Der Euro ist die zweitgrößte Reservewährung der Welt – doch im Stablecoin-Markt spielt er bislang kaum eine Rolle. Während US-Dollar-Token wie Tether und USDC den Markt dominieren, fristet der Euro ein Nischendasein. AllUnity CEO Alexander Höptner erklärt im Gespräch mit BTC-ECHO, warum das so ist – und welche Schritte nötig sind, damit Europa im globalen Stablecoin-Wettbewerb aufholt.
Kein Bedarf im Binnenmarkt – aber im Cross-Border-Settlement
Für den Alltag innerhalb der Eurozone sieht Höptner keinen Nutzen: “Für Zahlungen innerhalb der Eurozone braucht es keinen Euro-Stablecoin. SEPA ist günstig, schnell und funktioniert.”
Anders sieht es im internationalen Geschäft aus. Dort offenbart sich das eigentliche Problem: “Sobald wir grenzüberschreitend zahlen, zeigt sich ein strukturelles Defizit: Gelder sind im Schnitt immer noch drei bis fünf Tage unterwegs.” Genau hier sieht AllUnity den Hebel, Stablecoins als schnelle, transparente und kostengünstige Alternative zu SWIFT zu positionieren.
Euro Stablecoins massiv unterrepräsentiert
“Der Euro ist als Token massiv unterrepräsentiert, obwohl er die zweitgrößte Reservewährung ist”, sagt Höptner. “Unsere Vision ist es, einen führenden Euro-Stablecoin als Eckpfeiler für globale Zahlungen zu etablieren.”
Die Unterrepräsentation hat historische Gründe: Der Dollar gilt als Leitwährung im Welthandel, die Stablecoin-Industrie startete in den USA – und Liquidität zieht Liquidität an. “Wer im Handel mit den USA Geschäfte macht, nutzt US-Dollar-Stablecoins. Der Euro ist da bisher schlicht untergegangen.”
Regulierung: Kein Nachteil für Europa
Während in den USA mit dem Genius Act eine Stablecoin-Regulierung auf den Weg gebracht wird, gilt in Europa MiCA bereits als verbindlicher Rahmen. Viele sehen darin einen Wettbewerbsnachteil, Höptner widerspricht: “Wenn wir uns die Regime weltweit ansehen, sind sie durchaus vergleichbar mit MiCA. Zinsverbote, Reserveanforderungen, Eigenmittel – die Richtung ähnelt sich. Das Problem in Europa ist weniger die Regel an sich, sondern das Störfeuer, das Unsicherheit schafft. Wir sollten jetzt konsequent umsetzen.”
Für CFOs großer Unternehmen bedeutet das: Rechtssicherheit in Europa könnte am Ende sogar ein Standortvorteil werden.
Marktbereinigung unvermeidlich
Dass es derzeit zahlreiche Euro-Stablecoin-Experimente gibt, sieht Höptner gelassen: “Nicht alle werden die Qualität liefern, die für echten Zahlungsverkehr nötig ist. Diese Projekte verschwinden wieder.” Entscheidend seien Standards und Ratings, ähnlich wie bei klassischen Währungen. “Jurisdiktion, Reserven, Governance: Unternehmen schauen genau hin.”
Euro Stablecoins als geopolitisches Werkzeug
Stablecoins haben neben der unternehmerischen Nutzung auch eine politische Dimension. “Man wäre kurzsichtig, Stablecoins nicht auch geopolitisch zu denken”, betont Höptner. Hintergrund: Durch die Hinterlegung in Staatsanleihen können Stablecoin-Reserven zur Staatsfinanzierung beitragen – eine Möglichkeit, die angesichts hoher Schuldenstände in Europa immer wichtiger wird.
“Wenn die USA oder andere Länder Staatsanleihen durch Stablecoin-Reserven stützen, sollte Europa sich diese Option zumindest offenhalten – in einem stabilen Regelwerk”, so Höptner. Gerade im Kontext von geplanten Wachstums- und Verteidigungsfonds könnte ein europäischer Stablecoin zu einer strategischen Finanzierungsquelle werden.
Vision: Vom Nischenplayer zum Eckpfeiler
Am Ende geht es für AllUnity um nicht weniger als die strategische Rolle Europas im globalen Zahlungsverkehr. “Unser Anspruch ist, den führenden Euro-Stablecoin weltweit zu etablieren”, sagt Höptner. “Wenn wir das erreichen wollen, müssen wir Liquidität aufbauen, regulatorische Klarheit schaffen und vor allem die Realwirtschaft überzeugen. Nur dann kann der Euro im Stablecoin-Markt die Rolle spielen, die ihm eigentlich zusteht.”
