Use Case dahin? Ist die Einführung von Ethereum 2.0 das Ende von Polygon?

Wenn Ethereum durch das nächste Update in Zukunft schneller und günstiger wird – wofür braucht es dann noch Polygon (MATIC)?

Marlene Müller
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Polygon

Beitragsbild: Shutterstock

| Zu den Tagesgewinnern am Altcoin-Markt zählt auch Polygon (MATIC).

Wäre Ethereum ein Regionalzug, dann würde Polygon einem ICE gleichen – denn die Blockchain ist um ein vielfaches schneller als die des Konkurrenten. Anders als bei der Deutschen Bahn ist Polygon aber noch dazu wesentlich günstiger. Während man für das Validieren seiner Transaktion bei Ethereum aktuell zwischen 30 und 40 US-Dollar hinlegen muss, bekommt man das gleiche (nur schneller) bei Polygon für 0,1 bis 0,5 US-Dollar.

Dass eine langsame und zugleich teure Blockchain unattraktiv ist, begriffen einige Ethereum-Entwickler vergleichsweise früh – und gründeten sodann Polygon, als Ethereum Sidechain. Seit 2017 arbeiten sie daran, das Projekt zum “Internet der Blockchains” zu machen – immer jedoch in enger Verbundenheit mit ihrer Mutter-Blockchain. Sie verwendeten die gleiche Programmiersprache Solidity, sie bauten eine Kompatibilität mit der Ethereum Virtual Machine ein und sorgten dafür, dass auf Polygon abgewickelte Transaktionen in regelmäßigen Abständen im Ethereum-Protokoll eingetragen werden. Jetzt aber soll Ethereum 2.0, neuerdings Ethereum Consensus Layer genannt, kommen. Das soll Ethereum sowohl auf den Konsensmechanismus Proof of Stake umstellen, als auch “Shard Chains” einführen.

Diese Shard Chains sollen erheblich schneller, sein als die bisherige Ethereum Chain – und zudem weit weniger kosten. Verliert Polygon dadurch seinen Use Case?

Ein Ethereum-Adapter?

Zunächst muss man betonen, dass die Idee des MATIC-Protokolls stets die war, eine universelle grundlegende Infrastruktur zu schaffen, um so einen grenzenlosen Austausch zwischen verschiedenen Blockchains zu ermöglichen. Die drei Erfinder, übriges die ersten Krypto-Milliardäre Indiens, hatten dabei die Vision einer grenzenlosen Welt.

Gelingen soll das, indem Polygon einen Plasma-basierten Aggregator darstellt, der als Second-Layer-Lösung für Ethereum dabei helfen soll, einen Rahmen zu schaffen, um:

  1. die Skalierbarkeit für Ethereum zu erhöhen,
  2. eine Spielwiese zu schaffen, auf der Entwickler:innen ihre eigenen souveränen Blockchains und dezentralen Applikationen schaffen können.

Polygon wurde also gebaut, um als Adapter zwischen dem Ethereum-Netzwerk und anderen Protokollen zu fungieren. Diesen Adapter können sich Entwickler:innen zur Hilfe nehmen, um ihre eigenen Blockchains und dezentralen Anwendungen an das Ethereum-Ökosystem anzuschließen. Der Vorteil: Sie können die Ethereum-Plattform nutzen, ohne die Ethereum-Blockchain zu benötigen.

Das Ergebnis: Ein Multi-Chain-Ökysystem von verschiedenen Ethereum-kompatiblen Lösungen, die schnell und preiswert miteinander agieren.

Polygon will Entwickler:innen einen einfach zu bedienen Werkzeugkasten an die Hand geben, sodass diese neue Produkte entwickeln und an Ethereum anbinden können. Feste Bestandteile der Nutzung sind die Ethereum Virtual Machine (EVM) und die Programmiersprache Solidity. Dadurch ist jede valide Ethereum-Adresse auch eine valide MATIC Adresse. Darüber hinaus dürfen die Entwickler:innen jedoch selbst entscheiden, ob sie den Sicherheits-Layer des Netzwerkes nutzen möchten oder nicht. Sie können entscheiden, einen eigenen Konsensmechanismus zu bauen oder sich an den Proof-of-Stake-Mechanismus von Polygon anzuschließen.

