Überraschend ruhig war es vor dem gestrigen Launch der Sui-Blockchain. Hier und da ein paar gehypte Tweets, die ein oder andere Berichtserstattung. Doch grandiose Prognosen über die Revolution der Blockchain bleiben weitestgehend aus. Der Start des Mainnets traf bei alten Krypto-Hasen eher auf kollektives Desinteresse. Der SUI-Token stürzte nach Listings auf Binance, Bybit und Co. um mehr als 30 Prozent ab. Ein Bild, das sich schon zum holprigen Start von Suis Cousin Aptos im vergangenen Jahr zeigte.
Der Krypto-Sektor scheint seither gesättigt von neuen Layer-1-Plattformen, die behaupten, das neue Maß aller Dinge in puncto Web3 zu sein. Mit Sui bekommt der Sektor schließlich bereits seinen zweiten “Solana-Killer”. Ein Ausdruck, der angesichts der jüngsten Schwäche Solanas, deutlich an Bedeutung einbüßt. Und schlicht überstürzt wirkt. Braucht es wirklich noch eine neue Blockchain?
300.000 Transaktionen pro Sekunde
Sowohl Sui als auch Aptos finden ihren Ursprung im gescheiterten Blockchain-Unterfangen Facebooks, Libra (später Diem). An diese Herkunft geknüpft ist das Versprechen, das Know-how der Web2-Experten in die Entwicklung der nächsten Blockchain-Generation fließen zu lassen. Sui und Aptos haben so angeblich Lösungen, für das Blockchain-Trilemma aus Skalierbarkeit, Sicherheit und Dezentralität gefunden.
Die Rede ist dabei oft von minimalen Transaktionsgebühren und vermeintlichen Geschwindigkeiten von mehreren 100.000 TPS. Zum Start ihres Mainnets kamen aber sowohl Aptos als auch Sui nicht über 10 TPS hinaus. Das liegt vor allem an der mangelnden Aktivität im Netzwerk. Denn erst mit dieser soll die besagte Kapazität ausgereizt werden. Für viele wirken die anfänglichen Versprechen daher oft wie einfacher Hype, mit wenig Substanz. Mit den aufkommenden Layer-2-Netzwerken Ethereums, wird die Highspeed-Narrative der alternativen Blockchains ohnehin zunehmend unattraktiver. Sui wird in dieser Hinsicht daher mehr bieten müssen.
Sehr schnell und sehr reich
Im Sektor ungern gesehen ist zudem die Beteiligung des Venture-Kapitals. Schon Solana, Avalanche und Co. mussten sich Kritik zu ihren mächtigen Geldgebern gefallen lassen. Der Eindruck, dass die alternative Layer-1-Narrative von VCs genutzt wird, um schnelles Geld zu machen, verstärkt sich durch Sui und Aptos nur noch mehr. Die inzwischen “VC-Token” getauften Coins, sind scheinbar so lukrativ, dass selbst Trons Justin Sun versuchte, sich kurz vor Suis Launch noch eine Scheibe vom Kuchen zu sichern.
Wer am Token-Vorverkauf teilnehmen durfte, steht derweil um das 45-fache im Plus. Und das trotz des Kursrutsches zum Launch. Vollständig verwässert wäre Sui demnach zurzeit wertvoller als die gängigsten Layer-1-Alternativen. Auch wegen der schon zum Start absurd hoch wirkenden Bewertung der neuen Blockchains wird gerne im Sektor mit den Augen gerollt. Die Tokenomics scheinen dabei auch auf möglichst viel Hype ausgerichtet. Nachdem sich anfangs nur ein kleiner Prozentsatz aller Sui-Token im Umlauf befinden, wird zum Ende des Jahres die vierfache Menge freigesetzt. Das sorgt für einen anfangs hohen Preis, ehe die Tokens der frühen Investoren auf den Markt strömen.
“In it for the Tech”
Sieht man von den zweifelhaften Umständen zum Token-Launch ab, hat das Projekt dennoch Potenzial. Mit technischen Neuerungen, wie der intuitiven Programmiersprache “Move” oder “Parallel-Execution”, werden tatsächlich alternative Ansätze zur Blockchain-Entwicklung vorgestellt. Denen sollte der oft tribalistisch ausgerichtete Krypto-Sektor zumindest eine Chance geben. Sui und Aptos haben also in dieser Hinsicht ihre Daseinsberechtigung.
Solange die Blockchain-Skalierbarkeit ungelöst bleibt, wird es immer auch neue Projekte geben, die behaupten, sie lösen zu können. Ein fast schon festgeschriebenes Gesetz im Krypto-Bereich. Und solange das Venture-Kapital bereit ist, absurd viel Geld in die aufkommenden Projekte zu investieren, bleiben die Bewertungen hoch. Ob Sui wirklich zum Solana-Killer heranwächst, wird jedoch daran gemessen, wie viel Aktivität auf der Blockchain generiert wird und wer auf ihr baut. Nimmt man sich hier die Entwicklung Aptos’ zum Vorbild, braucht sich demnach erstmal niemand vor den neuen Blockchains fürchten. In Zukunft könnte sich dies aber ändern.