Antithese Wie gefährlich ist Bitcoin wirklich für Euro und US-Dollar?

Oft liest man, dass Kryptowährungen in Konkurrenz zu Fiatwährungen stehen. Manche Nationen, wie beispielsweise China oder die Türkei, sagen den digitalen Währungen daher “den Kampf” an. Korrespondierend dazu werden CBDCs, also digitales Zentralbankgeld, promotet. Warum man nur bedingt von einem Konkurrenzverhältnis sprechen kann und der US-Dollar von steigenden Kursen am Krypto-Markt profitiert.

Sven Wagenknecht
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Bitcoin Münze und US-Dollar Banknoten

Beitragsbild: Picture Alliance

Der Begriff Kryptowährung suggeriert, dass die digitalen Platzhalter auf einer Blockchain den gleichen Zweck haben wie beispielsweise Euro oder US-Dollar. Dem ist allerdings nicht der Fall, da 90 Prozent und mehr aller Kryptowährungen einen Anwendungsbezug haben, der über der Funktion, als universales Bezahl- und Wertspeichermedium, steht. Es gibt keinen logischen Grund, warum man mit Cardano, Solana oder Polkadot seine Brötchen beim Bäcker bezahlen sollte. Mit einer tokenisierten Tesla-Aktie bezahlt man schließlich auch nicht seinen Kaffee.

Wenn Kryptowährungen eine Gefahr für Fiatwährungen darstellen sollen, dann müsste man sich schon auf diejenigen fokussieren, die als Payment Token, wie Bitcoin, Monero oder Dash, konzipiert sind. Doch auch hier muss man kritisch fragen, warum man mit Bitcoin anstatt Euro den Einkauf bezahlen sollte. Sofern es sich nicht um ein Hochinflationsland ohne funktionierende Währung handelt, gibt es außer Idealismus, praktisch keine rationalen Gründe seinen Einkauf mit einer anderen Währung außer der jeweiligen Fiatwährung zu bezahlen.

Wertspeicher Ja, Währung Nein

Im Sinne einer Währung dürfte Bitcoin also keinem Währungsraum zur Gefahr werden, der nicht massive wirtschaftliche Probleme besitzt. Anders sieht es bei der Wertspeicherfunktion aus, die über die letzten Jahre die eigentliche Primärfunktion von Bitcoin darstellt. Ganz im Sinne des digitalen Goldes verfängt das Narrativ, dass Bitcoin von dem Vertrauensverlust in Fiatwährungen respektive deren Inflation profitiert. Dieser These ist grundsätzlich auch nicht zu widersprechen.

Allerdings ist die Motivation eher mit einem Investment in Gold zu vergleichen, anstatt mit der Flucht in eine andere Währung. Gold wird grundsätzlich auch nicht zum Bezahlen genutzt. Schließlich macht es einen Unterschied, ob man in ein Edelmetall investiert, um einen limitierten Sachwert zu besitzen oder eine andere Währung wie den Schweizer Franken. Eine Gefahr, dass nun Bitcoin eine andere Fiatwährung ersetzen könnte, lässt sich dadurch noch nicht begründen.

Bessere Notenbankpolitik durch Bitcoin?

Was nicht ist, kann aber noch werden. Vorsichtige Gehversuche mit Bitcoin als Bezahlwährung wie in El Salvador lassen dennoch die Hoffnung aufkommen, dass Bitcoin mit abnehmender Volatilität über die nächsten Jahre, immer mehr zu einer Fiatwährungsalternative werden könnte. Davon ausgehend kann theoretisch der Rückschluss gezogen werden, dass Kryptowährungen eine pädagogisch wichtige Funktion für die Geldpolitik spielen können.

Sofern digitale Währungen nicht verboten werden, können sie theoretisch eine Konkurrenz zur jeweiligen Fiatwährung darstellen. Folglich steigt dadurch die Motivation für die Notenbank, stärker auf die Geldwertstabilität zu achten. Die Konkurrenz hat jedoch auch hier einen Haken: Sie funktioniert nur solange, wie die Fiatwährung dominiert. Sollte es anders kommen und die Menschen zum Bezahlen auf private Kryptowährungen ausweichen, dann würde ein Verbot, wie in einigen Ländern bereits gegeben, schnell um sich greifen.

Als vor einigen Monaten die ausufernde Inflation in der Türkei begann, war eine der ersten Reaktionen von Erdogan, das Bezahlen mit Kryptowährungen zu untersagen. Von einem freien Wettbewerb zwischen Fiatwährungen und Kryptowährungen kann daher niemals, auch nicht in der Eurozone oder im US-Dollarraum, die Rede sein.

