Wer bietet mehr? Bitcoin und die 100.000-Dollar-Frage

Bloomberg-Analyst Mike McGlone erwartet einen Bitcoin-Kurs von 100.000 US-Dollar – und befindet sich mit seiner Prognose in bester Gesellschaft. Ein Kommentar.

Moritz Draht
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Glaskugel

Beitragsbild: Shutterstock

| Kursprognosen für Bitcoin: Nur ein Blick in die Glaskugel?

Tief stapeln gehört nicht zur Natur von Bitcoin-Analysten. Am schnelllebigen Krypto-Markt verschafft sich Gehör, wer am lautesten schreit. Geht es um die Zukunftsaussichten von Bitcoin, dröhnt eine Zahl immer wieder im Presslufthammertakt aus dem Social-Media-Äther: 100.000 US-Dollar. Darauf bauen sollte man aber nicht.

Satz mit X

Weihnachten 2021, es war so weit: Bitcoin stand bei 100.000 US-Dollar. Zwar nicht an den Börsen, dafür aber auf dem Chart von PlanB – dem Schöpfer des auf Bitcoin angepassten und einschlägig zitierten Prognosemodels Stock to Flow (S2F). Nette Vorhersage, doch weit gefehlt: Bitcoin lag da bei 50.000 US-Dollar, inzwischen bei der Hälfte.

Neben dem ominösen Trader PlanB war sich auch Bitcoin-Urgestein Adam Back sicher. Seine damalige Begründung: “Bitcoin ist in vielerlei Hinsicht besser als physisches Gold”. Und weil es “besser” sei, müsse es die Marktkapitalisierung von Gold absorbieren – logisch. Langfristig seien sogar 500.000 US-Dollar pro Bitcoin nicht ausgeschlossen, meint Back.

“Eine Frage der Zeit?”

Seit Weihnachten ist der Bitcoin-Kurs aber vor allem eines: gefallen. 100.000 US-Dollar? Fehlanzeige. Der Markt hat eine satte Bauchlandung hingelegt. Kaum davon weitestgehend erholt, wird die magische 100.000er-Marke allmählich wieder heraufbeschworen.

Von Finanzexperten wie Mike McGlone. Der Bloomberg-Analyst lässt sich zwar nicht wie PlanB, dessen S2F-Modell als gescheitert betrachtet werden kann, auf ein konkretes Datum ein. Noch so ein symbolisch aufgeladenes wie Weihnachten. In seiner Prognose ist er aber nicht weniger bullish.

In einem aktuellen Tweet schreibt McGlone erneut 100.000 US-Dollar als Kursziel aus. Zumindest luftig verpackt: “Eine Frage der Zeit?” Vielleicht.

Bitcoin ist unberechenbar

Die Grundlage, auf der die Kursphantasien gesponnen werden, ist dünn – sehr dünn. Adam Back und Mike McGlone ziehen den Goldvergleich. Sicherer Hafen, Inflationsschutz, digitales Gold, hartes Asset, Krisenwährung: Argumente, die eine Welt malen, in der Bitcoin der neue Gold-Standard ist, hört man häufig. Mit der Realität haben sie aber wenig zu tun.

Die Rede davon ist aus heutiger Sicht Wunschdenken. Die geschätzte Marktkapitalisierung von Gold liegt bei rund 12 Billionen US-Dollar – mehr als das 24-fache von Bitcoin. Den Vergleich zu ziehen, zeugt von Größenwahn. Daraus auch noch Prognosen abzuleiten, nicht von Seriosität.

Die 100.000-Dollar-Frage bedient das Schema einer selbsterfüllenden Prophezeiung: Erwartungen schüren, bis alle daran glauben und das Prophezeite eintritt. In Krypto-Sprech: FOMO – die Angst, etwas zu verpassen.

Dabei gebe es substanziellere Grundlagen wie On-Chain-Daten, die durchaus ein konstantes Wachstum unterfüttern. Mit aus der Luft gegriffenen Kursprognosen tut sich die hochvolatile Kryptowährung aber bekanntlich schwer. Dass Bitcoin auf 100.000 US-Dollar steigt, ist nicht ausgeschlossen, aber auch nicht ausgemacht. Die Kryptowährung ist und bleibt unberechenbar.