Experte über Coinbase-CEO “Er verhält sich seltsam, viele unterschätzten ihn deshalb”

Brian Armstrong schickt Mitarbeiter auf die Jagd und legt sich mit der New York Times an. Wie tickt der Gründer von Coinbase? Ein Gespräch mit Autor und Armstrong-Experte Jeff John Roberts.

Giacomo Maihofer
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Coinbase-CEO Brian Armstrong.

Beitragsbild: Picture Alliance

| Coinbase-CEO Brian Armstrong.

In nur zehn Jahren schaffte Coinbase den Aufstieg zur erfolgreichsten Krypto-Börse der USA. Heute ist sie fast 40 Milliarden US-Dollar wert. Der Erfolg machte den Gründer der Firma, Brian Armstrong, zum Milliardär – und zu einem der mächtigsten Männer der Tech-Welt. Jeff John Roberts hat den rasanten Aufstieg für sein Buch “Kings of Crypto” begleitet. Ein Gespräch mit dem Autor.

BTC-ECHO: Wann trafen Sie Brian Armstrong das erste Mal? Welchen Eindruck hat er auf Sie gemacht?

Jeff John Roberts: Als Techreporter für “Fortune” habe ich viel über Start-ups berichtet. Coinbase war damals noch klein. Ich traf Brian das erste Mal in 2014 oder 2015. Er ist nicht sonderlich charismatisch, ein seltsamer Typ. Viele Leute unterschätzten ihn deshalb. Die Leute, mit denen ich für mein Buch sprach, sagten oft: ‘Oh, er wird für einen echten CEO beiseite geschoben werden. Er hat nicht das Zeug dazu.’ Aber er hat einen stärkeren Antrieb und eine größere Ausdauer hat als fast alle anderen Führungskräfte, die ich kenne. Was ihm an Charme fehlt, macht er durch schiere Entschlossenheit wieder wett.

BTC-ECHO: Inwiefern ist er seltsam?

Jeff John Roberts: In den Anfangstagen der Firma stellte er sich extrem unbeholfen an. Er macht seltsame Dinge. Zum Beispiel hat er eine Leistungsbeurteilung über sich selbst anfertigen lassen. Dann hat er die Ergebnisse an das gesamte Unternehmen geschickt. Er versuchte einmal, eine Klausurtagung zu organisieren, wie es Unternehmen tun, damit sich alle einbezogen fühlen. Seine Idee war: Sie sollten gemeinsam ein Tier jagen. Ich denke aber, dass er sich hier gebessert hat.

Brian Armstrong, Elon Musk und Steve Jobs

BTC-ECHO: Der spektakuläre Erfolg von Coinbase machte Brian Armstrong zu einem der einflussreichsten Tech-Führer unserer Zeit. Wenn Sie ihn mit Leuten wie Elon Musk oder Steve Jobs vergleichen: Was hat er mit ihnen gemeinsam – was unterscheidet ihn?

Jeff John Roberts: Er möchte so sein wie diese Leute. Er erzählte mir, dass er nur Biografien von CEOs oder Helden liest, wie dem Typen, der zum Mond geflogen ist. Brian sieht sich selbst als etwas Besonderes. Er hat eine Mission. Das verbindet ihn mit Leuten wie Jobs und Musk. Er stellt das Unternehmen über alles, auch Beziehungen und Freunde. Das ist die Kultur bei Coinbase. Sie sind dort stolz darauf, 16 Stunden am Tag zu arbeiten.

Jobs und Musk sind für ihre Unbarmherzigkeit bekannt. Es macht ihnen wirklich Spaß, andere Menschen zu vernichten. Brian ist nicht so. Er ist ein netter Mensch und nicht sehr konfliktfreudig. Er konfrontiert nicht gerne Leute, mit denen er arbeitet. Das hat auch zu Chaos in der Firma geführt. Dadurch wurde es teilweise sehr politisch. Er ließ andere Leute mit ihrem Aktivismus Amok laufen.

Coinbase
Das Cover von “Kings of Crypto”. Das Buch erzählt vom Aufstieg von Coinbase. Die deutsche Übersetzung erschien beim Börsenbuch-Verlag.

BTC-ECHO: Im Jahr 2020 kündigte Brian an, dass Coinbase ein strikt unpolitisches Unternehmen sein sollte. Für diesen Schritt wurde er sehr stark kritisiert. Von Ex-Twitter-CEO Jack Dorsey, aber auch von der New York Times. Was trieb ihn dazu?

