Der Untergang der Silicon Valley Bank und Signature Bank erschütterte 2023 die US-amerikanische Bankenlandschaft. Er wurde auf mangelnde Absicherungen der Banken vor möglichen Erhöhungen des Leitzinses sowie deren Fokus auf riskante Geschäfte aus dem High-Tech-Sektor zurückgeführt. Auch die Krypto-Bank Silvergate zu deren Kunden die gescheiterte Exchange FTX gehörte, musste Konkurs anmelden. Nic Carter, Partner bei Castle Island Ventures, kommt nach Analyse der Dokumentation im Rahmen der Insolvenzanmeldung von Silvergate jetzt zu dem Schluss: Das Unternehmen hätte überlebt, doch sie wurden von der Biden-Adminstration “ermordet”, so die drastische Wortwahl des Influencers. Das Vorgehen sei Teil einer groß angelegten Initiative gegen die Krypto-Industrie: Operation Choke Point 2.0.
Operation Choke Point 2.0
Das Vorgehen der Behörden erinnert an vergangene Tage. 2013 wurde die sogenannte Operation Choke Point unter der Leitung des US-Justizministeriums und der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) ins Leben gerufen. Sie sollte illegale oder hochriskante Aktivitäten eindämmen, indem sie den Zugang dieser Branchen zu Banken und Finanzdienstleistern erschwerte. Anstatt spezifische gesetzliche Regelungen durchzusetzen, drängte die Regierung Finanzinstitute, die Beziehungen zu bestimmten Sektoren abzubrechen, die als „verdächtig“ oder „hohes Risiko“ eingestuft wurden.
Kritiker argumentierten, dass diese pauschale Diskriminierung bestimmter Branchen nicht rechtens sei. Nachdem das Vorgehen erhebliche Gegenreaktionen von Politikern, Lobbygruppen und der Öffentlichkeit erfahren hatte, wurde die Operation 2017 eingestellt. Nun nehmen die US-Behörden die Krypto-Industrie immer strenger ins Visier. Anhänger von Bitcoin und Co. haben den strengen Regulierungsansatz daher als “Operation Choke Point 2.0” bezeichnet.
“Es war Mord, kein Suizid”
Nic Carter legte seine Analyse am 19. September auf X sowie ausführlicher in einem Artikel von Pirate Wires am 25. September dar. Silvergate hätte wahrscheinlich überlebt, wenn die US-amerikanischen Regulierungsbehörden sie nicht zur “freiwilligen” Liquidation gezwungen hätten. Das OCC (Office of the Comptroller of the Currency), die Federal Reserve und die FDIC (Federal Deposit Insurance Corporation), hätten versucht, die Krypto-Branche zu “enthaupten”, so Carter.
Laut dem Unternehmer blieb Silvergate trotz der Krypto-Krise und dem damit einhergehenden Bank Run infolge des FTX-Fiaskos zahlungsfähig. Stattdessen waren die Anweisungen der Fed, Silvergates Geschäfte mit Krypto-basierten Einlagen auf 15 Prozent zu kürzen, für den Zusammenbruch verantwortlich. Zuvor sei Banken bereits untersagt worden, Stablecoins auf einer öffentlichen Blockchain auszugeben und Krypto-Assets selbst zu halten. Ein Silvergate-Insider sagte Carter, die Firma müsse die 15 Prozent-Regel einhalten oder aufgeben.
Sie haben acht Millionen Möglichkeiten, uns auszuschalten, wie auch immer sie wollen. Wenn sie sagen, du musst etwas tun, dann tust du es. Die Obergrenzen wurden nie öffentlich diskutiert oder offiziell als Regel abgelehnt, aber wenn die oberste Aufsichtsbehörde einem droht, muss man sich fügen.
Laut Lee Reiners, Policy Director am Duke Financial Economics Center, standen über 90 Prozent der Einlagen von Silvergate in Verbindung mit Krypto-Unternehmen. Dementsprechend vergleicht Carter die laut ihm verfassungswidrige Forderung wie folgt: “Das ist als würde man Dunkin’ Donuts verbieten, Donuts und Kaffee zu verkaufen”. Diese Anschuldigungen wurden nun erstmals bestätigt. Elaine Hetrick, ehemals Chief Administrative Officer bei Silvergate, reichte im Rahmen der Chapter 11-Anträge von Silvergate Capital Corp., der Muttergesellschaft der Silvergate Bank, eine eidesstattliche Erklärung ein, welche die Vermutungen von Carter bekräftigt.
Freiwillige Liquidation als weiteres Indiz
Darüber hinaus sei die Entscheidung von Silvergate, sich freiwillig zu liquidieren, anstatt in die Insolvenzverwaltung der FDIC zu gehen, “verdächtig”. Dies sei in den letzten drei Jahrzehnten nur eine Handvoll Mal vorgekommen. “Die Tatsache, dass sich Banken nur selten für eine freiwillige Liquidation entscheiden, ist ein weiterer Beweis dafür, dass Silvergate letztendlich durch ein aufsichtsrechtliches Mandat und nicht durch den Bank Run, den es erlitt, getötet wurde”, sagt er. Die Bilanzen von Krypto-Unternehmen erholten sich stark, als die Märkte in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 wieder auf die Beine kamen. “Wäre die [15 Prozent]-Grenze nicht eingeführt worden, würde Silvergate jetzt florieren”, erklärte eine mit der Angelegenheit vertraute Person gegenüber Carter.
Krypto-Unternehmen sind in hohem Maße auf Banken angewiesen, um Einlagen anzunehmen, Kunden den Zugang zu ermöglichen und Ausgaben zu tätigen. Signature Bank und Silicon Valley Bank – die ehemaligen Bankpartner der Risikokapitalgeber Andreessen Horowitz und Pantera Capital – waren zwei weitere Krypto-freundliche Banken, die Anfang 2023 geschlossen wurden. Carter schreibt, dass die Banken “unangemessenem Druck” seitens der FDIC und US-Senatoren wie Elizabeth Warren ausgesetzt waren.
Kritik an der Biden-Administration
Dennoch räumt Carter ein, dass Silvergate nicht völlig unschuldig war. Er meint, das Unternehmen hätte seine Geldwäschekontrollen verschärfen und die unzulässigen Überweisungen von FTX viel früher erkennen können. Er meint dennoch: “Aber deswegen habe sie es nicht verdient, in die Insolvenz schikaniert zu werden.”
Das Vorgehen der Biden-Administration gegen die Krypto-Industrie wird immer wieder scharf kritisiert. Cooper und Kirk, die Anwaltskanzlei, die wegen Operation Choke Point 1.0 unter Obama geklagt hat, hat darauf hingewiesen, dass auch die zweite – gegen Krypto gerichtete – Iteration gegen den fünften Verfassungszusatz verstößt. Dieser spielt eine zentrale Rolle im amerikanischen Rechtssystem und schützt Bürger vor staatlichen Übergriffen, ungerechten Verfahren und dem Missbrauch der Strafjustiz. Vizepräsident und Direktor des Center for Monetary and Financial Alternatives des Cato-Instituts, Norbert Michel, macht den Ermessensspielraum der US-Behörden als Kernproblem aus. Paul Grewal, Chief Legal Officer von Coinbase, lobt Carter für seine gute Arbeit und erklärt: “Die Öffentlichkeit verdient es, das zu wissen, um sich selbst ein Bild zu machen.”