Im schweizerischen Walenstadt haben sich 37 Parteien zu einem lokalen Strommarkt zusammengeschlossen. Das Pilotprojekt trägt den den Namen „Quartierstrom“. Dabei haben von den teilnehmenden Parteien 28 Teilnehmer eine eigene Solarstromanlage, lediglich sieben sind reine Energie-Konsumenten. Die Anlagen verfügen insgesamt über eine Leistung von 290 kW und liefern jährlich ca. 300.000 kWh Strom. Der Strombedarf aller Teilnehmer bewegt sich bei rund 250.000 kWh. Projektleiter Sandro Schopfer ist der Meinung, dass der Aufbau einer solchen Community ein einzigartiges interdisziplinäres Projekt sei. Er betont außerdem, dass das gesamte Projekt größer sei als die Summe seiner Teile: „Communities aus Prosumenten und Konsumenten sind wirtschaftlich und ökologisch gesehen effizienter als einzelne Haushalte.“
Das System im Überblick
Das Verteilernetz wird vom lokalen Netzbetreiber und Stromversorger Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt (WEW) zur Verfügung gestellt. Das WEW ist ebenfalls Versuchsteilnehmer, kauft überschüssigen Solarstrom und gleicht Produktionsengpässen mit Netzstrom aus. Laut der Projektleitung soll dabei möglichst viel Strom vor Ort verbraucht werden. Für Bezieher sollen so deutlich günstigere Bezugskosten anfallen, als wenn Strom von entfernteren Gebieten bezogen wird. Laut eigener Aussage sind die Stromkosten so tendenziell niedriger als beim Stromversorger.
Gemeinsam mit dem WEW soll ein Bottom-up-Netztarif entwickelt werden, der den lokalen Austausch von Energie begünstigen soll. Über ein Web-Portal können die teilnehmenden Haushalte ihre individuellen Präferenzen für den Kauf und den Verkauf von Energie angeben. So können die Betreiber von Solaranlagen zum Beispiel bestimmen, zu welchen Bedingungen sie ihren überschüssigen Solarstrom im Quartier verkaufen wollen. Umgekehrt legen die Konsumenten wiederum fest, bis zu welchem Preis sie den Strom beziehen wollen. Ob die entwickelte Blockchain indes geeignet ist, um die Transaktionen in einem lokalen Strommarkt abzuwickeln, wird sich erst zum Ende des Projektes zeigen.
Ausblick
Indes könnte die Blockchain-Technologie im Energiesektor die gesamte Branche revolutionieren. So ist es möglich, in einer Region die Energieerzeugung und den Verbrauch automatisch abzugleichen. Laut der Deutschen Netzagentur ist die wesentliche Funktion eines Energieversorgers die Koordination einer Gruppe von Haushalten, Landwirten und Industrieunternehmen, die ihren selbst erzeugten Strom ins Netz einspeisen. Mit der Blockchain könne diese Funktion der Energieversorger zukünftig überflüssig werden. Im Schweizer Kanton St. Gallen sieht man der Zukunft zuversichtlich entgegen. Das Walenstädter Pilotprojekt wird von renommierten Hochschulen, von Unternehmen wie Bosch und vom Bundesamt für Energie im Rahmen des Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprogramms unterstützt.