Bitcoin-Dominanz wird weiter ansteigen – Im Gespräch mit Giacomo Zucco (Teil 2)

Auf der von Fulmo organisierten Lightning Conference zwischen dem 19. und 20. Oktober war Giacomo Zucco, bekannter Bitcoin-Maximalist und einer der Köpfe hinter dem RGB-Protokoll, anwesend. In einem Vortrag stellte er gemeinsam mit Dr. Maxim Orlovsky den aktuellen Stand der Tokenisierungslösung auf Lightning-Basis vor. Grund genug für BTC-ECHO, mit ihm über RGB, Lightning und Bitcoin-Maximalismus zu sprechen.

Dr. Philipp Giese
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Giacomo Zucco über Bitcoin-Maximalismus

Beitragsbild: Enid Valu

Dies ist der zweite Teil eines Gesprächs mit Giacomo Zucco. Den ersten Teil findet ihr hier. Im zweiten Teil werden wir über Bitcoin-Maximalismus und Tokenisierung sprechen.

BTC-ECHO: Sprechen wir mal ein wenig über dich. Auf Twitter bist du als Bitcoin-Maximalist bekannt und berüchtigt. Manche nennen dich einen Toximalisten, was dazu führte, dass du dich selbst als „Ex-Ex-Toximalist“ bezeichnest. Warum nimmst du diese Position ein?

Giacomo Zucco: Zum „Ex-Ex-Toximalisten“: Das ist eher ein Running Gag. Mit meiner Präsentation über toxischen „Maximalismus“, die ich auf der Balic-Honeybadger-Konferenz 2018 hielt, habe ich viele Shitcoin-Anhänger gegen mich aufgebracht. Ich dachte deshalb, dass ich dieses Jahr auf der Baltic Honeybadger einen anderen Ansatz wähle. Mit Augenzwinkern nahm ich die Position eines „Shitcoin-Apologeten“ ein und wurde so zu einem „Ex-Toximalisten“. Als der Witz langsam alt wurde, kam auch wieder der alte Toximalist in mir durch – ich wurde zum „Ex-Ex-Toximalisten“.

BTC-ECHO: Was ist deiner Meinung nach an anderen Kryptowährungen auszusetzen?

Giacomo Zucco: Gegen andere Kryptowährungen sprechen zwei Gründe. Ein Grund für meine radikale Maximalisten-Position ist Wirtschaftstheorie. Digitale Limitiertheit ist komplex und fragil. Nur wenn der Markt dem ursprünglichen digitalen Asset einen exklusiven Wert gibt, existiert eine digitale Version von hartem Geld. Dieses harte Geld benötigt einen begrenzten Supply und eine wohldefinierte, nicht änderbare Emissionskurve. Etwaige Kopien dieses ursprünglichen, ersten digitalen Assets, sprich irgendwelche Altcoins, sollten zugunsten eines digitalen Geldes wirklich nur eine Randerscheinung sein. Dann können sie auch, beispielsweise bezüglich der Emissionskurve, machen, was sie wollen. Ich halte deshalb eine Welt mit vielen gleichberechtigten Altcoins, in denen der Markt unzählbaren Bitcoin-Klonen einen Wert andichtet, für dysfunktional. Nicht nur die Nachfrage, auch das Angebot und die Inflationsrate ist in diesem Multicoin-Szenario absolut unvorhersehbar.

Eine Welt mit nur einer Kryptowährung würde im Gegensatz dazu funktionieren: Der Markt würde in nur einer Kryptowährung einen wirklichen Wert erkennen und sowohl das Angebot als auch die Inflationsrate wären tatsächlich bestimmbar. Ich bin darüber glücklich, dass schon jetzt der Unterschied in der Bewertung Bitcoins und der tausenden von Klonen gewaltig ist. Dazu besteht Grund zur Hoffnung, dass die Bitcoin-Dominanz weiter ansteigt. Freie Märkte suchen bei geldwerten Mitteln nach Konvergenz, nicht nach Diversifikation. Dass es heute unterschiedliche Formen von Geld gibt, ist lediglich eine Folge von staatlicher Intervention. Vor der vergleichsweise jungen Mode des Fiatgeldes haben die globalen Märkte sich immer für die bessere, stabilere, „härtere“ Form des Geldes entschieden.

