt die Token Custody verschläft, läuft Gefahr, nicht mehr rechtzeitig an der zukünftigen Wertschöpfung zu partizipieren. Insbesondere in Deutschland, wo langsam regulatorische Klarheit durch die BaFin einkehrt, sollte man annehmen, dass die Banken bereits fertige Token-Verwahrlösungen in der Schublade liegen haben und nur noch pro forma letzte Feinheiten mit der BaFin klären. Dass dem so ist, lässt sich aktuell nicht erkennen.

4) Mittelstandsfinanzierung doch keine Bankensache?

Während sich 2019 viele Security-Token-Plattformen in Deutschland gebildet haben, um Unternehmen oder Immobilien zu tokenisieren, gibt es noch kein vergleichbares Service-Angebot von traditionellen Banken. Dabei hätten sie im Gegensatz zu Start-ups bereits eine belastbare Kundenbasis, Lizenzen und entsprechende Assets. Stattdessen sind es Banken-Challenger-Plattformen wie Kapilendo, die das Geschäft der Mittelstandsfinanzierung auf Tokenbasis übernehmen. Leider sind noch keine Konzepte aus den Firmenkundencentern und Wertpapierabteilungen der Banken bekannt, die den Business Case der Mittelstandsfinanzierung via Token aufgreifen. Nur weil STOs schlanker sind als IPOs, heißt das noch lange nicht, dass es keinen Bedarf für Mittelsmänner gibt.

5) Verbände und Genossenschaftsnetzwerke aktivieren

Dass Deutschland ein stabiles Bankensystem hat, liegt weniger an der Deutschen Bank oder Commerzbank, sondern an den Sparkassen und Volksbanken. Letztere stellen das finanzielle Rückgrat des Mittelstandes und sorgen für eine finanzielle Inklusion aller Gesellschaftsschichten. Die vielen einzelnen Kreditinstitute sind allerdings zu klein, um Innovation im Blockchain- oder KI-Bereich voranzutreiben. Entsprechend muss die Innovation von der höher gelegenen Ebene beziehungsweise Verbandsebene kommen.

Anstatt die ohnehin dezentrale Struktur zu nutzen und in neue Infrastrukturen zu investieren, hüllen sich die Sparkassen und Volksbanken in Schweigen. Wenn überhaupt, dann kommen Impulse von den Landesbanken wie der Landesbank Baden-Württemberg, die Smart-Contract-Pilottests durchführt oder Studien zu Bitcoin herausgibt. Man muss nicht zweistellige Millionenbeträge wie im R3-Konsortium verpulvern, um die Distributed-Ledger-Technologie und Token-Anwendungsfälle weiter zu erforschen. Der Appell lautet also: Den Zusammenschluss auf Verbandsebene suchen, um Digitalisierung ernsthaft anzugehen, anstatt sich damit zu rühmen, dass man das physische Sparbuch abschafft respektive digitalisiert.

6) Regulierte Produkte für das klassische Wertpapierdepot schaffen

Viele Kunden schrecken vor dem Kauf von Token und der Erstellung einer Wallet zurück, würden aber trotzdem gerne in Bitcoin & Co. investieren. Anstatt vielfältige und kundenfreundliche Anlageprodukte anzubieten, gibt es bislang erst wenige Finanzprodukte mit Krypto-Basiswert, die Anleger in ihr klassisches Wertpapierdepot buchen können. Laut der Frankfurter Zertifikatsbörse waren allerdings nicht Gold- oder DAX-, sondern Bitcoin-Zertifikate das beliebteste Anlageprodukt der Börse. Es besteht also eine Nachfrage nach Krypto-Werten, die Banken für sich nutzen können.

7) Bitcoin am Geldautomaten

Banken könnten ihre Geldautomaten um Auszahlungs- und Einzahlungsfunktionen für Kryptowährungen erweitern. Genauso wie die Schweizer Bahn ihre Ticketautomaten vor einiger Zeit zu Bitcoin-Automaten hat werden lassen, könnten Banken auf ihre bisherige Infrastruktur zurückgreifen und zusätzliche Einnahmen durch die Handelsspanne oder sonstige Gebühren verbuchen.

8) Der Blick über den Tellerrand

Man muss das Rad nicht immer neu erfinden, oft genügt ein Blick in die USA oder nach Asien, um zu sehen, wohin die Reise geht. So kritisch JPMorgan CEO Jamie Dimon gegenüber Bitcoin steht, zählt JPMorgan zu den innovativsten Großbanken im Blockchain-Umfeld. Sei es die eigene Blockchain Quorum oder der JPM Coin. Der amerikanischen Investmentbank kann man nicht den Vorwurf machen, nur am Seitenrand zu stehen. Gerade Banken mit einem stark regionalen Bezug sollten sich verstärkt internationale Blockchain-Projekte von Finanzinstituten ansehen, um selbst Krypto-Innovationen anzustoßen.

9) Den digitalen Zentralbankwährungen Vorschub leisten

Auch wenn es noch etwas dauern kann, bis die Europäische Zentralbank (EZB) eine digitale Version des Euros herausgibt, können bereits heute Buchgeld-Euros tokenisiert werden. Die Commerzbank hatte dies bereits in der Vergangenheit getestet. Gerade für die zukünftige Industrie werden Machine-to-Machine-Payments – zum Beispiel bei Autos oder Drohnen – eine gewichtige Rolle einnehmen. Auch wenn wir hier noch am Anfang stehen, wäre es lobenswert, wenn sich deutsche Banken ganz vorne positionieren und somit indirekt den Druck auf die EZB erhöhen, an einer digitalen Version des Euros zu arbeiten.

10) Wertpapierabwicklung über Distributed-Ledger-Strukturen

Einige Banken testen bereits, wie Smart Contracts die Wertpapierabwicklung effizienter gestalten können. Der höhere Grad an automatisierter Wertpapierabwicklung und Verbuchung kann zukünftig Zeit und Kosten sparen. Insbesondere im Zuge der massiven Kosteneinsparungen, wie wir sie bei praktisch allen deutschen Banken sehen, ist eine Investition in DLT-Strukturen eine Investition in die Zukunft. Schließlich ist die bestehende IT-Infrastruktur der Banken vollkommen veraltet und fehleranfällig.

Ist das schon alles?

Natürlich gibt es noch mehr Aspekte und Maßnahmen, bei denen Blockchain und Token eine gewichtige Rolle im Bankensektor einnehmen können. Es geht nicht darum, mit einer perfekten Lösung um die Ecke zu kommen, sondern die Initiative zu ergreifen und sich auf den Strukturwandel in der Finanzbranche einzustellen. Die Behauptung, dass man ja gerne würde, aber die Regulatorik es nicht zulässt, innovativ und digital zu sein, darf nicht als Ausrede missbraucht werden. Wer die Zukunftstechnologien wie die Blockchain beherrscht und zu nutzen weiß, hat eine Chance zu überleben, alle anderen müssen das Feld räumen. Insbesondere bei unseren Sparkassen und Volksbanken wäre dies sehr bedauerlich.

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