Identität 3.0: Das Ich im digitalen Spiegel

Wir begeben uns auf die Reise zur Persönlichkeit: Was bedeutet Identität? Wie kommt man von der analogen zur digitalen Identität? Auf dem Weg dorthin beleuchten wir historische Konzepte von Identität, bis wir beim Thema Digitale Identität und Blockchain ankommen – und uns fragen können: Wer und wie werden wir sein? Heute: Identität 3.0.: Das Ich im digitalen Spiegel.
Identität 1.0: Geschichte der Identität
Identität 2.0: Die Dezentralisierung der Identität
Identität 3.0: Das Ich im digitalen Spiegel
Identität 4.0: Der goldene digitale Fußabdruck – Von Daten und Konzernen
Identität 5.0: Digitale Identität und Blockchain
Identität 6.0: Was wir von Mr. Robot lernen können

Phillip Horch
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Identität 1.0: Geschichte der Identität

Identität 2.0: Die Dezentralisierung der Identität

Identität 3.0: Das Ich im digitalen Spiegel

Identität 4.0: Der goldene digitale Fußabdruck – Von Daten und Konzernen

Identität 5.0: Digitale Identität und Blockchain

Identität 6.0: Was wir von Mr. Robot lernen können

Nach großen historischen Sprüngen befinden wir uns plötzlich in der nahen Vergangenheit und schon beinahe in der Gegenwart. Nachdem wir geklärt haben, dass Identität schon lange nicht mehr als etwas Identisches, sondern viel mehr als etwas Zersplittertes angesehen wird, geht die Spurensuche nach diesem ungreifbaren Konstrukt weiter. Wagen wir uns also in die unendlichen Weiten des Netzes und Suchen dort nach den Fetzen der Identität.

Gerade in Bezug auf die in Teil 2 erläuterte Dezentralität bietet das Internet vielfältige Möglichkeiten zur Zersplitterung. Nicht nur zwischen den verschiedenen Online-Identitäten, sondern auch zwischen der Online- und Offline-Identität. Doch eins nach dem anderen.

Das Spiegelstadium

Zum besseren Verständnis sei hier eine (zugegebenermaßen stark vereinfachte) Annahme aus der Psychologie erläutert. Der französische Psychoanalytiker Jacques Lacan entwickelte in der Mitte des 20. Jahrhunderts einen Erklärungsansatz zur Entstehung des menschlichen Bewusstseins, den er das Spiegelstadium nannte.

Dabei ging er davon aus, dass Kleinkinder, die sich zum ersten Mal im Spiegel sehen, ein Bewusstsein für ihre Existenz entwickeln. Sie erkennen sich im Spiegel selbst und identifizieren sich damit – das Selbstbild entsteht. Währenddessen entsteht nach Lacan eine Spaltung: Das (innere) Ich trennt sich vom „Nicht-Ich“, also dem Bild, das es von sich selbst hat. Dabei „rutscht“ das Bild, das das Kind von sich entwickelt, nach außen und befindet sich im Bereich des Imaginären. Nach Lacan empfindet das Kleinkind bei dieser ersten Identifikation mit sich selbst große Freude und bildet das Grundgerüst dessen, was sich später (Selbst-)Bewusstsein nennt.

Das Internet als Spiegel

Nimmt man diese Annahme des Spiegelstadiums mit all seiner Umstrittenheit und (notwendigen) Vereinfachung als Grundlage, lässt sie sich in den Tiefen des World Wide Webs in allen denklichen Variationen wiederfinden. Denn: Die Profile, die wir dort erstellen, dienen nicht nur als Spiegel. Dieser Spiegel ist darüber hinaus (fast) nach Belieben formbar und aktualisierbar – man kann ihn nach Wünschen umstellen, ganz egal wie sehr er mit der gelebten Wirklichkeit zusammenhängt.

Duckface: Ganz wichtig fürs Selbstbild

Erinnern wir uns an die sozialen Rollen aus Teil 2: Je nach Kontext verhalten wir uns unterschiedlich. Ob im Umkreis der Familie, bei Freunden oder auf Arbeit – in jedem Umfeld spielen wir ein anderes Theater.

Genauso verhält es sich letztlich im Netz. Der Großteil der Menschen verwendet wohl nach wie vor Facebook, um seinen großzügig umrissenen Freundeskreis ungefragt über seine Meinung, Urlaubsfotos oder die neueste Trennung zu informieren. Für schnelle Nachrichten verwendet man Snapchat, WhatsApp oder Telegram, für den visuellen „Anspruch“ sorgt man auf Instagram. Will man seinen ICO effektiv pushen, präsentiert man sich möglichst seriös auf LinkedIn, während man auf Tinder nach der Liebe seines Lebens sucht.

Dabei gestaltet man sein jeweiliges Profil dem jeweiligen Kontext so angemessen wie möglich – ohne dabei (zwingend) darauf zu achten, ob alles echt ist. Man gestaltet sein digitales Selbstbild. Ganz nach Belieben.

Das Ich im Netz

Zurück zu Lacan: Das Internet dient in all den gegebenen Beispielen als Vermittler für den digitalen Spiegel. Mit den jeweiligen Apps und/oder sozialen Netzwerken baut man sich ein Abbild, das mehr oder weniger mit der Person vor dem Spiegel übereinstimmt.

Spinnt man das Ganze mit den vorliegenden Annahmen weiter, kann das auch gefährlich werden. Kommt es nämlich zu einem allzu hohen Ungleichgewicht zwischen imaginärem Selbstbild und der Person vor dem Spiegel, kann es zu psychischen Dispositionen kommen – doch das führt an dieser Stelle zu weit.

Eins steht fest: Das Reich des Digitalen dient all denen, die es nutzen, auf die eine oder andere Weise als Spiegel. Auf sozialen Medien, durch Apps und allen voran mit den mobilen Endgeräten können wir vielfältige Bilder unserer Selbst entwerfen, denen wir bisweilen hinterherrennen.

Dass wir dabei täglich bares Geld in Form von Daten verschenken, erläutern wir im kommenden Teil 4.

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