BTC-ECHO: Und was ist neben dem wirtschaftlichen Grund ein zweites Argument?

Giacomo Zucco: Neben diesem starken monetären Netzwerkeffekt kommen weitere für Bitcoin sprechende Punkte dazu: Bitcoin ist sowohl bezüglich der Hardware-Infrastruktur, der Software-Infrastruktur und dem finanziellen Ökosystem anderen Kryptowährungen weit überlegen. Die Entwicklung Bitcoins zieht einen weiteren Netzwerkeffekt nach sich: Bitcoin sammelt die talentiertesten Entwickler, die lieber am globalen Standard denn an irgendwelchen Plagiaten und Klonen arbeiten wollen. Was für Bitcoin ein positiver Effekt ist, führt bei den ganzen Shitcoins zu einem Teufelskreis: Mit dem Abwandern guter Developer zu Bitcoin sinkt die Qualität der Softwarebasis eines Klons immer schlechter, sodass der Shitcoin selbst immer schlechter wird. Irgendwann hat er nichts anderes als Marketing vorzuweisen.

Ein Beispiel für eine derartige Entwicklung ist Ethereum. Ethereum ist nichts anderes als eine Sammlung alter und von Bitcoin-Entwicklern schon lange widerlegter Ideen. Nun haben sie ein Rebranding erhalten und werden als „Innovation“ verkauft.

BTC-ECHO: Es soll beim RGB-Protokoll um die Tokenisierung von Assets gehen. Der Fokus wundert bei einem Maximalisten etwas. Wie können Gedanken wie Tokenisierung von digitalen Assets im Einklang mit der Maximalisten-Position sein?

Giacomo Zucco: Ich denke, hier muss man etwas differenzieren. Was sind denn genau Token? Die ersten waren, bei Licht betrachtet, nicht viel mehr als unregistrierte Wertpapierverkäufe. Sie sollten jenseits der Welt der klassischen Finanzregulierung gehandelt werden. Das wäre per se nichts Schlimmes. Das Problem ist, dass die Idee dahinter komplett unrealistisch ist. Die Dezentralisierung eines digitalen, aber dennoch seltenen Assets wie Bitcoin ist schon schwer genug. Etwas Derartiges mit Wertpapieren ist aktuell unmöglich.

Was machten die „tokenisierten“ Projekte? Sie zentralisierten sich. Auf einmal gab es Firmen, CEOs und Marketing Teams, die hinter einem einzelnen Token standen. In dem Prozess wurden aus „Securities“ auf einmal „Utilities“. Damit wollten sie dem regulatorischen Arm der SEC etc. entkommen. Die ganzen „Utility Token“ und „App Coins“ sind jedoch wirtschaftlich betrachtet kompletter Schwachsinn. Um Dienstleistungen, welche auch immer, zu kaufen, benötigst du Geld. Klassisch, im Einklang mit den rechtlichen Anforderungen, aber zentralisiert wäre das Fiat, neu, dezentral und jenseits der aktuellen Regulierung von Bitcoin. Nun neben Bitcoin noch irgendein „Ad-hoc-Zahlungssystem“ für jede einzelne App zu schaffen, ist vollkommen verrückt.

Als nächstes scheiterten die ganzen „App coins“. Die Köpfe hinter diesen Projekten reden nun von „regulierten Wertpapieren“. Sie vergessen dabei jedoch, dass man im Streben nach voller behördlicher Anerkennung jeden Vorteil eines dezentralen und zensurresistenten Standards wie Bitcoin verliert. Unterm Strich ist ein „regulierter ICO“ nichts anderes als ein IPO mit technischen Hürden.

