Release 2024 Digitaler Rubel: Was sich Russland von der CBDC verspricht

Russland möchte schnell einen digitalen Rubel einführen. Die Central Bank Digital Currency (CBDC) soll bereits im Jahr 2024 flächendeckend zum Einsatz kommen. Warum Russland damit ein klares Zeichen an den Westen setzt und was sich die Autokratie alles davon verspricht.

Sven Wagenknecht
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Beitragsbild: Shutterstock

| Was bewegt Putin zum digitalen Rubel?

Es kam nicht unerwartet. Schon seit längerem ist es bekannt, dass Russland mit Hochdruck an einer CBDC arbeitet. In einem neuen Dokument geht die russische Zentralbank, auch Bank Rossii genannt, von einer Testphase im nächsten Jahr aus, die dann im Jahr 2024 mit einer ersten Version in die kommerzielle Praxis überführt werden soll. Weiterentwicklungen wie ein Offline-Modus sind dann ab 2025 geplant.

Russland: Isoliert vom Westen

Die westlichen Sanktionen wie unter anderem Ausschlüsse betreffen vor allem den Zahlungsverkehr. So sind es westliche Infrastrukturen wie SWIFT, die weltweit dominieren und Staaten wie Russland in eine große Abhängigkeit bringen. Eine CBDC wiederum würde auf neuen Infrastrukturen aufbauen und könnte grundsätzlich nicht vom Westen sanktioniert werden.

Großes Vorbild dürfte hier China sein. Nicht nur ist das Land in der Implementierung einer CBDC am weitesten, auch hat es genau wie Russland die gleiche Motivation: den Einfluss der USA und Europas zu reduzieren. Es ist davon auszugehen, dass sich Russland einiges bei China abschaut. Auch dürfte eine hohe technische Kompatibilität beider CBDCs angestrebt werden. Schließlich ist es von nationalem Interesse, wenn die CBDC-Infrastruktur nicht nur im Inland mit der eigenen Währung funktioniert.

Angesichts des rohstoffreichen Exports von Russland könnte es beispielsweise interessant sein, wenn man Rohstoffgeschäfte mit China und anderen Staaten über eine CBDC abwickelt. Zumal man hier den US-Dollar als Leitwährung gezielt verdrängen möchte.

Macht der Notenbank

Insbesondere in Autokratien wie Russland und China ist die Unabhängigkeit der Zentralbank kaum gegeben. Soll bedeuten, dass im Zweifel Putin entscheidet, wohin die geldpolitische Reise geht. Eine CBDC verschafft ihm wiederum neue Möglichkeiten bei der Steuerung. Schließlich musste die Bank Rossii in der Vergangenheit und insbesondere in den letzten Monaten waghalsige Manöver durchführen, um den Rubel stabil zu halten. Eine CBDC bedeutet langfristig zum Beispiel eine deutlich effizientere Möglichkeit, Kapitalverkehrskontrollen umzusetzen.

Diese sind besonders wichtig, um die Effekte von monetären Fluchtbewegungen zu unterbinden und die eigene Währung zu stabilisieren. Mit einem Zurückdrängen des Bargeldes könnten so die Geldströme besser gelenkt und analysiert werden.

Autokratien lieben CBDC

Die Folge wäre eine für Autokratien typische Überwachung. Genau zu wissen, wer wie welche Zahlungen erhält oder anweist, verschafft dem Staat mehr Kontrolle. Politische Gegner, deren monetären Transaktionen bislang unter dem Radar bleiben, würden sich kaum noch vor dem Staat verstecken können.

Kryptowährungen wie Bitcoin dürften daher in Zukunft einer harten Regulierung ins Auge blicken müssen. Der russische Staat war in der Vergangenheit für seinen Zickzack-Kurs bekannt. Eine klare Fahrtrichtung in puncto Krypto-Regulierung blieb bislang aus.

Auch wenn es nicht zu einem Verbot von Kryptowährungen in Russland kommen muss, ist davon auszugehen, dass sämtliche Anwendungen, die die Privatsphäre schützen können, unter die Räder kommen. Soll bedeuten, dass es unter anderem wahrscheinlich wäre, dass der Staat non-custodial Wallets oder wirklich dezentrale Dienste nicht erlaubt. Technisch kann er sie zwar nicht abschalten, aber sehr wohl unter Strafe stellen.

Russisches Helikoptergeld

Angesichts der schlechten wirtschaftlichen Aussichten für Russland ist mit einem Rückgang des Wohlstandsniveaus zu rechnen. Insbesondere dann, wenn sich die aktuell hohen Erdgas- und Erdölpreise wieder normalisieren. Entsprechend ist es wichtig, dass der Staat über Mittel verfügt, um gezielt die Konjunktur zu unterstützen. Zumal die Zufriedenheit der russischen Bevölkerung durch den wirtschaftlichen Abschwung leiden dürfte.

Mit einer eigenen CBDC können wiederum gezielt staatliche Unterstützungsleistungen an die Bevölkerung ausgegeben werden. Je nachdem, wie die Handhabe des Staates und die Bilanzierung der CBDC geregelt ist, könnte der digitale Rubel theoretisch so weit führen, dass Putin per Knopfdruck Guthaben auf die CBDC-Konten gutschreibt.

Wie Pilottests in China gezeigt haben, kann die CBDC sogar zweckgebunden sein. Demnach könnte der Staat lenken, wofür die CBDC ausgegeben werden. In China wurde bei einem Pilottest beispielsweise der öffentliche Nahverkehr rabattiert, wenn man mit CBDC gezahlt hat. Welche konkreten Geld- und Steuerungsformen sich zukünftig noch aus dem digitalen Rubel entwickeln werden, ist schwer zu sagen. Denkbar ist jedenfalls vieles.

Digitaler Rubel: Ein Zeichen an den Westen

Sicherlich wird die Einführung des digitalen Rubels nicht ohne Startschwierigkeiten und Pannen auskommen. Da die Zeit drängt, dürfte die Fehlertoleranz bei dem russischen Staat besonders groß sein.

Auch möchte Putin damit klar die Unabhängigkeit Russlands demonstrieren. Schließlich ist die Hoheit über die Geldinfrastrukturen ein hohes nationales Sicherheitsinteresse. Gerade die Kopplung an den militärischen Komplex ist hier nicht zu unterschätzen. Ein starkes Militär unter staatlicher Kontrolle ist langfristig immer nur dann möglich, wenn man auch die Staatsfinanzen und die Geldinfrastrukturen im Griff hat. Die Einführung einer CBDC soll daher vor allem auch Stabilität in unsicheren Zeiten bringen.

Sollte es beispielsweise zu einer Bankenkrise in Russland kommen, würde sich für die Bürgerinnen und Bürger eine CBDC auszahlen, da sie nicht mehr der Bonität einer Bank unterliegen. Bislang sind Unternehmen und private Haushalte auf das Geld der Geschäftsbanken angewiesen. Geldschöpfung und Kreditvergabe lag also in deren Händen. Mit einer CBDC hätte Russland beispielsweise die Möglichkeit, Bankruns zu verhindern und gleichzeitig aktiv die Geldversorgung der Privatwirtschaft zu steuern.