So sehr profitiert der US-Dollar von Kryptowährungen

Wie sehr Bitcoin und Altcoins sogar zur Stärkung einer Fiatwährung beitragen können, zeigt sich mit Blick auf den US-Dollar. Während der staatliche US-Dollar “nur” zu rund 60 Prozent die Weltreservewährung stellt, liegt dieser Anteil bei tokenisierten Fiatwährungen, genauer gesagt bei Stablecoins, bei über 90 Prozent. Von den 20 größten Stablecoins basieren 18 auf dem US-Dollar. Auch vom Handelsvolumen machen die größten USD-Derivate Tether (USDT), USD Coin (USDC) und Binance USD (BUSD) weit über 90 Prozent des gesamten Stablecoin-Umsatzes aus.

Diese zusätzliche Nachfrage nach US-Dollar – bedingt durch die Stablecoin-Deckung – stärkt wiederum die amerikanische Geldpolitik. Je mehr US-Dollar durch Auslandsnachfrage nachgefragt werden, desto stärker kann sich der amerikanische Staat verschulden. Oder anders formuliert: Je mehr USD-Stablecoins im Umlauf sind, desto eher kann die Fed Geld drucken, ohne, dass dies negative Konsequenzen hat. Der Wirkmechanismus ist dabei vergleichbar mit Erdöl, das standardmäßig in US-Dollar abgerechnet wird.

Krypto-Leitwährung: Tether statt Bitcoin

Wer im Krypto-Sektor selbst aktiv ist, kann ein Lied davon singen. Kaum jemand dürfte bei seiner Hausbank über ein Fremdwährungskonto in US-Dollar verfügen. Sehr wohl haben aber die meisten, die aktiv im Kryptomarkt sind, schon mal USDT oder USDC gehalten.

Etwas überspitzt formuliert ist demnach auch nicht Bitcoin die Krypto-Leitwährung, sondern Tether USDT. Schließlich ist sein täglicher Handelsumsatz der höchste von allen Kryptowährungen. Sein tägliches Volumen macht an einigen Tagen mehr als 50 Prozent vom Gesamtumsatz am Kryptomarkt aus.  

Je stärker der Krypto-Sektor wächst, desto größer wird auch die Nachfrage nach stabilen, tokenisierten Fiatwährungen im Kryptomarkt. Die Flucht aus der Volatilität der Kryptowährungen ist daher auch eine Chance für Fiatwährungen.

Interdependenz nicht missachten

Löst man sich von dem Wettbewerbsgedanken Kryptowährungen vs. Fiatwährungen, dann schließt sich ein stärker werdender Bitcoin bei gleichzeitig stabil bleibenden Fiatwährungen nicht aus. Die Krypto-Adoption ist weit mehr als nur durch das Misstrauen gegenüber Fiatwährungen begründet.

Stabile Fiatwährungen sind dabei die Grundvoraussetzung für Investitionen und Wachstum. Das Kapital, das in die Kryptowährungen fließt, muss innerhalb einer Volkswirtschaft erwirtschaftet werden, sofern es nicht aus anderen Vermögenswerten – wie bei Gold zu beobachten ist – abgezogen wird.

Wenn wir eine steigende Marktkapitalisierung der zahlreichen digitalen Währungen sehen wollen, dann braucht es dazu auch einen stabilen US-Dollar, Euro usw. Ohne stabile Währungen gibt es wiederum keine starken Volkswirtschaften und ohne starke Volkswirtschaften, wird es auch keine starke Krypto-Ökonomie geben.

Mehr Meinung als Wissenschaft

Dass Bitcoin in Teilen in einem Konkurrenzverhältnis zu Fiatwährungen steht, lässt sich nur schwer abstreiten. Dennoch wäre es zu einfach, das Wertversprechen von Bitcoin ausschließlich in Abhängigkeit zu den Fiatwährungen zu setzen. Zumal das Gros der Kryptowährungen in ihrer Art eher dezentralisierten Tech-Unternehmen, ergo Aktien, gleichkommen als Währungen.

Aufgrund der kurzen Historie von Kryptowährungen basieren viele dieser Annahmen lediglich auf Vermutungen oder nur kurzen Beobachtungszeiträumen. Wie Bitcoin beispielsweise auf die geplanten Zinsanhebungen des US-Dollars reagiert, können wir nur aufgrund unserer Annahmen vermuten, aber nicht wissenschaftlich belegen. Schließlich mangelt es an vergleichbaren Präzedenzfällen aus der Vergangenheit, in denen Bitcoin bereits existierte als auch eine vergleichbare makroökonomische Relevanz besessen hat.

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