El Salvador: Wie steht es um die Bitcoin-Adoption?

Bitcoin ist seit über zwei Jahren öffentlich anerkanntes Zahlungsmittel in El Salvador. Wie steht es um die Adoption? Und wie groß ist das Loch in der Staatskasse? Von Phillip Horch und David Scheider. Am 7. September jährte sich die Bitcoin-Legalisierung im zentralamerikanischen El Salvador zum zweiten Mal. Unter der Schirmherrschaft des selbsternannten "coolsten Diktators der Welt" Nayib Bukele haben alle Salvadorianer:innen im Jahr 2021 die Möglichkeit bekommen, über die staatliche Chivo-Wallet ein kleines Bitcoin-Startkapital (umgerechnet 30 US-Dollar) zu bekommen. Das Ziel des Staatspräsidenten: Mittels Bitcoin die Staatswirtschaft ankurbeln. Ob das auch geklappt hat? Wir haben uns umgehört. "Das Vertrauen in das Projekt muss noch verbessert werden" Tatsächlich verlief der Start des Projektes im Hinblick auf die Chivo-Wallet nicht wie geplant. Daniel Lopez aus Santa Tecla La Libertad berichtet gegenüber BTC-ECHO: "Am Anfang war es ein riesiges Chaos. Identitätsdiebstahl war ein großes Problem. Viele konnten ihr Startkapital nicht benutzen, da es schon von jemand anderem in Anspruch genommen war". Auch hätten die Menschen mit der Geschwindigkeit der Transaktionen zu kämpfen gehabt. Gegenüber dem gewohnten Bargeld hatten die Menschen offenbar zum Teil mehrere Minuten auf die Bestätigung ihrer Transaktionen warten müssen. Dass das bei On-Chain-Transaktionen normal ist, wussten viele Bürgerinnen und Bürger des Landes nicht. Foto: Jana Linicus Das habe letztlich zu Misstrauen in der Bevölkerung geführt. Im Einzelhandel habe sich die Akzeptanz dementsprechend schwierig gestaltet. Auch die installierten Chivo-Geldautomaten stünden vor einem großen Problem: Sie hätten meistens kein Bargeld, gegen das man seine Bitcoin umtauschen könnte. Hier gibt es also noch viel aufzuholen. Foto: Daniel Lopez Aktuell scheitert die Bitcoin-Adoption offenbar vor allem am Vertrauen der Menschen und mangelnden Kenntnissen über der Kryptowährung. Dazu Lopez: "[...] es gibt vor allem zwei Dinge, die verbessert werden müssen: das Vertrauen der Menschen in das Projekt und Transparenz von Seiten der Regierung". Bildung, Partnerschaften und ein Milliarden-Dollar-Projekt Tatsächlich scheint die Regierung in El Salvador einiges daranzusetzen, Bildung im Bitcoin-Bereich voranzubringen. Im März dieses Jahres hat das Land mit "CUBO+" ein Ausbildungsprogramm ins Leben gerufen, das Bitcoin- und Lighting-Entwickler hervorbringen soll. Entstanden ist das Projekt aus einer Partnerschaft zwischen El Salvador und der Stadt Lugano, die gemeinsam die erste Bitcoin-Botschaft in der Schweizer Stadt ins Leben gerufen haben. Selbst ein Mining-Projekt hat der Staat initiiert. Das erklärte Ziel des Landes ist es, "eine der größten Mining-Farmen der Welt" ins Leben zu rufen. Mithilfe eines Parks für erneuerbare Energien soll ein Projekt entstehen, das eine Milliarde US-Dollar kosten wird. Die ersten 250 Millionen US-Dollar für das Mammutprojekt sollen von "führenden Unternehmen der Bitcoin-Branche" kommen. 23 Prozent der Einnahmen sollen in die Staatskasse gehen, 27 Prozent an die Investoren und 50 Prozent sollen wieder zurück in das Projekt fließen. Mit dem nun gestarteten Lavapool geht das Land erste Schritte in diese Richtung. Wie steht es um die Staatskasse? Tatsächlich ist es nicht gerade so, dass El Salvador mit Geld um sich werfen kann. 70 Prozent der Menschen leben in Armut, die Inflation lag im vergangenen Jahr bei 7,2 Prozent. Statt mehr Geld in Bildung oder die Bekämpfung von Kriminalität zu stecken, investiert Bukele 100 Millionen US-Dollar in eine volatile Kryptowährung. Immerhin hält El Salvador nun 2.381 BTC, womit das kleinste Land Zentralamerikas auf Platz drei der Länder mit den größten BTC-Beständen rangiert. BTC-ECHO war im November 2021 in El Salvador und hat sich ein Bild von der Bitcoin-Adoption in dem Land gemacht. Foto: Stefan Lanser. Dennoch: Die Bitcoin-Strategie ist ein gewagtes Unterfangen. Denn weitere 200 Millionen US-Dollar flossen laut Tagesschau in die Entwicklung der Chivo-Wallet, Automaten und in das Startkapital für die Menschen. Und das für eine scheinbar kaum vorhandene Nutzung. Das Bitcoin-Gesetz ist entsprechend unbeliebt. Wie aus einer Studie der Francisco Gavidia Universität hervorgeht, halten nur 0,7 Prozent der Bürger:innen El Salvadors das Gesetz für die wichtigste Implementierung in Bukeles Amtszeit. Auf der anderen Seite sagen 30 Prozent, dass das Gesetz Bukeles größtes Manko ist. Deutlich beliebter sind Themen wie sein hartes Vorgehen gegen Bandenkriminalität. Selbst Daniel Lopez, erklärter Bitcoin-Anhänger, räumt ein: Ich benutze Bitcoin nur fürs Investment und für Trainingszwecke. Es gibt überhaupt keine Zweckdienlichkeit beim Benutzen von Bitcoin und die meisten Orte akzeptieren die Kryptowährung nicht. Daniel Lopez Die Idee sei zwar gut, fügt er hinzu, aber die Implementierung schlecht. Wie häufig mit Bitcoin tatsächlich bezahlt wird, ist schwer zu ermitteln. Immerhin: Ein Inhaber eines Sandwich-Geschäfts verrät gegenüber Lopez, dass über das Wochenende verteilt höchstens zwei bis drei Menschen mit BTC bezahlen. Die lokalen Supermärkte in Santa Tecla wollen auf Nachfrage keine Auskunft geben.

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