Dieser Artikel ist zuerst auf dem Fin Law Blog erschienen.
Wer in Deutschland professionell mit Kryptowerten auf eigene Rechnung Handel treibt, benötigt dafür in vielen Konstellationen eine Erlaubnis der BaFin zum Betrieb des Eigenhandels. Der Eigenhandel kann nach deutschem Aufsichtsrecht in vier verschiedenen Konstellationen vorliegen. Das sogenannte Market Making liegt beispielsweise vor, wenn ein Unternehmen an regulierten Finanzmärkten unter Einsatz eigenen Kapitals zu selbst gestellten Preisen für eigene Rechnung kontinuierlich den An- und Verkauf von Kryptowerten anbietet. Eröffnet beziehungsweise erleichtert ein Dienstleister durch ein Handelsangebot in Bezug auf Kryptowerte seinen Kunden einen Zugang zum Handel mit Kryptowerten, kann diese Dienstleistung ebenfalls als Eigenhandel erlaubnispflichtig sein.
Weniger verbreitet im Kryptohandel ist die Anwendung von hochfrequenten algorithmischen Handelstechniken an organisierten Handelsplätzen, die ebenfalls dazu führen kann, dass ein entsprechendes Unternehmen eine Zulassung als Eigenhändler benötigt. Schließlich gibt es für den Bereich des sogenannte Over-the-Counter-Handels (OTC-Handel) die Eigenhandelsvariante der systematischen Internalisierung. Sie kann erfüllt sein, wenn ein Anbieter häufig organisiert und systematisch Handel mit Kunden für eigene Rechnung in erheblichem Umfang außerhalb eines organisierten Marktes oder multilateralen Handelssystems betreibt. Auch die systematische Internalisierung bezieht sich auf Finanzinstrumente und damit grundsätzlich auch auf Kryptowerte. Dennoch ist fraglich, ob die systematische Internalisierung auch beim Handel mit Kryptowerten erfüllt werden kann.
Nur Schwergewichte des OTC-Handels sollen reguliert werden
Der OTC-Handel zeichnet sich gerade dadurch aus, dass er außerhalb von streng regulierten und beaufsichtigten Börsen stattfindet. Da es hier eine Vielzahl von Beteiligten gibt, die teilweise Finanzinstrumente in eher geringen Mengen handeln, sind nicht alle Akteure des OTC-Handels aufsichtswürdig. Das Gesetz schreibt deshalb gewisse Schwellenwerte vor, die durch Anbieter von OTC-Finanzinstrumenten überschritten werden müssen, um als systematischer Internalisierer gelten zu können. Ob der Handel eines Anbieters etwa einen erheblichen Umfang im Sinne des Eigenhandelstatbestands hat, bemisst sich entweder nach dem Anteil des OTC-Handels an dem Gesamthandelsvolumen des Anbieters in einem betreffenden Finanzinstrument oder nach dem Verhältnis seines OTC-Handels zum Gesamthandelsvolumen in einem bestimmten Finanzinstrument in der Europäischen Union.
Diese Hürde kann auch bei OTC-Handel mit Kryptowerten von Anbietern genommen werden. Weiter schreibt das Gesetz aber vor, dass die systematische Internalisierung erst dann erfüllt sein kann, wenn die in den Art. 12 bis 17 der EU-Verordnung Nr. 2017/565 über organisatorische Anforderungen an Wertpapierfirmen bestimmten Obergrenzen für häufigen systemischen Handel und erheblichen Handelsumfang überschritten sind. Die EU-Verordnung kennt jedoch den nur auf nationaler Ebene regulierten Begriff des Kryptowertes nicht und legt nur für die nach der europäischen MiFID-Regulierung anerkannten Kategorien von Finanzinstrumenten Obergrenzen fest. Zu Kryptowerten hingegen finden sich keine Regelungen in der Verordnung. Die vom deutschen Aufsichtsrecht aufgestellte Tatbestandsvoraussetzung, dass die Obergrenzen nach der EU-Verordnung Nr. 2017/565 überschritten werden müssen, kann daher im Fall des Handels mit Kryptowerten nicht erfüllt werden.
Kann es eine erlaubnispflichtige systematische Internalisierung mit Kryptowerten geben?
Das Fehlen von Obergrenzen zum OTC-Handel mit Kryptowerten in der EU-Verordnung Nr. 2017/565 könnte als Argument angeführt werden, dass der Tatbestand der systematischen Internalisierung im Sinne des deutschen Aufsichtsrechts in diesem Bereich nicht erfüllt werden kann. Ebenso könnte aber argumentiert werden, dass die Anforderung der Überschreitung der Obergrenzen der EU-Verordnung im Fall von Kryptowerten entfallen muss, weil es keine einschlägigen Regelungen gibt. In letzterem Fall wäre jedoch die Reichweite der Begriffe des häufigen systemischen Handels und des erheblichen Handelsumfangs im OTC-Handel mit Kryptowerten überhaupt nicht abgrenzbar.
In Anbetracht dieser rechtlichen Unsicherheit wäre eine Auslegungsentscheidung der BaFin erforderlich und hilfreich. Zwar werden die meisten Anbieter, für die die Frage relevant wird, ohnehin den Eigenhandel als Dienstleistung für andere betreiben und damit erlaubnispflichtig sein. Dennoch wäre eine aufsichtsrechtliche Einordnung als systematischer Internalisierer mit weiteren aufsichtsrechtlichen Pflichten für das betroffene Unternehmen verbunden, weshalb eine allgemeingültige Klärung der Rechtsfrage begrüßenswert wäre. Um Rechtsunsicherheiten zu umgehen, können Betroffene sich allenfalls freiwillig den Regeln für systematische Internalisierer unterwerfen und einen entsprechenden Zulassungsantrag bei der BaFin stellen.