Mit Blick auf das gesamte in DeFi-Anwendungen hinterlegte Kapital, den Total Value Locked, könnte man meinen, es liegt eine ereignislose Woche hinter dem Krypto-Markt. Im Vergleich zur Vorwoche gab es kaum Ausreißer, nahezu unverändert bewegt sich der TVL auf einem Wert von 193 Milliarden US-Dollar.
Was der bloße Blick auf das TVL aber nicht verrät: Im DeFi-Kosmos brodelt es. Ethereum stellt zwar noch einen Löwenanteil von 57 Prozent am gesamten TVL. Doch die Dominanz der größten Smart-Contract-Plattform schwindet. Noch vor einem Jahr hatte Ethereum einen Anteil von 85 Prozent.
Kein Wunder. Das Teilnehmerfeld ist seitdem deutlich gewachsen. Die Binance Smart Chain war lange der größte Verfolger. Aber auch die DeFi-Plattform der weltgrößten Krypto-Exchange bekommt den Druck der Konkurrenz zu spüren. Seit Mai letzten Jahres ist das TVL der Binance Smart Chain um 20 Milliarden US-Dollar geschrumpft. An zweiter Stelle der größten DeFi-Plattformen steht seit letztem Dezember Terra.
Terra greift nach der DeFi-Krone
Das Stablecoin-Netzwerk stemmt mittlerweile knapp zehn Prozent des gesamten TVL. Der Vorsprung auf die Binance Smart Chain (BNB) ist auf sieben Milliarden US-Dollar gestiegen, wie Daten von Defillama zeigen.
Für den Erfolg von Terra spricht vieles. Das algorithmische Stablecoin-Netzwerk ist zu einer wichtigen Stütze für DeFi-Anwendungen geworden. 73 Protokolle bauen inzwischen auf Terra auf. Das Stablecoin-Portfolio, von dem TerraUSD (UST) mit einer Marktkapitalisierung von zwölf Milliarden US-Dollar das Flaggschiff bildet, ist aber nur eine Teilerklärung für das Wachstum.
Terra ist ein algorithmisches Stablecoin-Netzwerk. Anders als beispielsweise Tether (USDT) werden die Stablecoins nicht durch Fiat-Rücklagen gedeckt, sondern durch LUNA. Der native Token dient der Vergrößerung und Verkleinerung der dynamischen Stablecoin-Angebotsmenge und gleicht dadurch Kursschwankungen aus. Durch dieses Zusammenspiel hat Terra den Spagat geschafft: Stablecoins als Zahlungsmittel für DeFi-Anwendungen auf der einen und LUNA als Wertanlage auf der anderen Seite. Mehr zur Funktionsweise hier.
Terra baut Bitcoin-Rücklagen auf
Anfang der Woche gab die Luna Foundation schließlich eine Kapitalerhöhung von einer Milliarde US-Dollar durch den Verkauf von LUNA-Token bekannt. Mit den Geldern werden Rücklagen für den Stablecoin Terra USD aufgebaut – in Form von Bitcoin. Eine Art Absicherung in volatilen Marktphasen, in denen das algorithmische System überlastet ist und theoretisch Kursabweichungen verursachen kann.
Übersteigt die Nachfrage konstant das Angebot, ist die Wechselkursparität im bisher ausfallsicheren Terra-System gefährdet. Die nun geschaffenen Bitcoin-Rücklagen sollen bei Eintritt dieses Szenarios als Stabilisierung dienen.
Die Meldung löste eine kleine Rallye aus. Mit einem Plus von 27 Prozent zeigte der LUNA-Kurs unter den einhundert größten Kryptowährungen die zweitbeste Performance im Wochenverlauf. Zu Redaktionsschluss notiert LUNA bei 64 US-Dollar.
Anchor erhält Finanzspritze
Übertroffen wurde die Wochenperformance von LUNA nur vom ANC-Token des Anchor Protokolls, das mit knapp zehn Milliarden US-Dollar TVL mittlerweile siebtgrößte DeFi-Protokoll. Beide sind aber eng miteinander verzahnt. Anchor ist ein Sparprotokoll, das fixe Renditen auf Terra Stablecoin-Einlagen ermöglicht.
Da die Rücklagen wegen stockender Kreditaufnahmen rückläufig waren, ließen sich die Renditen von 20 Prozent aber nicht mehr aufrechterhalten. Anfang Februar sprang die Luna Foundation Guard daher ein und griff dem Protokoll mit einer Finanzspritze von 450 Millionen US-Dollar unter die Arme – aus dem Verkauf von LUNA-Token.
Die Folge: Ein Sprung von 1,77 US-Dollar auf aktuell 3,47 US-Dollar. Seit dem 11. Februar verbucht der ANC-Kurs ein Plus von 96 Prozent. Mit einem Zuwachs von 75 Prozent ist ANC der Wochensieger unter den einhundert größten Kryptowährungen.