Besonnenheit statt FUD Bitcoin, Kim Jong-un und Nordkorea – eine sachliche Einordnung

Gerüchten zufolge soll Kim Jong-un schwer krank oder gar tot sein. In der Krypto-Szene kamen schnell Befürchtungen um einen kommenden Bitcoin-Dump auf. Hier wird aber auf Basis von verschiedenen Gerüchten argumentiert.

Dr. Philipp Giese
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Eine balancierende Bitcoin-Münze vor einer Nordkorea-Flagge

Beitragsbild: Shutterstock

Der Markt ist manchmal schnelllebig. Beschwerten wir uns am Wochenende noch über zu viele bullishe Analysen, macht nun eine Krypto-Weltuntergangstheorie die Runde. Nordkorea, so die Sorge, soll mit seinem Kapital die Kryptomärkte in die Tiefe reißen.

Wie soll das geschehen? Nun, Gerüchten zufolge soll es Kim Jong-un sehr schlecht gehen. Was an diesen Gerüchten dran ist, ist, wie so vieles aus Nordkorea, unklar. Jüngst hat sich der Sicherheitsberater Südkoreas Moon Chung-In dazu geäußert: Seiner Aussage zufolge soll sich der Machthaber Nordkoreas bester Gesundheit erfreuen. Andere Stimmen sagen das Gegenteil und dass aktuell die Schwester Kim Joung-un, Kim Yo-jong für die Nachfolge vorbereitet wird.

Die Medien waren entsprechend voll von Spekulationen. Was könnte ein Tod und die damit zusammenhängende Nachfolge seitens Kim Yo-jong bedeuten? Was bedeutet das für die Menschenrechtssituation in Nordkorea, was für die außenpolitischen Beziehungen? Fragen über Fragen.

Auch in der Krypto-Community erging sich der virtuelle Blätterwald in Gerüchten. Sie hatten jedoch einen anderen Fokus: Was wird der Tod für den Bitcoin-Kurs bedeuten?

Nordkorea und Krypto: Kein unbeschriebenes Blatt

Basis für derartige Debatten war durchaus vorhanden. Wie BTC-ECHO an verschiedenen Stellen berichtete, gibt es durchaus Verbindungen zwischen Nordkorea und Kryptowährungen. So soll laut eines UN-Berichts Nordkorea mit verschiedenen Börsenhacks Milliardenbeträge erbeutet haben. Nun ist die aktuelle Theorie in der Krypto-Community, dass die Gesundheitslage um Kim Jong-un zu einem großen Abverkauf führen kann. Und hier kommen wir von sachlichen Analysen wieder in die düsteren Gefilde von FUD (Fear, Uncertainty and Doubt). Dies lässt sich an verschiedenen Punkten festmachen.

Muss ein Tod von Kim Jong-un zu einem Bitcoin-Abverkauf führen?

Zunächst basiert die Argumentation auf einem sehr wackeligen Fundament. Es sind Vermutungen, die basierend auf Vermutungen gemacht werden. Es fängt mit der Kausalkette zwischen dem Tod von Kim Jong-Un und einem daraus folgenden Abverkauf an. Wieso sollte es dazu kommen? Klar, das sicherlich opulente Begräbnis, die Trauerfeier und die sich anschließende Propagandamaschinerie wird, orientiert man sich an Kim Il Sung, sicherlich viel kosten. Aber ein kompletter Verkauf aller angesammelten Krypto-Einlagen ist nun doch etwas weit hergeholt.

Dazu kommt eine weitere Sache: Wer wird diese Gelder kaufen? Zentralisierte Exchanges werden durch weltweite KYC-Policies wohl wenige Mitglieder der DRK als Kunden haben. Wenn, dann werden diese Verkäufe over-the-counter geschehen. Und auch hier mag ein direkter Ankauf vielen Händlern sicherlich zu heiß sein. Klar, über Monero oder Techniken wie CoinJoin etc. wird eine gewisse Anonymität gewährleistet. Aber ob man auf diesem Weg Interessenten für Milliardenbeträge in Bitcoin oder anderen Kryptowährungen findet, sei dahin gestellt.

Einfluss eines Selloffs auf Bitcoin und Co.

Nehmen wir mal an, dass Nordkorea wirklich seine Krypto-Einlagen veräußert. Wieso sollte das zu einem Einbruch der Krypto-Märkte führen? Wie schon beschrieben, wird Nordkorea kaum Zugang zu größeren Börsen haben – die AML/KYC-Regulationen werden hier einen Strick durch die Rechnung nachen. Damit wird aber auch eine große Manipulation der Order Books von Binance und Co. kaum geschehen können. Auf kleinen oder dezentralen Börsen wie Bisq mögen sie Zugriff haben, der Einfluss auf die klassischen Märkte wird jedoch gering sein.

Bleibt der Verkauf Over the Counter. Hier könnten das Regime Bitcoin und Co. vielleicht veräußern – sogar prinzipiell für einen Premium. Doch auch der kann nicht extrem hoch sein, so dass die Kurse weiterhin nicht komplett weit weg von den aktuellen Börsenwerten sein sollten. Ansonsten würde Nordkorea viel Geld verlieren. Wieso sollten sie das tun?

Sowohl über Nordkorea als auch über die andere Seite des OTC-Handels könnte man argumentieren, dass sie das Geld schnell loswerden wollen und entsprechend extrem billig abtreten. Aber auch das ist wieder nur eine Vermutung.

Eine Frage der Prioritäten

Wir haben also ein Gebäude aus Vermutungen. Falls Kim Jong-un gestorben ist, kann Nordkorea seine Krypto-Einlagen veräußern, was zu einem dramatischen Marktcrash führen könnte. Etwas zu viel könnte. Es erinnert etwas an den Artikel vom Sonntag über gute und schlechte Analysen: Man vermisst das Fleisch.

Man fragt sich, ob derartige Einschätzungen Bitcoin und Co. wirklich helfen. Polemisch ausgedrückt: Während sich die Welt um die menschenrechtliche Lage in Nordkorea sorgt und sich fragt, ob eine Nachfolge von Kim Yo-jong eine außenpolitische Öffnung oder eine Verhärtung der Fronten bedeutet, denkt die Krypto-Community an den Wert ihrer Anlagen.

Das ist gierig und hat einen unangenehmen Beigeschmack. Aussagen wie „be your own bank“ haben dagegen immer eine soziale Komponente (deshalb auch der Spruch „bank the unbanked“). Bei Bitcoin und Co. geht es schließlich um viel mehr als um die Sehnsucht nach dem nächsten Alltime High.

Vor inzwischen fast zwei Jahren schrieben wir zum damals beginnenden Bärenmarkt, dass sich Krypto-Enthusiasten mit der Ideologie hinter Bitcoin und Co. befassen sollten. Die darin geschriebenen Lektionen haben immer noch Gültigkeit. Wenn wir nicht nur um unseren eigenen Reichtum besorgt sind, sondern Anteilnahme an der Welt um uns zeigen, dann klappt es auch mit der Adaption.

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