Block Producer im MATIC-Netzwerk

In jedem Fall agiert Polygon im Hintergrund als dieser Adapter, der eine gewisse Menge Ethereum Token aufnimmt und mit zusammengefassten Transaktionen vom eigenen Netzwerk zurückgibt. Für dieses Zusammenfassen erweitert die Polygon-Blockchain ihren Proof of Stake um sogenannte “Block Producers”. Dabei handelt es sich um von der Community bestimmte Staker die eine große Menge an MATIC-Coins staken. Wie BTC-ECHO berichtete, führte diese Eigenschaft in der Vergangenheit bereits zur Frage, ob Polygon zu zentralisiert sei, weil einige wenige Wallets hohe Anteile der Token für sich beanspruchen.

Der große Vorteil dieses Mechanismus ist, dass die Polygon-Transaktionen dafür in kleineren Chains durchgeführt und validiert werden können, anschließend in größeren Blöcken zusammen gefasst werden und dann als solche an sogenannten “Check Points” in das Ethereum-Netzwerk eingespeist werden.

Schmiermittel des Netzwerks

Das Schmiermittel für diese Prozesse ist der MATIC-Token. Er dient dem Staking und der Validierung von Transaktionen innerhalb des Polygon-Netzwerks. Zudem ist er entscheidend für die Sicherheit des Netzwerks. Denn Besitzer:innen dürfen anteilig ihrer Token die Governance des Netzwerkes mitbestimmen. Somit hat MATIC auch unabhängig von ETH einen eigenen Wert. Außerdem: Wie Ethereum hat auch Polygon vor wenigen Wochen das Update EIP-1559 eingeführt, wodurch nun auch MATIC-Token verbrannt werden und es zu einem deflationären Haushalt kommen kann.

Zu Redaktionsschluss notiert der Token bei 1,57 US-Dollar. Polygon landet damit auf Platz 16 der wertvollsten Kryptowährungen nach Marktkapitalisierung bei einem Wert von knapp unter 11 Milliarden US-Dollar. Betrachtet man hingegen nicht den Kurs, sondern die Variable “Total Value Locked”, landet Polygon bereits auf Platz 7. Insgesamt sind etwa 4,67 Milliarden US-Dollar an Wert auf der Blockchain zu finden.

Der Grund für diese Top-10-Platzierung sind die erfolgreichen dApps, die bereits auf Polygon laufen – etwa Aave und SushiSwap. Außerdem hat das Netzwerk in der Vergangenheit einige Partnerschaften, etwa mit Decentraland oder Filecoin, abschließen könne. Zudem läuft ein Teil der OpenSea-Vorgänge über Polygon. Besonders durch die aktuell auffallend hohen Transaktionsgebühren und langsamen Zeiten migrieren aktuell zunehmend Projekte von Ethereum auf Polygon.

Polygon weiterhin schneller als Ethereum

Diese bereits existierenden Partnerschaften und erfolgreichen Produkte sind ein Grund, weshalb Polygon mit der Einführung des Ethereum Consensus Layers nicht obsolet werden sollte. Ein anderer ist, dass Ethereum, ersten Hochrechnungen zufolge, auch nach dem Update nicht die Top-Geschwindigkeiten und Preise von Polygon schaffen wird. Darüber hinaus arbeitet Polygon weiter daran, stetig neue Skalierungslösungen zu finden und einzuführen. Aktuell befindet sich das Projekt dabei, Zero-Knowledge und Optimistic Rollups zu untersuchen und zu implementieren.

Auch wurde eine Untergruppe “Polygon Studios” gegründet, die sich eigens um NFT- und GameFi-Projekte auf der Blockchain bemühen soll. So investierte Polygon beispielsweise in die Entwicklung von PlotX – ein Geschicklichkeitsspiel mit 80.000 On-Chain-Nutzer:innen.

Beim Blick in die Glaskugel sieht man durch das Ethereum Update auf jeden Fall einige Wolken für Polygon aufziehen. Trotzdem behält die Plattform für den Moment ihre Daseinsberechtigung, die es wohl auch durch das starke Netzwerk nicht so schnell wieder aufgeben wird. Zudem darf man nicht vergessen, dass die Polygon-Gründer von Beginn an das Ziel hatten, Polygon zum Internet der Blockchains zu machen, das Ethereum für alle zugänglich macht. Deshalb sollte man Ethereum und Polygon weniger als Konkurrenten und mehr als Zusammenschluss begreifen. Denn auch wenn Ethereum durch das Update voraussichtlich schneller und billiger wird, wird es nicht interoperabel. Diesen Use Case kann Polygon für sich beanspruchen – zumindest, bis Ethereum mit dem nächsten großen Update aufwartet.

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