Jeff John Roberts: Die Entscheidung kam auf dem Höhepunkt von Black Lives Matter, als es in Tech-Unternehmen wie Facebook oder Twitter eine Menge Streit über politische Dinge gab. Er wollte nicht, dass Coinbase ein Ort oder ein Forum für politischen Aktivismus wird. Dadurch hat er sich einen Streit mit der New York Times eingehandelt, was wahrscheinlich nicht die beste Idee war. Er schrieb diesen Blogbeitrag, in dem es hieß: Coinbase wird nur die Wahrheit sagen.

Viele Leute im Unternehmen dachten: Warum tust du das? Auch in den Medien und in der Wirtschaft sahen viele das als Fehler an. Dieser Typ ist lächerlich, sagten sie. Brian scheint nicht das Gespür dafür zu haben, wie andere Menschen die Dinge sehen. Aber seinen Erfolg kann man nicht bestreiten. Ich musste auch einige meiner Ansichten über ihn revidieren.

Coinbase: Das “legitimste Unternehmen” im Krypto-Space?

BTC-ECHO: Coinbase vermarktet sich selbst als der “Weiße Ritter der Kryptowährungen”. Wie wichtig war dieses Image für den Erfolg des Unternehmens?

Jeff John Roberts: Ich denke, es war absolut essenziell, vor allem in den Anfangstagen. Bitcoin war eine Art Renegade. Es war ebenso sehr eine Ideologie wie eine Währung. Viele involvierte Leute verstehen sich als anti-autoritär. Aber die Realität war damals, dass viele Kriminelle Bitcoin nutzten, der Prozentsatz ist stark zurückgegangen. Die Strafverfolgungsbehörden und die Regierung waren sehr misstrauisch gegenüber Bitcoin.

Es war eine sehr clevere Strategie, die ganze Zeit über auf der richtigen Seite der Regulierungsbehörden zu stehen. Dadurch wurde das Unternehmen zum legitimsten Mainstream-Unternehmen in diesem Bereich. Und jetzt nutzen sie ihren eigenen politischen Einfluss, um das Tor hinter sich zu schließen und andere Krypto-Unternehmen daran zu hindern, zu schnell zu wachsen. Es ist eine klassische Geschichte.

BTC-ECHO: Wie behindern sie andere Unternehmen?

Jeff John Roberts: Ich glaube, ganz so weit ist es noch nicht. Aber wir fangen an, Anzeichen dafür zu sehen, dass Coinbase sich auf diese Weise verhält. Das ist einfach das, was jedes Unternehmen irgendwann tut. Wenn man groß genug ist, beginnt man, Einfluss auf die Regulierungsbehörden und die Regierung zu nehmen, man kann die Regeln zu seinen Gunsten schreiben. Das ist der Lauf der Dinge. Das hat man in anderen Branchen gesehen, zum Beispiel bei den großen Telefongesellschaften. Zuerst bekämpften sie die Regulierungsbehörden, aber dann gelang es ihnen, die Regeln zu beeinflussen, um ihre Monopole zu erhalten.

Coinbase-CEO Brian Armstrong: Der Krypto-König?

BTC-ECHO: Sie haben Ihr Buch sehr treffend “Kings of Crypto” genannt. Krypto ist stolz darauf, eine dezentralisierte Bewegung zu sein, ohne Anführer und mit verteilter Macht. Sie braucht keine Könige. Oder doch?

Jeff John Roberts: Ja, das ist die Ironie. Im Englischen gibt es ein Sprichwort: Triff den neuen König. Er ist derselbe wie der alte. Die Kryptowirtschaft betet die Dezentralisierung an, um von den Banken und Regierungen wegzukommen, aber jetzt haben wir diese neuen Herren. Ich denke, das ist einfach die menschliche Natur.

In letzter Zeit wird viel über dieses Problem diskutiert. Es gibt eine große Risikokapitalfirma namens Andreessen Horowitz. Sie investieren in fast jedes Krypto-Projekt. Wann immer ein Token ausgegeben wird, ist die Rede von der Dezentralisierung der Zukunft. Und dann sieht man es sich an und stellt fest: Moment mal. Andreessen Horowitz besitzt die Hälfte der Tokens und ziehen die Fäden.

Marc Andreessen, der Gründer von Andreessen Horowitz, ist eine sehr einflussreiche Person im Silicon Valley. Er war der Mentor von Mark Zuckerberg und auch von Brian Armstrong. Diese Leute sehen sich selbst als sehr unabhängige Denker. Aber am Ende sagen sie nur das, was Marc Andreessen am Morgen gesagt hat. Es ist einfach Silicon-Valley-Libertarismus, Free-Speech-Absolutismus und der Kampf gegen die Regierung. Die alten Könige sind immer noch da. Sie tragen nur neue Kleider.

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