Neben diesen wirtschaftlichen Problemen sind technische zu nennen. Die Issuance und die Governance stellen häufig große Probleme dar. Auch im Bitcoin-Ökosystem sind hier Fehler gemacht worden. Omni und Counterparty haben zu großen Problemen bezüglich Privatsphäre und Skalierbarkeit geführt. Diese Probleme sind bezüglich ERC-20 Token auf Ethereum noch schlimmer. Immerhin wird bei ERC-20 Token kein Platz in Bitcoins Blöcken verschwendet. Sie verhelfen aber schlechten Bitcoin-Klonen zum Überleben und damit einer schlechten Verteilung von begrenzten Ressourcen.

BTC-ECHO: Und das RGB-Protokoll kann hier eine Lösung sein?

Giacomo Zucco: Die technischen Probleme kann das RGB-Protokoll lösen. Gegen die wirtschaftlichen Probleme hilft jedoch auch weder das RGB-Protokoll noch dazu komplementäre Ansätze wie Liquid Confidental Assets. Appcoins sind auch auf RGB immer noch lächerlich, „Tokenized Securities“ sind auch auf RGB normale, technisch aufgeblasene Wertpapiere.

Natürlich kann es Use Cases für Token geben. Ein Beispiel dafür sind digitale Collectibles wie RarePepe. Tether selbst ist auch ein Beispiel. Es ist ein gutes Beispiel für rechtliche Arbitrage: Ein zentralisiertes und trotz aller Kritik den behördlichen Anforderungen genügendes Unternehmen generiert auf dem Sekundärmarkt ein kaum aufhaltbares Asset, welches eine gute Brücke zwischen Bitcoin und Fiat darstellt.

BTC-ECHO: Um nochmal auf den knappen Platz in Blöcken einzugehen: Was genau ist dagegen zu sagen? Viel Raum für Verschwendung von Blockspace lässt die maximale Größe von OP_RETURN-Befehlen bei Bitcoin nicht…

Giacomo Zucco: Man muss sich einfach klarmachen, dass Blockspace eine sehr knappe Größe ist! Jeder Byte an Daten sorgt nicht einfach dafür, dass weniger Transaktionen in den Block am Ende kommen, sondern verlangt von jeder Node eine Verifizierung. Hoster von Bitcoin Nodes haben in erster Linie das Ziel, die Validierung von Transaktionen so einfach wie möglich zu halten, geht es doch darum, dass Bitcoin weiterhin zensurresistent bleibt. Alleine deshalb gibt es einen Konflikt zwischen Node-Hostern und den Nutzern etwaiger Meta-Protokolle wie OMNI oder Counterparty.

Und um nochmal das Problem Privatsphäre zu nennen: Auf Bitcoins Timechain bleiben Informationen für immer. Für Assets bedeutet das, dass diese zusätzliche Information, die extrem schlecht für Bitcoins Fungibilität ist, immer auffindbar sein wird.

RGB löst dieses Problem, indem alle Daten off-chain gespeichert werden. Das Lightning-Netzwerk wird genutzt, um die relevanten Daten zu übertragen. Bitcoins Timechain wird nur genutzt, um etwaige Versuche eines Double Spendings zu verhindern. Dazu werden sogenannte „Zero Footprint Commitments“ mit realen Bitcoin-Transaktionen auf die Timechain geschrieben. Die Technik dahinter ist unter dem Begriff „Pay to Contract“ bekannt.

Damit das alles klappt, ist natürlich noch einiges an Arbeit zu machen. Einerseits müssen wir vom RGB-Protokoll einige schon im letzten Jahr geplanten Updates finalisieren und damit etwas wirklich Brauchbares liefern. Andererseits muss auch das Lightning Network Protocol einige der genannten Hausaufgaben hinter sich bringen. Es gibt also viel zu tun.

Lieber Giacomo, vielen Dank für das Interview!

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