EUROC  Euro Stablecoin: EZB “übergibt” Anleihekaufprogramm an Circle

Das amerikanische FinTech Circle hat gestern, am 30. Juni, ihren neuen Stablecoin begeben. Das Besondere: Es handelt sich dabei um einen Euro Stablecoin, der zu 100 Prozent mit Euro-Geldwerten wie Staatsanleihen gedeckt ist. Dies ist nicht nur ein Novum, sondern könnte hohe politische Wellen in Europa schlagen.

Sven Wagenknecht
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Stablecoin EU MiCA Euro

Beitragsbild: Shutterstock

| MiCA verändert die europäische Krypto-Welt maßgeblich

Euro Stablecoins wie die von Tether oder Celo sind bislang als irrelevant einzustufen. Der Stablecoin-Sektor ist fest in der Hand der US-Dollar Stablecoins, die über 95 Prozent des Gesamtmarktes ausmachen. Allen voran Akteure wie Tether, Circle, Binance oder Paxos beherrschen hier den Markt. Dies könnte sich nun mit dem Euro Stablecoin von Circle ändern.

Denn der EUROC, angelehnt an Euro Coin, kann ein neues Level an Vertrauen und Protokoll-Abdeckung in den Markt bringen. Dies liegt daran, dass eine konservative Deckung, wie sie Circle mit dem EUROC durchführt, bislang nicht wirtschaftlich war. Genau dies ändert sich aber mit der Anhebung der Euro-Leitzinsen über null. Nun können Unternehmen voll gedeckte Euro Stablecoins herausgeben, ohne Negativzinsen zahlen zu müssen.

Enorme Vorteile durch Euro Stablecoin

Bislang sind Krypto-Investoren respektive Trader in der Regel darauf angewiesen, in US-Dollar-Stablecoins auszucashen. Wer aus der Eurozone also tokenisiertes Fiatgeld hält – was auf einen Großteil aller aktiven Krypto-Trader zutreffen dürfte – war bislang einem Wechselkursrisiko ausgesetzt.

Als Folge dessen dürften Blockchain-Anwendungen und insbesondere DeFi-Anwendungen davon profitieren, wenn sich ein Euro Stablecoin etabliert, der die Hürden von Menschen aus der Eurozone reduziert. Auch Unternehmen mit einem starken Im- und Exportgeschäft außerhalb des SEPA-Raumes könnten von einer unmittelbaren Zahlungsabwicklung profitieren.

EZB übergibt Aufkaufprogramm an Circle

Eine zusätzliche Auslandsnachfrage könnte dem Euro selbst zugutekommen. Inzwischen werden im Monat nicht mehrere Milliarden, sondern mehrere Billionen an US-Dollar im Stablecoin-Sektor, primär durch Tether USDT und Circle USDC, umgesetzt.

Als zweitgrößte Währung auf dieser Welt könnte der Euro durch ein digitales Token-Derivat entsprechend mehr Marktanteile im Devisensektor erhalten. Die EZB würde von einem starken und voll gedeckten Euro Stablecoin profitieren. Schließlich hätte sie damit einen zusätzlichen Aufkäufer von Euro-Staatsanleihen. Zumal sie ihre Staatsanleihen-Käufe aufgrund der hohen Inflation zurückfahren muss. Überspitzt formuliert hängen die Renditen einer italienischen Staatsanleihe auch von einem möglichen Erfolg des EUROC ab.

Uncle Sam übernehmen sie!

Eine gewisse Ironie lässt sich nicht vermeiden. Ein US-Unternehmen (Circle) sorgt mithilfe einer US-Bank (Silvergate) dafür, dass die Welt einen erfolgversprechenden digitalen Euro erhält, weil Europa es mal wieder nicht selbst hinbekommt. Noch einen draufgesetzt: da die Internetökonomie durch Google, Amazon und Meta sowieso schon in den Händen der amerikanischen Unternehmen liegt, warum dann nicht auch unser Geld. Unsere Daten liegen schließlich auch schon in der US-Cloud ab. Das Web 3.0 macht mit dem EUROC einen weiteren größeren Schritt über den Atlantik.

Ist es in der EU wirklich so schlimm?

Man mag vorherige Formulierungen als überzogen einordnen. Doch besteht die Gefahr, dass durch eine Überregulierung in der EU, das skizzierte Szenario realistischer ist als vermutet. Auch Blockchain-Professor Philipp Sandner von der Frankfurt School of Finance and Management hatte bereits in einem Artikel auf die Gefahren einer MiCA-Überregulierung hingewiesen. Weitere Regulierungsexperten wie Patrick Hansen (ehemals Bitkom e.V., heute Unstoppable Finance) äußern ebenfalls die Sorge, dass die Hürden für Euro Stablecoins in der EU zu hoch sind.

Ob der EUROC von Circle den MiCA-Voraussetzungen genügen wird, steht noch in den Sternen. Schließlich ist die Krypto-Verordnung in der EU noch nicht verabschiedet worden. Ein großer Unsicherheitsfaktor für jedes Unternehmen im Kryptosektor.

Digitaler Euro nur für EU-Ausländer

Sollte der Euro-Stablecoin MiCA-bedingt nicht in der EU zugelassen werden, dann dürften EU-lizenzierte Dienstleister diesen auch nicht ihren Kunden anbieten. Wer dann also in den Vorteil eines vertrauenswürdigen Euro Stablecoin kommen möchte, müsste auf außereuropäische Dienstleister ausweichen. Exakt das Gegenteil einer sinnvollen Regulierung.

Innovation und Wertschöpfung würde in diesem Fall außerhalb der europäischen Grenzen stattfinden. Ein Schweizer, britischer oder amerikanischer Krypto-Trader könnte entsprechend EUROC nutzen, während Europäer auf USD-Stablecoins zurückgreifen müssen, sofern sie nicht auf ausländische Dienstleister ausweichen wollen.

Dai Stablecoins mit schlechten Chancen

Doch selbst wenn Circle für seinen EUROC eine EU-Zulassung erhält, muss das noch lange nicht bedeuten, dass auch andere, dezentralere Projekte eine Zulassung erhalten. DeFi-Projekte, wie beispielsweise MakerDAO mit Dai, dürften noch schlechtere Karten haben als das hochregulierte und zentralisierte Circle mit Goldman Sachs und Blockrock im Hintergrund.

Es bleibt zu hoffen, dass die MiCA-Verordnung weder einen EUROC noch einen Dai von MakerDAO verhindert. Wenn doch, dann wäre dies ein klares Zeichen dafür, dass sich Europa auch im Web 3.0 wieder selbst ins Aus befördert.

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